Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett

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Fluchtmöglichkeit: Flughäfen sind absichtlich so angelegt, daß niemand herumlaufen kann, wie es ihm paßt, und man ist stets auf andere angewiesen. Hinzu kam, daß die Flüchtenden selber in dieser Situation ihr ärgster Feind sein konnten – sie mußten wirklich sehr cool sein. Coburn glaubte, Paul und Bill hätten den Nerv dafür, aber Simons dies zu sagen, wäre sinnlos gewesen. Simons mußte sich immer sein eigenes Urteil über einen Menschen bilden, und Paul und Bill hatte er nie kennengelernt.
    Am Ende konzentrierten sie sich also auf den Fluchtweg über Land.
    Es gab sechs verschiedene Routen.
    Im Norden lag die Sowjetunion, nicht eben ein gastfreundliches Land. Im Osten lagen Afghanistan, gleichermaßen ungastlich, und Pakistan, dessen Grenze viel zu weit entfernt war; die fast 1600 Kilometer bis dorthin führten größtenteils durch die Wüste. Im Süden lag der Persische Golf, und bis ins befreundete Kuwait waren es nicht mehr als achtzig bis einhundertsechzig Kilometer übers Wasser. Das war vielversprechend. Im Westen grenzte der feindliche Irak an den Iran, im Nordwesten die verbündete Türkei.
    Kuwait und die Türkei waren die Favoriten.
    Simons trug Coburn auf, einen vertrauenswürdigen iranischen Mitarbeiter die südliche Strecke bis zum Persischen Golf abfahren zu lassen, um zu erkunden, ob die Piste passierbar und die Bevölkerung friedlich war. Coburn beauftragte damit den »Cycle Man«, der seinen Spitznamen dem Umstand verdankte, daß er fast immer auf seinem heißen Ofen durch Teheran unterwegs war. Er war wie Raschid Informatiker in Ausbildung,fünfundzwanzig Jahre alt, von kleinem Wuchs und mit allen Wassern gewaschen. Englisch konnte er von der Schule in Kalifornien her und hatte alle amerikanischen Dialekte auf Lager – Südstaatenakzent, Puertorikanisch, einfach alles. EDS hatte ihn, obwohl er keinen Hochschulabschluß vorweisen konnte, eingestellt, weil er beim Befähigungstest überdurchschnittlich gut abgeschnitten hatte. Als die iranischen Mitarbeiter sich dem Generalstreik angeschlossen und Paul und Coburn den Ausstand zum Thema einer Betriebsversammlung gemacht hatten, setzte der Cycle Man jedermann in Erstaunen, als er sich gegen seine Kollegen und für das Management aussprach. Er machte kein Geheimnis aus seiner proamerikanischen Einstellung, gleichzeitig aber war Coburn davon überzeugt, daß er bei den Revolutionären mitmischte.
    Einmal hatte der Cycle Man Keane Taylor um ein Auto gebeten. Taylor gab es ihm. Am darauffolgenden Tag brauchte er wieder eines, und Taylor kam der Bitte wiederum nach. Der Cycle Man war sonst immer auf seinem Motorrad unterwegs, weshalb Taylor und Coburn annahmen, daß die Wagen für die Rebellen gedacht waren.
    Als Gegenleistung für erwiesene Gefälligkeiten fuhr der Cycle Man also zum Persischen Golf.
    Ein paar Tage später kehrte er zurück und berichtete, daß dort alles möglich sei – vorausgesetzt, man hatte genügend Geld. Der Golf war über Land zu erreichen, und dort konnte man ein Boot kaufen oder mieten.
    Was in Kuwait passieren würde, wenn man dort an Land ging, wußte er nicht.
    Das fand Glenn Jackson heraus.
    *
    Glenn Jackson war nicht nur Jäger und Baptist, sondern auch ein Raketenspezialist. Sein erstklassiges Mathematikergehirn und seine Fähigkeit, in Streßsituationen dieRuhe zu bewahren, hatten ihm den Weg in die Mission Control im Raumfahrtzentrum der NASA in Houston als Flugleiter geebnet. Seine Arbeit hatte darin bestanden, Computerprogramme für die Berechnung von Steuerungsmanövern im Weltraum zu erarbeiten und anzuwenden.
    Jacksons Nervenstärke war während der letzten Weltraummission, an der er mitgearbeitet hatte, auf eine harte Probe gestellt worden. Es war zu Weihnachten 1968 bei der Umrundung des Mondes. Als das Raumschiff hinter dem Erdtrabanten hervorkam, hatte der Astronaut Jim Lovell ihm eine Reihe von Zahlen vorgelesen, aus denen Jackson entnehmen konnte, ob sich das Raumschiff auf dem vorausberechneten Kurs befand. Als er die Zahlen auswertete, bekam er einen furchtbaren Schreck; sie wichen nämlich enorm von der zulässigen Fehlermarge ab. Jackson bat das Kontrollzentrum, Lovell die Zahlenreihe noch einmal lesen zu lassen. Und er setzte den Flugleiter darüber in Kenntnis, daß die drei Astronauten bereits so gut wie tot seien, wenn die Zahlen so stimmten, wie Lovell sie verlesen hatte: In diesem Fall hätte nämlich der Treibstoff nicht zur Korrektur der Abweichung ausgereicht.
    Schließlich bat er