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Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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worden. Den Schah kannte er persönlich. Aber wie gut würde er sich an Ross Perot erinnern? Zwar wardie Kampagne zugunsten der Kriegsgefangenen ein großes Projekt gewesen, doch Kissingers Projekte waren noch weitaus großartiger: Frieden im Mittleren Osten, Annäherung der USA an China, Beendigung des Vietnamkriegs ...
    »Kissinger.« Es war die vertraute, tiefe Stimme und das komische Gemisch aus amerikanischen Vokalen und deutschen Konsonanten.
    »Hier spricht Ross Perot, Dr. Kissinger. Ich bin Geschäftsmann aus Dallas, Texas, und ...«
    »Teufel auch, Ross, ich weiß doch, wer Sie sind«, sagte Kissinger.
    Perots Herz tat einen Sprung. Kissingers Stimme klang warm, freundlich und ganz und gar nicht förmlich. Phantastisch! Perot fing an, ihm von Paul und Bill zu berichten: Wie sie freiwillig zu einem Interview mit Dadgar gegangen waren und wie das Außenministerium sie im Stich gelassen hatte. Er versicherte Kissinger, die beiden seien unschuldig, und wies darauf hin, daß keine Anklage gegen sie erhoben worden sei und die Iraner nicht den geringsten Beweis gegen sie vorgebracht hätten.
    »Das sind meine Leute, ich habe sie dorthin geschickt, und jetzt muß ich sie auch wieder zurückholen«, schloß er.
    »Ich sehe zu, was ich tun kann«, sagte Kissinger.
    Perot war begeistert. »Ich bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet.«
    »Schicken Sie mir einen Bericht mit allen Einzelheiten.«
    »Er geht Ihnen heute noch zu.«
    »Ich melde mich wieder bei Ihnen, Ross.«
    »Danke, Sir.«
    Das Gespräch war beendet.
    Perot frohlockte. Kissinger hatte sich an ihn erinnert, war sogar freundlich und hilfsbereit. Und er wollte einen Bericht haben: Den konnte EDS heute noch abschicken.
    Plötzlich durchzuckte ihn ein Gedanke. Er hatte nichtdie geringste Ahnung, wo Kissinger sich aufhielt – das Gespräch hätte aus London, Monte Carlo oder Mexiko kommen können ...
    »Sally?«
    »Yes, Sir?«
    »Hast du herausgefunden, wo Kissinger ist?«
    »Yes, Sir.«
    Kissinger befand sich in New York in seiner sich über zwei Stockwerke erstreckenden Wohnung im exklusiven River-House-Wohnblock an der East 52nd Street. Vom Fenster aus konnte man den East River überblikken.
    Kissinger erinnerte sich gut an Ross Perot und glaubte ihm, daß Paul und Bill unschuldig waren. Der Iran stand am Rande eines Bürgerkriegs: Gerechtigkeit und faire Prozesse bedeuten dort im Augenblick wenig. Er überlegte, ob und wie er helfen könnte. Er wollte es gerne tun, es ging schließlich um eine gute Sache. Zwar war er nicht mehr im Amt, aber er hatte noch immer gute Freunde. Sobald der Bericht aus Dallas eintraf, entschied er, würde er Ardeschir Zahedi anrufen.
    *
    Perot war froh über das Gespräch mit Kissinger. Teufel auch, Ross, ich weiß doch, wer Sie sind. Das war nicht mit Geld aufzuwiegen. Der einzige Vorteil, den Berühmtheit mit sich brachte, lag darin, Unterstützung zu finden, wenn man sie brauchte.
    T. J. trat ein. »Ich habe deinen Paß«, sagte er. »Das Visum für den Iran ist schon drin, aber Ross, ich finde, du solltest nicht fahren. Hier kann sich jeder von uns mit dem Problem befassen, aber du bist schließlich die Schlüsselfigur. Und das Schlimmste, was uns jetzt passieren könnte, ist, daß du für uns nicht erreichbar bist – sei es nun in Teheran oder einfach irgendwo in einem Flugzeug –, unddas in einem Moment, wo wir eine wichtige Entscheidung fällen müssen.«
    Perot hatte seinen Plan, nach Teheran zu fliegen, vorübergehend völlig vergessen. Nach allem, was er in der vergangenen Stunde erfahren hatte, erschien ihm die Reise nicht mehr unbedingt notwendig.
    »Du könntest recht haben«, sagte er nachdenklich zu T. J. »Wir haben jetzt so viele Eisen im Feuer – jetzt muß nur noch eins davon zünden. Ich fliege also nicht nach Teheran. Noch nicht.«
    *
    Henry Precht war beileibe kein Schlappschwanz, nur war er zur Zeit der wahrscheinlich am meisten bedrängte Mann in ganz Washington.
    Als altgedienter Beamter des Außenministeriums mit einem Hang zur Kunst und Philosophie und einem etwas verschrobenen Humor hatte er den größten Teil des Jahres 1978 die amerikanische Iranpolitik mehr oder weniger allein bestimmt, während sich seine Vorgesetzten bis hinauf zu Präsident Carter auf das Abkommen von Camp David zwischen Ägypten und Israel konzentrierten.
    Seit Anfang November, als es im Iran langsam brenzlig geworden war, arbeitete Precht sieben Tage die Woche von acht Uhr morgens bis neun Uhr abends. Und diese verdammten

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