Auf den Wogen des Glücks
hob plötzlich seinen Kopf und blickte geradewegs in Dominiques Richtung.
Silbrig. Seine Augen schimmerten silbrig. Es war jedoch kein kaltes Silber, sondern leuchtendes, heißes Silber. Dominique spürte, wie sich die innere Hitze bis in ihre Fußspitzen ergoss.
Die Mundwinkel des Fremden zogen sich leicht nach oben, was ihr einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte. Die Aufforderung in seinem Blick war nicht zu übersehen. Wie empörend!
Dominique versuchte nicht einmal, ihren Umhang, das Buch oder das Tablett einzusammeln. Sie stolperte nur ein einziges Mal auf dem Weg zur Tür - über einen Frack, den sie - so hoffte sie inständig - auf immer ruiniert hatte. Sie riss die Tür mit aller Kraft auf, sodass diese krachend gegen die Wand flog. Es war jedoch nicht der Widerhall der Tür, der sie verfolgte, während sie den Korridor hinunter und durch die Küche hindurch in den Schutz der Nacht hastete, sondern das Dröhnen seines Lachens und seine ruhige, vor Bosheit strotzende Stimme, als er sagte: »Machen Sie sich keine Sorgen, Marguerite, es war nur eine Magd.«
3
Die morgendlichen Nebelschwaden hatten gerade begonnen, sich zu lichten, als Dominique über die Landungsbrücke der Mischief ging und sich in einem Tempo, bei dem viele Männer Schwierigkeiten gehabt hätten, mitzuhalten, in Richtung Yachthaus aufmachte. Das Echo ihrer auf dem Kopfsteinpflaster verhallenden Schritte wurde von der Nebeldecke über ihr noch zusätzlich verstärkt. Es erinnerte sie daran, dass sie zu solch früher Stunde allein unterwegs war. Den Brief hielt sie in ihren behandschuhten Fingern. Nun, genau genommen war sie nicht wirklich die Einzige, die jetzt schon auf den Beinen war. Ein gewisser Mr. ... Sie öffnete hastig das Pergament und betrachtete die hingekritzelte Unterschrift am Ende des Briefes. Mr. N. Hawksmoor , Besitzer der von ihr persönlich besiegten Fleetwing. Ja, er war auch schon auf den Beinen. Ein schwer arbeitender Zeitgenosse, der nach der vernichtenden Niederlage vom Vortag seine Prioritäten neu geordnet haben musste. Kein anderer sonst würde ein geschäftliches Treffen um sieben Uhr in der Frühe anberaumen, um - wie hatte er es denn gleich formuliert? Dominique vergewisserte sich noch einmal im Anschreiben, das sie erhalten hatte - um ... unverzüglich zu einem Geschäftsabschluss zu kommen.
Sie unterdrückte ein Lächeln, indem sie die Lippen schürzte und stopfte den Brief wieder in ihre Tasche. Sie ließ ihre Schritte schneller werden. Für sie war es nicht weiter von Bedeutung, dass der Brief an Mister Willoughby adressiert war. Tüchtige Geschäftsmänner waren mit Sicherheit in der Lage, über eine so unwichtige Tatsache wie das Geschlecht eines Vertragspartners hinwegzusehen, also warum sollte ein Brite - selbst wenn er von dieser Frau im eigenen Land in die Knie gezwungen und blamiert worden war - anders sein?
Wenn Silas über die Briten sprach, leitete er seine Ausführungen mit dem Wort Bastard ein, weil die britischen Segler in der Regel Verachtung für alles Amerikanische hegten. Ihr Vater jedoch hatte eine ausgesprochen hohe Meinung vom männlichen Teil des Inselvolkes. Für ihn waren sie der Maßstab, an dem alle anderen gemessen werden sollten, vor allem die neureichen Amerikaner, in deren Kreise er die letzten fünfundzwanzig Jahre vergeblich versucht hatte, aufgenommen zu werden. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte er sich dann eine zielstrebigere Methode einfallen lassen, um seinen Status endgültig verbessern zu können. Er hatte still und heimlich den Plan ausgeheckt, Dominique mit einem Mann zu verheiraten, in dessen Adern angeblich englisches Aristokratenblut fließen sollte.
Wenn aber an diesem Morgen alles so lief, wie Dominique es sich vorstellte, würde ihr Vater schon bald verstehen, dass sie ihm am Ruder der Firma wesentlich nützlicher sein konnte, als unglücklich an der Seite eines britischen Snobs auf Barbados angekettet.
Mr. N. Hawksmoors Schreiben wies Mister Willoughby an, sich zu einem Treffen in seinen Räumen im zweiten Oberge-schoss des Yachthauses einzufinden. Mit hoch erhobenem Kopf und nach vorn geschobenem Kinn, das weit über den bogenförmigen Abschluss ihres Federhutes reichte, rauschte sie an den neben der Tür postierten Dienern vorbei und schritt die Treppe empor. Das Haus war eigenartig still, selbst die Bediensteten bewegten sich nahezu lautlos. Wahrscheinlich schliefen die Gäste noch tief und fest, was nicht verwunderlich war, denn bis
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