Auf Den Schwingen Des Boesen
Schnitte, die sie sich beim Kampf zugezogen hatte. Das Shirt, das unter der Jacke hervorschaute, war feucht von Blut. »Alles in Ordnung, Ava?«
Sie warf mir einen flüchtigen Blick zu. »Mir geht’s gut. Bin nur müde.«
»Was genau ist passiert?«, fragte Will in nüchternem, leicht autoritärem Tonfall.
»Sie haben uns aufgelauert«, erklärte Ava. »Aber sie haben uns klargemacht, dass sie eigentlich hinter dir her sind, Ellie.«
Mir stockte der Atem, und selbst Wills warme Hand auf meinem Rücken konnte mich nicht beruhigen. Als Nächstes würden Merodach und Kelaeno also Jagd auf mich machen. »Bedeutet das, sie haben gefunden, was auch immer sie sonst noch brauchten?«
Sabina tauschte einen Blick mit Ava. »Ich denke schon.«
Von Panik ergriffen starrte ich Will hilfesuchend an. »Was sollen wir jetzt tun?«
»Versuch dir keine Sorgen darum zu machen. Du hast auch so schon genug Stress.«
Ich hätte fast gelacht. »Da sind zwei jahrtausendealte dämonische Reaper hinter mir her. Dagegen waren Ragnuks Attacken das reinste Kinderspiel. Und du sagst, ich soll mir keine Sorgen machen?«
Er wollte mir erneut die Hand auf die Schulter legen. »Ellie …«
Todesangst schnürte mir die Kehle zu, und ich hatte plötzlich das Bedürfnis, mich von den Reapern zu entfernen. Ich wich seiner Berührung aus und machte mich auf den Rückweg zu meinen Freunden. »Es ist alles in Ordnung. Lass mich nur einen Moment in Ruhe.«
Im Weggehen hörte ich, wie er gegen die Wand schlug, aber ich drehte mich nicht um. Als ich meine Freunde erreichte, legte mir Chris die Hand auf die Schulter und sah zu Ava und Sabina hinüber.
»Wer sind denn die?«, fragte er neugierig. »Sind das Freundinnen von Will?«
»Ja. Wieso?«, fragte ich argwöhnisch.
»Die sind echt heiß.«
Nicht schon wieder. Wieso waren meine Freunde nur so fasziniert von den Reapern? »Die beiden sind lesbisch«, log ich. »Gib dir also keine Mühe.«
»Wie nett«, sagte Chris und grinste dümmlich.
Ich verdrehte die Augen und sah mich nach den Reapern um. Will redete auf Ava und Sabina ein, und beim Anblick ihrer bedrückten Gesichter ahnte ich, dass sie nicht mehr über Merodach und Kelaeno sprachen, sondern über mich.
Die dämonischen Reaper waren jetzt hinter mir her. Ich hatte die Nycteriden getötet, die für Bastian arbeiteten, und jetzt schickte er mir seine schrecklichsten Ungeheuer auf den Hals, genau wie Cadan es vorausgesagt hatte. Mir war klar gewesen, dass meine Familie in Gefahr schwebte, doch aus lauter Egoismus hatte ich nichts dagegen unternommen und nicht auf mein dummes Sozialleben verzichtet. Jetzt blieben mir nur noch meine Freunde, und ich hatte nichts Besseres zu tun, als sie durch meine Anwesenheit in Gefahr zu bringen. Schweren Herzens sah ich in ihre fröhlichen Gesichter und stützte mich auf den Ballkollektor. Was machte ich hier eigentlich? Hastig schnappte ich meine Handtasche, ging zum Schuhverleih, wo ich die Bowlingschuhe gegen meine Turnschuhe tauschte. Als ich die Bahn verließ, stieg eine leichte Übelkeit in mir hoch, und ich hatte Mühe, meine Tränen zurückzuhalten. Die Übelkeit wurde unerträglich, und ich rannte zur Toilette, wild entschlossen, mich nicht vor aller Augen zu übergeben. In letzter Sekunde stürmte ich in eine Kabine und verriegelte die Tür. Doch statt mich zu übergeben, setzte ich mich auf den Toilettendeckel und vergrub das Gesicht in den Händen. Ich atmete tief ein und aus und versuchte, nicht zu weinen.
Ich wollte nicht noch mehr Menschen wehtun, die ich liebte. Ich war wie eine wandelnde Zielscheibe, und mein jeweiliger Aufenthaltsort konnte sich jederzeit in einen Kampfplatz verwandeln. Wenn ich doch nur …
Die Toilettentür ging auf, und Stimmen und Schritte waren zu hören. Vor den Waschbecken kamen sie zum Stehen.
»Ein klarer Fall für die Klapse«, rief eins der Mädchen.
Ein zweites Mädchen lachte. »Woher willst du das wissen? Hast du überhaupt schon jemals mit ihr gesprochen?«
»Na ja, ihr Dad hat ihre Mom umgebracht«, erwiderte das erste Mädchen. »Der Wahnsinn liegt also in der Familie.«
Ich musste schlucken und fühlte, wie mir jegliche Farbe aus dem Gesicht wich. Das Blut rauschte mir in den Ohren.
»Ist das wirklich wahr?«, fragte ein drittes Mädchen ungläubig.
»Natürlich. Mein Onkel ist bei der Polizei, und er sagt, dass sie ihren Dad suchen. Sie haben auch schon mit dem FBI gesprochen. Es ist also was Ernstes.«
»Wow«, sagte das zweite Mädchen
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