Auf den Schwingen des Adlers
selben Tag, da er diese Absicht seinen Generalskollegen eröffnete, wurde Botschafter William Sullivan für sechs Uhr abends ins Büro von Premierminister Bakhtiar zitiert. Sullivan hatte durch US-General Dutch Huyser von Gharabaghis Rücktrittsabsichten gehört und vermutete, daß sich Bakhtiar mit ihm über dieses Thema unterhalten wolle.
Bakhtiar bat Sullivan, Platz zu nehmen, und sagte mit einem rätselhaften Lächeln: »Nous serons trois.« Wir werden zu dritt sein. Bakhtiar sprach mit Sullivan stets Französisch.
Ein paar Minuten später kam General Gharabaghi herein. Bakhtiar sprach von den Schwierigkeiten, die der Rücktritt des Generals nach sich ziehen würde. Gharabaghi begann seine Antwort auf Farsi, doch Bakhtiar bat ihn, französisch zu sprechen. Während der General redete, fingerte er in seiner Tasche an etwas herum, das wie ein Briefumschlag aussah: Sullivan vermutete, es handele sich dabei um sein Rücktrittsgesuch.
Bakhtiar wandte sich wiederholt mit der Bitte um Rükkenstärkung an den amerikanischen Botschafter. Insgeheim war Sullivan auf Gharabaghis Seite, doch seine Befehle aus dem Weißen Haus lauteten, das Militär zur Unterstützung Bakhtiars anzuhalten. Daher trat er hartnäckig und wider besseres Wissen dafür ein, daß Gharabaghi im Amt bliebe. Nach einer halbstündigen Diskussion ging der General, ohne sein Rücktrittsgesuch abgegebenzu haben. Bakhtiar dankte Sullivan überschwenglich für seine Hilfe. Sullivan wußte, daß dabei nichts Gutes herauskommen würde.
Am vierundzwanzigsten Januar ließ Bakhtiar den Teheraner Flughafen schließen, um Khomeini an der Einreise zu hindern. Es war, als wolle man sich mit einem Regenschirm gegen eine Flutwelle schützen. Am sechsundzwanzigsten Januar töteten Soldaten bei einer Straßenschlacht in Teheran fünfzehn Pro-Khomeini-Demonstranten. Zwei Tage später bot Bakhtiar an, in Paris Gespräche mit dem Ayatollah zu führen. Das Anerbieten eines amtierenden Premierministers, einen exilierten Rebellen zu besuchen, war ein geradezu unglaubliches Eingeständnis von Schwäche. Und so sah es auch Khomeini: Er lehnte ab, mit Bakhtiar zu sprechen, solange dieser nicht zurückgetreten war.
Am neunundzwanzigsten Januar starben fünfunddreißig Menschen bei Kämpfen in Teheran und fünfzig weitere in anderen Teilen des Landes. Gharabaghi überging seinen Premierminister, verständigte sich mit den Aufständischen in Teheran und stimmte der Rückkehr des Ayatollah zu. Am dreißigsten Januar befahl Sullivan die Evakuierung sämtlichen untergeordneten Botschaftspersonals und dessen Angehöriger.
Am ersten Februar kehrte Khomeini zurück.
Der Jumbo der Air France landete um 9.15 Uhr morgens. Zwei Millionen Iraner waren gekommen, um den Ayatollah zu begrüßen. Noch auf dem Flughafen gab er seine erste öffentliche Erklärung ab: »Ich bete zu Gott, daß er allen schlechten Ausländern und ihren Helfern die Hände abhacken möge.«
Simons verfolgte die Ereignisse im Fernsehen und sagte zu Coburn: »Jetzt ist es soweit. Das Volk wird uns die Arbeit abnehmen. Der Mob wird das Gefängnis stürmen.«
9
A M MITTAG DES fünften Februar sah es so aus, als gelänge es John Howell, Paul und Bill frei zu bekommen.
Dadgar hatte erklärt, er würde die Zahlung der Kaution entweder in bar, als Bankgarantie oder als Anleihe auf verfügbares Eigentum akzeptieren. Bargeld kam überhaupt nicht in Frage: Niemand, der sich mit 12 750 000 Dollar im Koffer ins Chaos von Teheran wagte, würde lebendig in Dadgars Büro ankommen. Tom Walter schlug vor, Falschgeld zu benutzen, aber niemand wußte, woher man es bekam. Außerdem konnte Dadgar das Geld an sich nehmen, aber Paul und Bill trotzdem festhalten, indem er die Kaution entweder erhöhte oder die beiden unter einem neuen Vorwand wieder verhaften ließ.
Es mußte ein Schriftstück geben, das Dadgar das Geld und gleichzeitig Paul und Bill ihre Freiheit zusicherte. Tom Walter hatte in Dallas endlich eine Bank gefunden, die bereit war, ein Akkreditiv für die Kautionssumme auszustellen, aber Howell und Taylor hatten große Schwierigkeiten, eine iranische Bank zu finden, die das Akkreditiv akzeptierte und die von Dadgar geforderte Garantieerklärung ausstellte.
Tom Luce, Howells Chef, hatte sich inzwischen Gedanken über die dritte Möglichkeit, die Verpfändung von Eigentum, gemacht und kam mit einer ganz und gar abstrusen Idee an, die aber Aussicht auf Erfolg haben konnte: die Verpfändung der US-Botschaft in Teheran als
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