Auf Den Schwingen Des Boesen
Energieschwall zurück, der gleichzeitig den Schnee vom Boden fegte. Will sprang auf und landete in der Hocke. Er stürmte wieder vor, doch bevor er erneut das Schwert schwingen konnte, packte Bastian sein Handgelenk. Mit der anderen Hand hielt er Wills Hals umklammert. Voller Zorn warf Will sich hin und her, doch er konnte sich nicht befreien. Bastian verstärkte seinen Würgegriff und zwang Will, dessen Schwert nutzlos im Schnee landete, in die Knie.
»Ich bin nicht hergekommen, um dich zu töten, William«, sagte Bastian, und das Blau seiner Augen wurde immer greller, je mehr seine Macht anschwoll. »Aber ich werde es tun, wenn du mir in die Quere kommst.«
Ich rannte los, um Will zu helfen, raffte die Überreste meiner Macht zusammen und ließ das weiße, blendende Licht in meinen Handflächen aufflammen. Ich packte Bastians Arm mit beiden Händen und spürte das Brutzeln seiner Haut unter seinem Ärmel, dessen Stoff von den Flammen zerfressen wurde. Er schrie auf und ließ von Will ab, um sich den verbrannten Arm gegen die Brust zu pressen und vor mir zu fliehen. Taumelnd stand Will vom Boden auf und schnappte nach Luft. Ich zog ihn in meine Arme und legte die Hände auf seinen geröteten Hals.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich, worauf er nickte und zu Bastian blickte, der sich an Merodachs Seite zurückgezogen hatte.
»Ein interessanter Trick, Gabriel«, knurrte Bastian. »Ein kleiner Vorgeschmack deines Glorienscheins?«
Ich starrte ihn verwirrt an. »Glorienschein?«
»Das kleine Feuerwerk, das du auf meinem Arm abgefackelt hast«, keuchte er und fletschte die Zähne. »Ich erkenne den Glorienschein der Erzengel, wenn er mich bis auf die Knochen verbrennt. Anscheinend erwachst du, Gabriel. Vielleicht war dein langer Schlaf genau das, was du gebraucht hast.«
»Woher wusstest du, wer ich bin?«, fragte ich. »Bei unserem ersten Treffen hast du gesagt, du wüsstest schon Bescheid. Wieso?«
»Weil ich mit alten Freunden von dir gesprochen hatte«, erwiderte er. Der heraufdämmernde Morgen setzte ihm zu, und seine Haut begann zu rauchen. Unbehaglich schaute er zur aufgehenden Sonne. »Jene, die alt genug sind, um die Wahrheit zu kennen. Es gibt Stimmen, die durch die Pforten der Hölle dringen, meine Liebe. Aber keine Angst, wenn ich dein Leben das nächste Mal vernichte, nehme ich dir auch die Seele. Wenn es so weit ist, kommen meine Bluthunde und holen dich, Gabriel.«
In einer Wolke aus rauchiger schwarzer Macht und unter schmerzerfülltem, zornigem Geknurre verschwand Bastian im Limbus. Merodach hatte es nicht so eilig. Der leuchtende Orangeton des Sonnenaufgangs breitete sich über seinen Körper, bis er von den Hörnern bis zu den Spitzen seiner klobigen Stiefel vor sich hin schwelte wie ein Stück Holzkohle. Er sah durch und durch aus wie ein Dämon, der direkt aus der Hölle kam.
»Wir sehen uns bald, Preliatin«, sagte er, bevor er die Flügel ausbreitete und Kelaeno und Bastian in den Limbus folgte, bis nichts von ihm blieb außer Rauch und ein ekelhafter Schwefelgestank.
Ich seufzte erleichtert auf, als die erdrückende dämonische Macht verschwunden war. Wills warme Hände umfassten meine Arme, und er zog mich an sich. Er war wie ein warmer Ofen, an dem ich meinen zitternden Körper wärmen konnte.
»Lass uns von hier verschwinden«, hauchte er. »Als ich die beiden Vir gespürt habe, bin ich ohne Ava umgekehrt.«
»Danke«, sagte ich. »Wir müssen zurück zu Nathaniel und rauskriegen, was zum Teufel da gerade passiert ist. Und so viel wie möglich über Kelaeno und Merodach in Erfahrung bringen, um herauszufinden, wieso Bastian will, dass sie dich in Ruhe lassen.«
Er strich mein Haar hinters Ohr. »Aber du musst doch müde sein. Du brauchst dringend Schlaf.«
»Ich bin total kaputt, aber das hier ist wichtig.« Heute Nacht war so viel geschehen, dass ich ohnehin keinen Schlaf finden würde.
Knirschende Schritte im Schnee ließen mich zusammenfahren. Doch es war nur Ava, die gerade gelandet war – blutverschmiert, aber alle ihre Wunden waren verheilt. Sie schien müde und entnervt, und es war anzunehmen, dass sie unseren Zusammenstoß mit den dämonischen Vir gespürt hatte.
»Was ist passiert?«, fragte sie hastig. »Ist alles in Ordnung?«
Will und ich schauten uns an. Ich atmete tief ein. »Wir wollten uns gerade auf den Weg zu Nathaniel machen«, sagte ich. »Wir erklären es dir unterwegs.«
VIERZEHN
E ine Stunde später war ich kurz davor, an Wills Schulter
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