Auf den Inseln des letzten Lichts
Mondlicht durch eine Lücke. Er schaltete die Taschenlampe nur alle paar Meter ein, um nicht zu stolpern, dann ging er im Dunkeln weiter. Er verlief sich, stand irgendwann wieder am Feld vor den Baracken, kehrte um, nahm einen anderen Weg und geriet auf einen leicht ansteigenden Pfad, dem er folgte. Als er an einem umgestürzten Baum vorbeikam, war er sicher, im Kreis gegangen zu sein. Er setzte sich hin, zog das Hemd aus und verfluchte sich dafür, vorher nichts getrunken zu haben.
Megan saß neben ihm, zusammen warteten sie auf den Regen, den er vorausgesagt hatte. Sie redeten über die Dinge, die sich in ihren Leben ereigneten, über den neuen Lehrer aus Dublin, der einen alten VW Käfer fuhr und Pink Floyd hörte; über den toten Dachs im Straßengraben, aus dessen aufgeblähtem Körper tausende Maden gekrochen waren; über Megans Aufsatz zum Thema Vulkane, der so gut war, dass ihre Mitschüler behaupteten, sie habe ihn abgeschrieben; über Patrick Weelan, der Tobey verprügelt hatte, weil der ihn eine Schwuchtel genannt hatte; über Ruby, die dreizehnjährige Kuh, die Megan dem Vater mit ihrem Taschengeld abkaufen wollte, um sie vor dem Abdecker zu bewahren.
Als Tobey die Stimmen hörte, erhob er sich und duckte sich hinter brusthohen Büschen, deren Grün gerade ausreichte, um ihn zu verbergen. Er hielt den Atem an und horchte, bis er sicher war, dass die Männer sich irgendwo vor ihm bewegten und nicht in seinem Rücken. Nachdem er das Hemd wieder angezogen und sich hingesetzt hatte, rieb er die Verbände an den Handgelenken mit feuchter Erde ein, weil sie in der Dunkelheit leuchteten. Dann wartete er.
Miguel, eine Taschenlampe in der einen Hand und einen Eimer in der anderen, kam als erster. Tanvir ging in der Mitte, und obwohl er nichts tragen musste, hörte Tobey ihn keuchen. Jay Jay, mit zwei Eimern am schwersten beladen, folgte im Abstand einiger Meter. Wie ein Kind, das sich nachts im Wald Mut macht, redete er ununterbrochen. Sein weißes Leibchen schimmerte, wenn das Mondlicht für einen kurzen Moment durch die Wolken drang, dann wurde es blasser und verschwand zwischen den Bäumen wie seine Stimme.
Tobey zählte bis hundert, stand auf und ging in die Richtung, aus der die Männer gekommen waren. Als er sicher war, nicht mehr gesehen zu werden, schaltete er die Taschenlampe ein. Nach einer Weile fand er ein Abluftrohr, das in einem hohlen Baumstamm verlief und aus dem ein unangenehm scharfer Geruch aufstieg. Der Stein, den er in das Rohr fallen ließ, schlug schon nach einem halben Meter auf ein Gitter und blieb liegen. Eine Weile ging Tobey umher und scharrte mit dem Fuß in der Erde, dann brach er einen Ast von einem Baum und klopfte damit den Boden ab.
Minuten später traf er auf Metall. Er fegte Blätter und Erde zur Seite und sah sich das Vorhängeschloss an. Nur um es versucht zu haben, stocherte er mit der Messerklinge im Schlüsselloch herum, dann begann er, die Schrauben der beiden Scharniere zu lösen, mit denen die Klappe am Metallrahmen befestigt war. Die Schrauben waren verrostet, und es dauerte ewig, bis Tobey sie entfernt hatte. Schließlich wuchtete er die Klappe hoch und legte sie auf die Erde. Mit der Taschenlampe leuchtete er in den Schacht, horchte ein letztes Mal auf Geräusche und stieg dann die Stufen in den Tunnel hinab.
Nachricht von Megan
So lange kein Brief von Megan. So viele Tage, Wochen, Monate. Die Insel, die Zerstörung, das Sterben. Sollte ich dir davon erzählen, Tobey? Wolltest du wissen, wie die Orang-Utan-Babys aussahen, wenn sie ins Camp gebracht wurden, von dort, wo ein organisiertes, profitables Wüten stattfand und Rauch in den Himmel stieg wie aus einem Schlachthaus? Hätte ich dir ihre verbrannten Hände und Füße beschreiben sollen, das versengte Fell, ihre Augen? Oder wie sie sich an die Pflegerinnen klammerten, wie sie verarztet und künstlich ernährt wurden, damit sie nicht gleich starben, sondern ein paar Tage oder Wochen später, perfekte, wunderschöne Wesen mit einer Seele, eine Waagschale voller Knochen und Fell, ein Name auf einer Liste, Abfall. Dachtest du, davon will ich dir berichten, Toto? Oder davon, und jetzt kommt Komik in die Tragik, wie Stuart (da hast du den Namen!) mich mit einer Journalistin betrogen hat? Hätte es dich interessiert zu erfahren, dass mein Mann, den ich nie wiedersehen werde und der, so hoffe ich, die Scheidung vorantreiben wird, sobald er zurück in England ist, bereits nach vier Wochen (zwei davon
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