Auf den Wogen des Glücks
der Gräfin machten ihn stutzig. Es hatte den Anschein, als sei ihm etwas zwischen den Zeilen entgangen, das ihn in seinen Bann zog, wie es schon seit Jahren nicht mehr der Fall gewesen war. O Gott, war das lange her. Wieso lastete die Vergangenheit heute mit so ungewohntem Gewicht auf seinen Schultern?
Nicholas faltete den Brief wieder zusammen. Zwischen den Worten, den Zeilen verbarg sich etwas, da war er sich vollkommen sicher.
»Gütiger Gott, du machst ja ein unglaublich finsteres Gesicht. Die Gräfin war doch stets ein Garant für großartige Erfolge. Kannst du mir nicht wenigstens einen klitzekleinen Hinweis geben, wohin sie dich dieses Mal schickt? Ich schwöre hoch und heilig, dass ich zu niemandem ein Sterbenswörtchen sagen werde.«
»Das Katzenauge!«
Brittlesea schnappte deutlich hörbar nach Luft.
Nicholas verstaute den Brief in seiner Tasche. »Es scheint, als würde ich meine neuen Schiffe schon früher brauchen. Zumindest eines davon.«
»Ist das denn überhaupt machbar?«
Nicholas zog seine Augenbrauen hoch. »Warte ab, du hast noch nicht ihre Bekanntschaft gemacht.«
»Da hast du Recht. Ich bin schon sehr gespannt darauf, die junge Dame kennen zu lernen, die es schafft, Nicholas Hawksmoor so zu manipulieren, dass er bereit ist,...«
»Ich bin nicht von ihr manipuliert worden, und ich habe auch keine Lust, mit dir darüber zu diskutieren.«
»... eine Unsumme für noch nicht auf Hochseetauglichkeit getestete Schiffe auszugeben.«
»Ich hab dir doch erzählt, dass sie die verdammte Uberfahrt von New York in nur zwölf Tagen geschafft hat, mehr Beweise brauche ich nicht.«
»Du hast dich nur aus einem Grund auf diesen Vertrag eingelassen, nämlich, dass sie es geschafft hat, dich beim Rennen zu schlagen. Gib das doch endlich zu.« Die Worte zergingen Brittlesea nur so auf der Zunge.
»Nein, damit hat es rein gar nichts zu tun.«
»Du hast dir einen äußerst schlechten Zeitpunkt ausgesucht, um dir deinen Anteil von Vertrauen zu erwirtschaften, Nicholas. Aber um Gottes willen, du solltest den Kaufpreis der Schoner, der um fünfzig Prozent über dem Marktwert liegt, noch einmal gründlich überdenken. Wenn sich das herumspricht - und dazu wird es mit Sicherheit kommen - dann stehst du entweder als Verzweiflungstäter oder als Narr da, und ich kann mir nicht vorstellen, dass dir eine der Alternativen gefiele.«
»Sind die Verträge fertig?«
Brittlesea entwich ein lautstarker Seufzer. »Du weißt verdämmt genau, dass sie längst fertig sind, schließlich hast du sie samt Wechsel bereits unterschrieben.«
Nicholas' Hand verschwand kurz in seiner Manteltasche und holte eine Taschenuhr hervor, die er aufschnappen ließ. Sein Gesicht verfinsterte sich. »Sehr gut.«
»Nicholas, ich kenne dich nun schon seit über zwanzig Jahren. In all den Jahren hast du dich als wagemutiger Mann erwiesen, der zuschlug, wenn andere noch zögerten, der sich durchsetzte, wo alle anderen längst gescheitert sind. Du hast eine neue Bestmarke in puncto Courage und Tugend gesetzt, aber ich muss dir auch sagen, dass ich eine solche Rücksichtslosigkeit schon lange nicht mehr an dir erleben musste, genauer gesagt seit dem Tage, an dem du volljährig wurdest und mit diesem Schiff ausgelaufen bist, das dir diese ...« Brittlesea machte eine wegwerfende Handbewegung. »... diese Frau geschenkt hat.«
»Du kannst dich an Genevieve erinnern?«
»Wie könnte ich sie jemals vergessen? Du bist während eines Sturmes die Themse hinaufgefahren und mit einer vor Anker liegenden Admiralitätsflotte kollidiert.«
»Woraufhin sie mir ein neues Schiff gekauft hat.«
»Zum einen das, und zum anderen hat sie dich vor dem Gefängnis bewahrt, weil sie eine sehr enge und innige Beziehung zu diesem Admiral - ach was rede ich denn da - zur gesamten Mannschaft hatte. So zumindest munkelte man. Wenn ich mich recht entsinne, hast du in jenem Jahr erstmals das Rennen von Cowes gewonnen. Und ich meine auch zu wissen, dass sie mehr für dich getan hat, als dir nur Schiffe zu schenken, nicht wahr?«
»Mir wäre es lieber, du hättest ein nicht so gutes Gedächtnis.«
»Verdammt, Nicholas, denk noch einmal nach, bevor ...«
In dem Moment flog die Bürotür auf und Dominique Willoughby platzte herein, als wäre sie von einem warmen und wohlduftenden Windstoß getragen. Mit einem strahlenden Lächeln wirbelte sie, kurze Grußorte murmelnd, an Brittleseas Sekretär vorbei. Den drei Männern kam es vor, als hätte sich das Büro mit einem
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