Auf den Schwingen des Adlers
Kaution für Paul und Bill.
Im Außenministerium war man zwar etwas zugänglicher geworden, aber so zugänglich nun auch wieder nicht. Aber man war bereit, eine Garantieerklärung der Regierung der Vereinigten Staaten abzugeben. Das allein war schon einzigartig: Die USA verbürgten sich für zweiinhaftierte Männer. Zuerst einmal veranlaßte Tom Walter die Bank, ein Akkreditiv in Höhe von 12 750 000 Dollar zugunsten des Außenministeriums auszustellen. Da dies eine auf die USA beschränkte Transaktion war, beanspruchte sie nur Stunden statt Tage. Sobald das Dokument im Besitz des Außenministeriums in Washington war, würde Botschaftsrat Charles Naas, William Sullivans Stellvertreter, eine diplomatische Note herausgeben, in der er zusicherte, daß sich Paul und Bill nach ihrer Freilassung für weitere Verhöre durch Dadgar zur Verfügung hielten, andernfalls werde die Botschaft die Kaution bezahlen. Dadgar besprach sich gerade mit Lou Goelz, dem Generalkonsul der Botschaft. Howell hatte man zu diesem Treffen nicht eingeladen; die Interessen von EDS vertrat Abolhasan.
Am Vortag hatte Howell ein vorbereitendes Gespräch mit Goelz geführt. Gemeinsam waren sie die Einzelheiten der Garantieerklärung durchgegangen, die Goelz langsam und deutlich vorlas. Goelz hatte sich geändert. Noch vor zwei Monaten hatte seine bürokratische Korrektheit Howell fast zur Weißglut getrieben, war es doch Goelz gewesen, der sich geweigert hatte, Paul und Bill ohne Wissen der iranischen Behörden ihre Pässe zurückzugeben. Jetzt schien er bereit, unkonventionelle Methoden anzuwenden. Vielleicht hatte das Leben inmitten einer Revolution den alten Knaben ein wenig flexibler gemacht.
Goelz hatte Howell mitgeteilt, daß die Entscheidung, Paul und Bill freizulassen, von Premierminister Bakhtiar getroffen würde, die Bedingungen dafür aber zuerst mit Dadgar geklärt werden müßten. Howell hoffte nur, Dadgar würde nicht querschießen, denn Goelz war nicht der Mann, bei Dadgar mit der Faust auf den Tisch zu hauen und ihn zur Räson zu bringen.
Es klopfte an der Tür, und Abolhasan kam herein.
Howell konnte ihm vom Gesicht ablesen, daß er schlechte Nachrichten brachte.
»Was ist passiert?«
»Er hat abgelehnt«, sagte Abolhasan. »Er wird die Garantieerklärung der US-Regierung nicht akzeptieren.«
»Hat er einen Grund dafür genannt?«
»Es gibt kein Gesetz, das ihm erlaubt, eine solche Erklärung als Kaution zu akzeptieren. Er braucht Bargeld, eine Bankgarantie –«
»Oder das Pfandrecht auf Eigentum, ich weiß.« Howell war wie betäubt. »Haben Sie irgend etwas über den Premierminister gesagt?«
»Ja. Goelz teilte ihm mit, wir würden mit unserem Vorschlag zu Bakhtiar gehen.«
»Was hat Dadgar darauf erwidert?«
»Er meinte, das sei typisch amerikanisch. Amerikaner versuchen immer, Lösungen zu finden, indem sie ihren Einfluß auf höchster Ebene geltend machen, ohne sich darum zu scheren, was an der Basis passiert. Außerdem meinte er noch, wenn es seinen Vorgesetzten nicht passe, wie er diesen Fall handhabe, dann könnten sie ihm die Sache entziehen, und darüber wäre er nur zu glücklich, denn sie hänge ihm längst zum Hals raus.«
Howell runzelte die Stirn. Was hatte das zu bedeuten? Erst vor kurzem war er zu dem Schluß gekommen, daß die Iraner im Endeffekt nur auf das Geld auswaren. Jetzt hatten sie es rundweg abgelehnt. Lag es tatsächlich daran, daß das Gesetz nicht ausdrücklich eine Regierungsgarantie als Kaution vorsah – oder war das nur eine Ausrede? Vielleicht stimmte es sogar. Der EDS-Fall war stets auch politisch gefärbt gewesen, und jetzt, da der Ayatollah zurückgekehrt war, konnte es durchaus sein, daß Dadgar davor zurückschreckte, sich auf irgend etwas einzulassen, das ihm als proamerikanisch ausgelegt werden könnte. Das Gesetz so zu interpretieren, als gestatte es eine dermaßen unübliche Kaution, könnte ihn in Schwierigkeiten bringen. Was würde passieren, wenn Howell doch noch mit einer juristisch einwandfreien Kautiondurchkam? Hätte Dadgar dann sicheren Boden unter den Füßen? Oder würde er wieder eine neue Ausrede erfinden?
Es gab nur eine einzige Möglichkeit, das festzustellen.
10
I N DERSELBEN WOCHE, in der der Ayatollah in den Iran zurückkehrte, baten Paul und Bill um den Besuch eines Priesters.
Pauls Erkältung schien sich zu einer Bronchitis ausgewachsen zu haben. Er hatte nach dem Gefängnisarzt gefragt. Der Arzt sprach kein Englisch, doch Paul fiel es nicht schwer, seine
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