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Auf den Wogen des Glücks

Auf den Wogen des Glücks

Titel: Auf den Wogen des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kit Garland
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um die Ecke lugte. »Mr. ...« Sie stockte.
    Sie sah auf den Rücken eines Mannes, der an einem mit unzähligen Papieren überbesäten Tisch saß, die er studierte. Auf dem Boden stapelten sich die Bücher, überall lagen Pergamentrollen herum. Auf dem Bücherstapel, der dem Schreibtisch am nächsten stand, thronte eine leere Karaffe aus Kristallglas, daneben ein Glas, das halb voll mit burgunderfarbener Flüssigkeit gefüllt war. Auf dem Tisch befanden sich zwei Kerzenhalter aus Messing, die von den heruntergebrannten Kerzen mit Wachs vollgetropft worden waren. Der Raum, der ursprünglich als Ankleideraum gedacht und eingerichtet war, befand sich in einem chaotischen Zustand. Genau wie Dominiques Arbeitszimmer im New Yorker Hafen.
    Dominique stierte auf den Hinterkopf des Mannes und spürte, wie sich ein nagendes Unbehagen in ihrem Inneren breit machte. Sein pechschwarzes Haar fiel ihm unordentlich über den Kragen, das weiße Leinen seines Hemdes spannte sich straff über Rücken und Schultern. Aber das war es nicht, was Dominique faszinierte. Sie starrte wie gebannt auf seine Hände und das hölzerne Miniaturmodell, das er hielt. Für einen Segler waren seine Finger außergewöhnlich lang. Seine Hände waren sehr kräftig und machten einen wettergegerbten Eindruck auf Dominique, wenngleich er von hinten gesehen relativ jung zu sein schien. Sie konnte sich vorstellen, dass er durchaus in der Lage war, ein mehrere Zentimeter dickes Hanfseil einzurollen, genau wie es abgehärtete Seemänner taten. Und dennoch, die Zärtlichkeit, mit der er das Schiffsmodell in seinen Händen hielt, ließ Dominiques Mund trocken werden. Die Art und Weise, wie er mit seinen Fingerspitzen über die Rundungen und schnittigen Konturen des Modells fuhr - ganz so, als wollte er die auch noch so kleinste Unebenheit entdecken - verfehlten seine Wirkung auf Dominique nicht. Genauso wenig wie die Tatsache, dass ein so kleines Schiffchen diesen Mann so sehr in seinen Bann ziehen konnte, dass er die Welt um sich herum völlig vergaß.
    Dominique kannte und teilte dieselbe Faszination wie er. Diese Besessenheit, die sie gepackt hatte, als sie zum ersten Mal einen Fuß auf die elterliche Yacht gesetzt hatte, und die sie seit damals nicht losließ. Sie hatte sich sofort Hals über Kopf in das weite Meer und die Macht der Schiffe verliebt. Sie war quasi mit ihnen einen Bund fürs Leben eingegangen. Leidenschaft beschrieb nur unzulänglich ihre maritime Passion. Schon seit langem hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, auch bei anderen eine ähnliche Liebe wachzurufen oder ihnen zumindest einen Hauch ihrer eigenen Begeisterung zuteil werden zu lassen. Jedoch war sie mit ihrer Mission meist kläglich gescheitert. Silas war der Einzige, der ihre Faszination voll und ganz teilte.
    Mit aufgestützten Ellbogen studierte Mr. Hawksmoor die vor ihm ausgebreiteten Papiere. Auf Zehenspitzen schlich Dominique näher und versuchte, einen Blick auf die Zeichnungen zu erhaschen. Sie erkannte ein Schiff, das wie ein Zweimaster aussah. Mit winzigen Schritten arbeitete sie sich immer näher an den Fremden heran, bis sie so nah stand, dass sie über seine Schulter hinweg alles genau erkennen konnte.
    Auch wenn der Bug und das Achterschiff noch immer viel zu breit waren, glich dieser Entwurf in keinster Weise dem traditionellen Design seiner Fleetwing. Durch die flache Plattform des Rumpfes und die weiten Ausmaße der Segel hatte er einen Schoner entworfen, der nichts mit typisch britischen Schiffen gemein hatte, sondern sogar verdächtig amerikanisch wirkte. Und Silas hatte wirklich geglaubt, hier gäbe es keine feurigen, britischen Yachtsegler, die für amerikanische Einflüsse empfänglich waren.
    Ihrer Hoffnung wuchsen Flügel. »Mit einem über sechzig Meter langen Großmast wird sie bei mehr als zehn Knoten kaum noch zu steuern sein. Glauben Sie mir, mit losem Ballast würde sie kentern.«
    Obwohl Mr. N. Hawksmoor nicht den Kopf hob, lag mit einem Mal Anspannung in der Luft. »Fahren Sie fort«, forderte er sie mit leiser Stimme auf.
    Dominique stockte der Atem, und plötzlich verspürte sie den dringenden Wunsch, sich umzudrehen und davonzulaufen. Wie lächerlich; er wollte sie lediglich prüfen. Und sie war doch wohl Frau genug, nicht vor einer kleinen Prüfung zurückzuschrecken, oder? Dominique hob den Kopf. »Ihr Entwurf lässt keinen Spielraum für die kleinste Fehlberechnung.«
    »Muss er auch nicht.«
    Bevor Dominique Luft holen konnte, war Hawksmoor vom

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