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Auf den Marmor-Klippen: 62 Tausend

Auf den Marmor-Klippen: 62 Tausend

Titel: Auf den Marmor-Klippen: 62 Tausend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Jünger
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So lärm- ten dicht vor uns die von La Picousière. Sie stapf- ten im Moor und quakten wie Wasserfrösche:
                 „Catherine a le craque moisi,
                 Des seins pendants,
                 Des pieds de cochon,
                 La faridondaine.”
     Und aus dem hohen Besenginster, dem Schilficht und den Weidenbüschen schallte ihnen Antwort zu. In diesem Trubel sahen wir Irrlichter grünlich auf den Tümpeln tanzen, und Wasservögel streiften in scheuem Fluge ab.
     Inzwischen war auch der Haupttrupp mit der schweren Meute aufgelaufen, und wir bemerkten, daß vor diesem Spuk den Knechten das Zagen nahe kam. Da war es der alte Belovar, der seine Stimme mächtig erhob:
     „Drauf, Kinder, drauf! Die Lumpenwische halten nicht Stich. Doch nehmt euch vor den Fallen gut in acht!”
     Damit begann er, ohne sich umzublicken, vorzu- gehen, indem er die Schneiden der Doppelaxt im Mondlicht blinken ließ. Da folgten ihm auch die Knechte und brannten, auf die Fallensteller los- zugehen. Wir drückten in kleinen Rudeln durch Rohr und Busch und prüften, so gut es ging, den Grund. So suchten wir die Pässe zwischen Teichen, auf deren dunklen Spiegeln die Nixen-Rosen leuchteten, und schlichen durch dürres Schilf, von dessen schwarzen Kolben die Wolle blätterte. Bald hörten wir die Stimmen ganz nahe und spürten, wie das Sausen von Geschossen uns um die Schläfen strich. Nun mußten die Hunde-Knechte die Hetzer schärfen, daß ihr Fell sich sträubte und ihre Lichter funkelten wie Kohlenglut. Dann wurde ihnen Lauf gegeben und freudig winselnd schossen sie wie bleiche Pfeile durch das dunkele Gestrüpp.
     Der Alte hatte zu Recht vorhergesagt, daß das Gelichter uns nicht trotzen würde — kaum daß die Hunde angeschlagen hatten, hörten wir Klageschreie, die sich flüchtend im Busch verloren, und hinter ihnen das Geläut der Meute, die auf den Spuren zog. Wir eilten im Sturmschritt nach und sahen, daß jenseits des Gestrüpps ein kleines Torfmoor lag, auf dem der Boden eben wie eine Tenne war. Auf diese Fläche hatte das Gesindel sich geflüchtet und strebte im Lauf ums Leben dem nahen Hochwald zu. Ihn konnte indessen nur gewinnen, wer von den Hetzern unbehelligt blieb. Wir sahen viele, die von den Hun- den angefallen waren, und die sich stellen mußten — gleich bleichen Flammen im Reiche der Verdamm- ten umkreisten die Tiere sie und sprangen gierig an ihnen hoch. Auch waren hier und dort die Fliehen- den zu Fall gekommen und lagen am Boden wie gelähmt, denn knurrend hielten die Solo-Fänger sie am Hals.
     Nun koppelten die Knechte die schwere Meute los, und heulend stürmten die Bracken in die Nacht. Wir sahen, wie sie ihre Opfer im Ansprung fällten, dann zerrten sie die Beute, die sie sich streitig mach- ten, am Boden hin und her. Die Knechte folgten ihnen und teilten den Fanghieb aus. Da gab es, wie im Inferno, nicht Barmherzigkeit. Sie beugten sich auf die Hingestreckten nieder und warfen den Hun- den ihr Jagdrecht zu. Dann schlossen sie mit großer Mühe die Bestien wieder an.
     So standen wir auf dem Moore wie auf dem Vorhof zum dunklen Tann. Der alte Belovar war guter Laune; er lobte Knechte und Hunde für ihr Werk und teilte Branntwein aus. Dann drängte er zu neuem Vorstoß, ehe der Wald durch das geflüchtete Gelichter in Aufruhr käme, und ließ mit Beilen eine Bresche in die schwere Hecke legen, die ihn randete. Wir waren nicht weit von jener Stelle, an der ich mit Bruder Otho, um das rote Waldvögelein zu suchen, eingedrungen war, und planten zunächst den Angriff auf Klöppels-Bleek.
     Bald war die Bresche breit wie ein Scheunentor. Wir steckten Fackeln an und traten wie durch einen dunklen Rachen in den Hochwald ein.

                           24.
    Wie rote Säulen glänzten die Stämme im Feuer- schein; und senkrecht stieg der Rauch der Fackeln in feinen Fäden, die sich in großer Höhe zum Baldachin verwoben, in die unbewegte Luft. Wir schritten in breiter Ordnung, die sich durch die gestürzten Stämme bald drängte und bald ausein- anderzog. Doch hielten wir uns durch die Fackeln gut in Sicht. Zur Sicherung der Fährte hatte der Alte Säcke voll Kreide mitgenommen, aus denen er unseren Marsch durch eine helle Spur bezeichnen ließ. So trug er Sorge, daß uns der Ausschlupf nicht verlorenging.
     Die Hunde zogen in Richtung auf Klöppels- Bleek, so wie sie immer der Ruch von Höllen und Schinder-Welten lockt. Durch ihre

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