Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]

Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]

Titel: Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: fhl Verlag Leipzig UG
Vom Netzwerk:
Im Augenblick aber hatte sie die Zugbrücke zwischen sich und ihm wieder hochgezogen, deutlich war es für ihn spürbar. Bei dem Verhör durch die Polizisten war es anders gewesen. Da waren sie ein echtes Team.
    »Ich wasche mich und dann gehen wir frühstücken«, sagte er, und seine Worte klangen ihm selber banal in dieser Situation und unpassend.
    Sie saß wieder auf ihrem Bett, und plötzlich senkte sie ihr Gesicht in ihre Hände, begann zu schluchzen, minutenlang.
    Er schluckte schwer, und wusste nicht was er tun konnte, doch setzte er sich zu ihr und legte seinen Arm um ihre Schultern, um so zu warten, bis sie sich wieder beruhigte.
    Doch sie bebte am ganzen Körper, auch als das Schluchzen langsam nachließ. Vorsichtig streichelte er sie, doch nahm er wahr, dass sie zusammenzuckte.

    Eine beinahe kindliche Freude liegt auf Sarahs Gesicht, dachte er, als sie das Haus verließen, um zu dem Dampfer zu gehen. Sie waren die letzten Passagiere, die das Schiff betraten, unmittelbar nach ihnen legte es ab, um dann die Fahrrinne zwischen den Häusern zu verlassen und dem Nordmeer entgegenzustreben, auf das die Sonne ein glitzerndes Funkeln warf, als ob tausende Edelsteine schwerelos auf dem Wasser trieben.
    Der kleine schwarze Dampfer mit dem weißen Oberdeck, auf dem sie nun standen, strebte stampfend dem Ort entgegen, wo man Pottwale zu sehen bekommen sollte, in das schwarzblau schimmernde Nordmeer hinein, dessen Wellen heute klein und gefahrlos wirkten und die der Bug des Schiffes mühelos durchschnitt.
    Vorbei fuhren sie an einer kleinen grün bewachsenen Felseninsel, auf der ein Leuchtturm stand, der aus einem zweistöckigen Haus herausragte und dadurch sehr kompakt wirkte, anders als ein gewöhnlicher Turm dieser Art. Weiß leuchtete das ganze Gebäude im grellen Licht der Sonne.
    Etliche Touristen standen an der Reling des kleinen Oberdecks, aber es gab auch einige, die im Unterdeck saßen, da die Fahrt lange währen würde, wenn man die Hin- und Rückfahrt bedachte, fünf Stunden oder sogar sechs.
    Es wird ein Tag ohne Regen, dachte er, als er hinaufstarrte zum Himmel, dort oben ist das reinste Blau, das ich je gesehen habe, ein smaragdblauer Himmel und dazu, sozusagen als Beigabe, die glasklare Luft der Lofoten.
    Emmerlein sah er an der Reling stehen, er blickte zur Küste zurück, trug seine gelbe Regenjacke, die so etwas wie eine zweite Haut für ihn zu sein schien und die Haare offen wie der Gitarrist dieser Band, die Sarah so liebte. Die Ähnlichkeit war verblüffend.
    Immer wieder blickte er zu ihm hin, bis etwas Seltsames geschah. Emmerlein wandte sich um, ganz unvermittelt trafen sich so ihre Blicke, und Emmerleins Augen wurden einen kurzen Augenblick lang schmal, ehe er sich wieder abwandte.
    Hat er meinen Blick bemerkt, fragte er sich, ihn im Rücken gespürt wie einen Dolch, den man nur drohend an den Körper führt, nur mit der Spitze, ohne ihn zu verletzen?
    Emmerlein starrte wieder auf das Meer, wirkte gelassen. Ist es eine gespielte Gelassenheit, rätselte er und spürte, wie sein Herz heftiger schlug. Was war vorgegangen zwischen ihnen? Und wenn er von Emmerlein nun endgültig als Vater seines Opfers erkannt worden war oder der den Wirt nach seinem Namen gefragt hatte? Doch würde Emmerlein seine Absicht erraten? Damals, im Gerichtssaal, war er sehr ruhig geblieben und sein tödlicher Hass nicht sichtbar geworden, konnte Emmerlein da denken, dass er ihm bewusst gefolgt war, um ihn hier zu richten? Nein!
    Ich habe ihm im Gerichtssaal nicht gedroht, dachte er, auch wenn ich es tun wollte, ich habe mich beherrscht, obwohl es mir unsagbar schwer gefallen ist. Und ich habe die Psychologen getäuscht, die sich mit mir befasst haben. Doch wenn er etwas ahnt oder wenn ihn die Norwegerin angerufen hat, wird er sehr auf der Hut sein und wissen: Wenn er mich tötet, kann er es als Notwehr darstellen und ja auch die junge Frau in diesem letzten Fischerdorf auf den Lofoten als Zeugin benennen, denn sie kann angeben, dass ich ihn gezielt gesucht und dabei gelogen habe. Nun war eine Situation entstanden, mit der er nicht gerechnet hatte, da ihm selbst etwas geschehen konnte, wenn er an einem einsamen Ort mit Emmerlein zusammen traf. Und konnte nicht Emmerlein diese Begegnung selber suchen, ja, sie schon längst ins Auge gefasst haben?
    Emmerlein wandte sich nicht mehr um, schien auf die Pottwale zu warten, obwohl sie hier noch nicht auftauchten, denn bis man sie bewundern konnte, würde gewiss noch viel Zeit

Weitere Kostenlose Bücher