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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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zurück zu Bridget scheuchen konnte, stand ihr Mann mit einer Pistole, die er zur Verteidigung von Heim und Familie zwischen seinen Hemden aufbewahrte, im Zimmer, schoss einmal auf mich und zweimal auf Muriel und rannte dann davon.« Tanvir erhob sich und ging zu einem Aktenschrank, zog die oberste Schublade auf und entnahm ihr eine Blechbüchse, die er öffnete und Tobey entgegenstreckte. »Keks?«
    Tobey, der in der Blechbüchse die Tatwaffe oder zumindest die aus Tanvir herausoperierte Kugel erwartet hatte, winkte ab. Wie Tanvir bei so einer Geschichte Appetit entwickeln konnte, war ihm ein Rätsel. Er setzte sich auf, trank einen Schluck Tee und merkte, dass er wieder hellwach war.
    »Die Kugel hat mich in der Seite getroffen, hier.« Tanvir hob das Hemd an und entblößte einen runden, behaarten Bauch und, eine Handbreit neben dem Nabel, eine vernarbte Einbuchtung. »Hat die Leber gestreift und ist hinten wieder raus.« Er drehte sich um und präsentierte die Stelle, wo das Projektil seinen Körper verlassen hatte. Dann setzte er sich zurück in den Sessel. »Ich hatte keine Schmerzen, aber als Arzt wusste ich, dass die Lage ernst war. Ich lag am Boden und rechnete damit, innerhalb der nächsten paar Minuten zu sterben. Wenn ich die Augen öffnete, sahich Muriel neben mir in einer Lache Blut, sie atmete nicht mehr. Ich war gerade wieder am Wegdämmern, als im Garten ein Schuss abgefeuert wurde. Im Krankenhaus, wo ich am nächsten Tag zu mir kam, wurde mir berichtet, dass Frank Bennett sich im Sandkasten seiner Tochter eine Kugel in den Kopf geschossen hatte und so tot war wie seine Frau.« Tanvir biss in einen Keks und kaute lange. »Was denken Sie, wie ich mich gefühlt habe?«
    »Beschissen?«
    »Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts.«
    »Wie alt war die Frau?«
    »Muriel? Achtunddreißig.«
    »Sie hat Sie verführt.«
    »Dazu gehören immer zwei.« Tanvir tunkte einen Keks in den Gin und schob ihn in den Mund. Er sah auf die Veranda, wo eine der Lampen am Erlöschen war, fuhr sich mit der Hand über die Glatze.
    »Was geschah mit dem Mädchen?«
    Tanvir sagte eine Weile nichts, und dann leise: »Bridget.« Er legte den Kopf an die Rückenlehne des Sessels und schloss die Augen. »Die Haushälterin hat sich um sie gekümmert, bis Muriels Schwester kam, um das Kind zu holen. Die Frau hieß Leslie, war älter als Muriel, dreiundvierzig. Sie besuchte mich am Krankenbett, und ich dachte, sie sei gekommen, um mich zu beschimpfen, mich für den Tod ihrer Schwester und ihres Schwagers verantwortlich zu machen, aber sie tat nichts dergleichen. Sie hatte keine Ahnung, was in der halben Stunde vor der Bluttat zwischen mir und Muriel vorgefallen war. Im Polizeibericht stand nichts von Ehebruch oder sexuellem Kontakt.«
    »Wurde Muriels Leiche nicht untersucht?«
    »Doch, aber es wurde nichts gefunden, weil nichts da war. Wir haben uns auf dem Sofa gewälzt und uns gegenseitig aus den Kleidern geschält, wir haben gekeucht und geschwitzt, aber zum Äußersten ist es nicht gekommen.«
    »Die Haushälterin hat Sie gesehen.«
    »Als sie kam, waren wir bereits wieder vollständig bekleidet.«
    »Sie hat das Geschrei gehört.«
    »Sie und die Polizei kamen zu dem Schluss, dass Frank Bennett soherumbrüllte, weil er wegen der Entlassung außer sich war und noch immer unter Alkoholeinfluss stand.«
    »Warum sollte er Sie töten wollen?«
    »Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort.«
    Tobey trank einen Schluck Eistee. Er überlegte, wie er mit einem Schuss Gin schmecken würde, und stellte es sich widerlich genug vor, um es nicht auszuprobieren. »Wollten Sie mir nicht erzählen, wie es Sie hierher verschlagen hat?«
    »Das tu ich doch gerade. Sie wollten die lange Version.«
    »Ja.« Tobey legte sich wieder hin. »Kaum zu glauben, dass Sie mal stumm waren.«
    »Oh, das war in meiner Jugend! In Amerika erlernte ich sehr schnell die Kunst des Redens.«
    »Wann sind Sie denn nach Amerika gegangen?«
    »Nicht so eilig, erst ging die Reise nach England. Leslie hatte mich gebeten, sie und Bridget zu begleiten, sobald ich gesundheitlich dazu in der Lage wäre. Bridget befand sich in einer sehr prekären Gemütsverfassung, wie Sie sich denken können, und Leslie fand, es sei gut für das Kind, eine vertraute Person in der Nähe zu haben. Ich weiß nicht, ob das nachvollziehbar ist, aber ich fühlte mich mitschuldig am Tod von Bridgets Eltern, und obwohl mich das Mädchen ständig an diese Schuld erinnerte, konnte ich Leslies

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