Auf den Wogen des Glücks
nicht erklären, warum sie auf einmal nach Luft schnappen musste.
Als Hawksmoor sich wieder zu ihr umdrehte, erhaschte sie einen flüchtigen Blick auf sein Becken, bevor sie ihre Augen schnell zu seinem Gesicht wandern ließ. Sie schaute ihm direkt in die Augen. Hawksmoor lächelte und trat einen Schritt näher an sie heran.
»Wir haben hier ein Bermuda-Segel«, erklärte er ihr, nach der Zeichnung greifend. Dominique bot sich so die Chance, seine langen Finger zu studieren, während er das Blatt hielt. »Im Gegensatz zu den üblichen Mars-und Großsegeln, die ein Gaffelsegel und schwere Spieren am oberen Ende haben, sieht man einmal von den umständlichen Mastringen ab, hat das Einzelsegel die Form eines Dreiecks und kann ohne weiteres bis zum Ende des Mastes gehisst werden. Sehen Sie, was ich meine?«
»Ja«, gab sie mit säuselnder Stimme zurück, die sie selbst kaum als ihre eigene erkannte. Sie klang wie Marguerite damals in der Bibliothek.
»Es heißt zwar Bermuda-Segel, stammt in Wahrheit aber aus der Schweiz.«
Dominique benetzte ihre Lippen, ihr Mund fühlte sich mit einem Mal ungemein trocken an. Er stand viel zu dicht bei ihr. Oder war es der Raum, der viel zu klein war?
»Ich ...« Sie sah die exakt gebügelten Falten auf der Vorderseite seines Hemdes und fragte sich, wer zum Teufel Zeit und Muße hatte, ein Hemd mit solcher Präzision und Perfektion zu plätten. Ihr war, als vermischte sich der Geruch der Hemdstärke mit der von ihm ausgehenden Hitze. »Das wusste ich nicht.«
Hawksmoor legte seinen Kopf schräg und ihre Blicke trafen sich. Sein verführerisches Lächeln ließ sie weiche Knie bekommen. »Könnten Sie das noch einmal wiederholen?«, murmelte er mit leicht alkoholisiertem Atem.
Dominique blinzelte. »Ich...« Sie schluckte. »Was meinen Sie?«
Seine Augen verengten sich. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie jemals zugeben würden, etwas nicht zu wissen.« Mit einem neckischen Lächeln wandte er sich erneut der Zeichnung zu. »Ich überlege, ob ich mir ein solches Schiff als Vergnügungsyacht bauen lasse. Mit einer Länge von ungefähr dreißig Metern, damit ich sie auch allein segeln kann. Ich möchte gerne ab und an ein wenig herauskommen, um abzuschalten. Ich könnte im Sommer mit ihr nach Cowes segeln. Was meinen Sie?«
Dominique blickte in seine leuchtenden Augen und spürte, wie eine unerklärliche Traurigkeit sie überfiel. »Das ist eine bezaubernde Idee.«
Ein kurzes Klopfen ertönte an der Tür, im nächsten Moment stand Stone mit einem Silbertablett in den Händen im Raum. »Stellen Sie es auf den Tisch dort drüben«, wies Hawksmoor ihn an, ohne den Blick von Dominique abzuwenden. »Möchten Sie etwas trinken?«, fragte er sie, während er zum Tisch ging und nach der mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefüllten Kristallkaraffe griff. Der Klang der hinter Stone ins Schloss fallenden Tür hatte für Dominique etwas sehr Endgültiges.
Dominique rang nach Atem, als sie an den Tisch herantrat. »Ja, ich habe sogar großen Durst.«
Hawksmoor drückte ihr ein langstieliges Glas in die Hand und sah zu, wie sie es an ihre Lippen führte. »Trinken Sie langsam. Wenn ein Getränk fünfzig Jahre alt ist, sollte man es Schluck für Schluck genießen.«
Schnell setzte Dominique das Glas wieder ab, hatte aber bereits einen viel zu großen Schluck genommen. Tränen schössen ihr in die Augen, der rauchig-süße Abgang des Madeiras kitzelte ihr unangenehm in der Nase. »Fünfzig Jahre?«, keuchte sie.
Hawksmoors Lippen kräuselten sich. »Oder noch älter«, kam seine Antwort, als er sich umdrehte und sich selbst einschenkte. »Aus dem Rumpf eines portugiesischen Schiffes, das vor den Kanarischen Inseln gesunken ist, wurden mehrere Fässer dieses edlen Tropfens geborgen. Das Schiff gehörte zu einer Armada des portugiesischen Königs, die vor fünfzig Jahren mit Geschenken für das englische Königshaus auslief, aber bei einem Sturm sank.«
Dominique betrachtete das Lichtspiel der sich in ihrem Kristallglas brechenden Flammen, und sosehr sie sich auch bemühte, es wollte ihr einfach nicht gelingen, die Ehrfurcht in ihrer Stimme zu verbergen. »Sie haben die Fässer aus einem gesunkenen Schiff geborgen?«
»Nein, ich habe sie gestohlen.« Er schaute sie über den Rand seines Glases an, während er einen tiefen Schluck nahm. »Von Schmugglern, die sie wiederum von einem Bergungsschiff der portugiesischen Regierung entwendet hatten, ohne dass sie wussten, was für einen
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