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Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Texaner dachten wohl, er habe nichts Besseres zu tun, als mit ihnen zu telefonieren!
    Dazu kam, daß die Krise im Iran nicht der einzige Machtkampf war, über den Precht sich den Kopf zerbrechen mußte. Direkt hier in Washington fand ein weiterer statt: der Machtkampf zwischen Außenminister Cyrus Vance, Prechts Chef, und Zbigniew Brzezinski, dem Nationalen Sicherheitsberater des Präsidenten.
    Vance war, ebenso wie Präsident Carter, der Ansicht, daß die amerikanische Außenpolitik die moralischenAnsprüche Amerikas widerspiegeln sollte. Die Amerikaner glaubten an Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie und lehnten es ab, Tyrannen zu unterstützen. Und der Schah von Persien war ein Tyrann. Die Art und Weise, wie im Iran mit Menschenrechten umgesprungen wurde, war von Amnesty International als die schlimmste auf der ganzen Welt bezeichnet worden, und Berichte über den systematischen Einsatz von Folterungen unter dem Schahregime waren von der Internationalen Juristenkommission bestätigt worden. Da der CIA den Schah auf den Thron gehievt und die USA ihn dort gehalten hatte, mußte ein Präsident, der die Menschenrechte ständig im Munde führte, unbedingt etwas unternehmen.
    Im Januar 1977 hatte Carter angedeutet, daß Amerika Tyrannen seine Hilfe entziehen könnte. Doch Carter war unentschlossen; noch im selben Jahr stattete er dem Iran einen Besuch ab und überschüttete den Schah mit Lob. Vance hingegen wich nach wie vor keinen Deut von seiner Menschenrechtspolitik ab.
    Ganz anders Zbigniew Brzezinski. Für den Sicherheitsberater zählte nichts als Macht. Der Schah war ein Verbündeter der Vereinigten Staaten und mußte unterstützt werden. Sicher, man sollte ihn schon dazu anregen, den Folterungen ein Ende zu setzen – aber jetzt noch nicht. Das Schahregime war in Gefahr, und das war nicht der richtige Zeitpunkt für eine Liberalisierung.
    Und wann wäre der richtige Zeitpunkt? fragten die Parteigänger von Vance. Der Schah hatte während der fünfundzwanzig Jahre seiner Herrschaft fast durchweg fest im Sattel gesessen, niemals jedoch die geringste Neigung gezeigt, eine gemäßigtere Gangart einzuschlagen. Brzezinskis Antwort darauf lautete: »Nennt mir in jenem Teil der Welt eine einzige gemäßigte Regierung.«
    Manch einer in der Regierung Carter vertrat die Meinung, Amerika solle, solange es nicht für Freiheit und Demokratie einträte, überhaupt keine Außenpolitikbetreiben. Da dies aber ziemlich extrem klang, griffen sie auf pragmatischere Argumente zurück: Das iranische Volk habe die Nase endgültig voll vom Schah und würde sich so oder so von ihm befreien, ganz egal, was Washington darüber dachte.
    Quatsch, meinte Brzezinski. Die Geschichte lehre etwas anderes. Revolutionen führten nur dann zum Erfolg, wenn die Herrschenden Konzessionen machten, und seien zum Scheitern verurteilt, wenn die Machthaber knallhart gegen die Rebellen vorgingen. Die iranische Armee mit ihren vierhunderttausend Mann könne mit Leichtigkeit jede Revolte im Keim ersticken.
    Die Vance-Anhänger einschließlich Henry Prechts stimmten der Brzezinskischen Revolutionstheorie nicht zu: In ihrer Macht bedrohte Tyrannen machten Zugeständnisse, weil die Rebellen stark waren, und nicht andersherum, argumentierten sie. Und was noch entscheidender war: Sie glaubten nicht, daß die iranische Armee vierhunderttausend Mann zählte. Genaue Zahlen waren schwer zu bekommen, aber jeden Monat desertierten ungefähr acht Prozent der Soldaten, und sobald der Bürgerkrieg einmal ausgebrochen war, würden ganze Einheiten geschlossen zu den Revolutionären überlaufen.
    Die beiden Blöcke in Washington erhielten ihre Informationen aus unterschiedlichen Quellen. Brzezinski hörte auf Ardeschir Zahedi, Schwager des Schahs und einflußreichster Schahprotagonist im Iran. Vance hörte auf Botschafter Sullivan. Dessen Fernschreiben waren in ihren Aussagen nicht so gradlinig, wie man sie sich in Washington gewünscht hätte – das mochte daran liegen, daß die Situation im Iran manchmal sehr verwirrend war – aber seit September war ihr Grundtenor der, daß der Schah verspielt habe.
    Brzezinski meinte, Sullivan renne kopflos durch die Gegend und verdiene folglich kein Vertrauen. DerVance-Block erwiderte, Brzezinski reagiere auf schlechte Nachrichten mit der Erschießung des Überbringers.
    Letzten Endes taten die Vereinigten Staaten überhaupt nichts. Einmal wurde im Außenministerium ein Fernschreiben an Botschafter Sullivan aufgesetzt, das die

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