Auf den Wogen des Glücks
gewesen waren. Nicht einmal hatte sie mit einer solchen Leichtigkeit reagiert, mit Gefühlen, die direkt aus dem Herzen kamen. Er starrte sie an, als habe er sie bis jetzt noch nie zu Gesicht bekommen oder als sei sie davongeflogen und habe ihn verwundet zurückgelassen. Seine Faszination stieg in Sekundenschnelle ins Unermessliche.
Über ihre Schulter hinweg bellte sie Nicholas etwas zu, das wie ein Befehl klang, und hakte sich dann seelenruhig bei Brittlesea unter. Die beiden spazierten gemeinsam in Richtung Heck, ohne sich noch einmal zu Hawksmoor umzudrehen. Mit der Reisetasche in der Hand und den beiden nachgaffend, setzte Hawksmoor an, etwas zu sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Eine Frau in Männerhosen stiftete nichts als Verwirrung, und zu allem Übel hatte Dominique sich die Hose so eng um die Taille gebunden, dass diese schmal und zierlich und ihr Gesäß dafür voll und rund wirkte. Ihr Gang erinnerte ihn an ein junges Rennpferd, und ihr zu einem langen Zopf geflochtenes haselnussbraunes Haar konnte einen Mann regelrecht hypnotisieren. Nicholas legte seinen Kopf auf die Seite, kniff die Augen zusammen und dachte über genau dieses Phänomen nach.
»Käpt'n, Sir, hätten Sie mal eine Minute Zeit, Sir?«
»Was gibt's denn, Meyer?«, gab Nicholas gedankenversunken zurück und verschärfte seinen Blick, konzentrierte sich noch mehr auf Dominique. Er würde schon noch hinter ihr Geheimnis kommen. Nun, zum einen hatte es sicherlich erst einmal mit der Körperform an sich zu tun, aber ihre wundervollen Rundungen waren nur ein Teil der Lösung. Es musste noch weitere Komponenten geben. Bewegung. Die Bewegungen der einzelnen Körperteile - ja, jetzt kam er der Sache schon bedeutend näher. Es hatte mit den Bewegungsabläufen zu tun und wie sich die einzelnen Körperteile proportional zueinander verhielten. Das musste es sein! Aber genau genommen hatte er bereits zahlreiche Frauen kennen gelernt, die noch schärfere Kurven und noch verführerischere Bewegungen an den Tag gelegt hatten als sie, und bei denen die Proportionen bis ins kleinste Detail stimmten. Seltsamerweise hatten diese Frauen ihn nie länger als nur eine Nacht interessiert.
»Die Flut setzt ein, Käpt'n. Sollen wir ablegen?«
»Gleich.« Körperliche Reize waren eine Sache, sie waren von niederer Motivation, rührten vom Instinkt her, waren leicht zu erzeugen und leicht zu befriedigen, aber eine geistige Faszination ... War es das überhaupt? Aber ja, was sonst sollte es denn sein? Diese geistige Faszination hatte sich erst nach fünfunddreißig Jahren bei ihm geregt, und in diesem Moment war er sich sicher, noch einmal dieselbe Zeit zu benötigen, um dieses Verlangen zu verstehen, es zu befriedigen ... wenn da nicht sein eiserner Wille wäre, es zu bezwingen.
Nicholas drückte Meyer die Reisetasche in die Hand, ohne jedoch seinen Blick von dem Pärchen zu nehmen, das in ein angeregtes Gespräch verwickelt in der Nähe des Achtersteven stehen geblieben war. »Hier, bringen Sie das in Miss Willoughbys Kabine.«
»Sir?«
»Die große Einzelkabine, vor dem Mast.«
»Aber das ist doch die Kapitänskabine, Sir.«
»Richtig, genau dort wird Miss Willoughby während der Fahrt wohnen.«
»Mit Ihnen zusammen, Sir?«
»Nein verdammt noch mal, ich nehme die Kabine dahinter.«
»Die Kabine des Maats, Sir?«
»Genau die.«
»Verstehe, Sir, dann stimmt es also doch.«
»Was?« Nicholas' Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Er reckte den Hals, um besser sehen zu können, wie Brittlesea Miss Willoughby in eine sehr innige Umarmung hineinzog. Sie legte ihre Hand auf seine Schulter und schloss die Augen, was bei Nicholas ein so starkes Gefühl der Sehnsucht hervorrief, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte. Ihm war, als habe ihm jemand ein riesiges Loch in die Tiefen seiner Seele gesprengt. »Was sagten Sie gerade, Meyer?«
»Die Mannschaft, Sir. Es stimmt also doch, was manche von ihnen sagen ... ich für meinen Teil habe nicht gedacht, dass etwas an den Gerüchten dran ist, aber jetzt...«
Verfluchter Brittlesea mit seinem Wohlstandsbauch und seinen großzügigen Einladungen, seinen vielen Rubinen und seinem verdammten Walzer. Der Teufel sollte Dominique holen. »Was faseln Sie da, was soll angeblich stimmen?«
»Es gibt bestimmt Männer, die fähig sind, einer Frau ... Obwohl ich nie dachte, dass Sie dazu gehören. Also, was ich eigentlich sagen will: Seitdem wir hier sind, haben Sie ihre Wünsche stillschweigend erfüllt, wie zum Beispiel
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