Auf den Wogen des Glücks
eines Piratenschiffes vorgekommen.
Wie die persönliche Gefangene eines besonders verdrießlichen Piratenkapitäns.
Oder wie eine Gefangene ihrer eigenen Unfähigkeit. Es war schon seltsam, wie schwer ihr eine normale Unterhaltung oder der Blickkontakt zu einem Mann fiel, nach etwas derartig ...
Zerstörerischem ? Nein, das traf es nicht ganz, denn eigentlich war nichts Schreckliches in seiner Kabine passiert, wenn man davon absah, dass ein Weinglas zu Bruch gegangen war. Belebendem? Ja, denn als sie auf dem Pult lag, waren in ihrem Inneren Türen weit aufgesprungen, die bisher verschlossen und verriegelt gewesen waren. Nachdem sie einige Tage kompletter Verwirrung durchlebt hatte, die von affektierten und bedeutungslosen Begegnungen mit ihm geprägt waren, war sie nun überzeugt davon, dass diese Türen nie hätten aufgestoßen werden sollen - sosehr sie sich es auch gewünscht haben mochte. Dominique war sich nicht sicher, ob diese Türen jemals wieder geschlossen werden konnten oder ob sie auch nur einen Schritt zurückgehen konnte.
Sie hatte an besagtem Abend eine bedeutende Schwelle übertreten, und in Bruchteilen einer Sekunde hatten sich sämtliche Regeln geändert, hatte sie eine Metamorphose durchgemacht. Genau wie Hawksmoor auch. Denn seit ihrer innigen Begegnungwar er seinem Ruf als berühmt-berüchtigte, dunkle und gefährliche Gestalt mehr als gerecht geworden. Er gab sich unnahbar, hatte stets üble Laune. Er legte eine unterkühlte Arroganz an den Tag und bürdete sich und der Mannschaft gnadenlos viel Arbeit auf, um dann die Abende allein hinter seiner verschlossen Kabinentür zu verbringen. Meyer hatte Dominique gegenüber fallen lassen, dass der Kapitän im Alleingang ein ganzes Fass Madeira geleert habe.
Und sie ... wenn sie doch nur die Rastlosigkeit verstehen könnte, die sie fest im Griff hatte, und die ihr sowohl den Appetit als auch die Nachtruhe geraubt hatte. Des Nachts wälzte sie sich im Bett, tagsüber marschierte sie an Deck auf und ab. Wenn sie doch wenigstens nachvollziehen könnte, warum sie ihm und seinem Verhalten gegenüber keinerlei Wut empfand, denn im Grunde müsste sie zornig auf ihn sein. Sehr zornig sogar. Was sie ihm gegenüber aber stattdessen verspürte, war eine gewisse Neugier. Weshalb nur kam ihr Blut in Wallung, wenn sie ihm zuschaute, wie er mit freiem, schweißüberströmtem Oberkörper Segel setzte und Taue zusammenrollte. Sie wusste, dass sie eine neugierige Person war, das war eine ihrer Schwächen. Aber wo nur war ihre Selbstgerechtigkeit geblieben? Ihre Empörung? Warum konnte sie noch immer seine Lippen schmecken und seine Hände auf ihrer Haut spüren, wenn sie sich ihn tagsüber anschaute und anschließend des Nachts wach im Bett lag. Welcher Teil in ihr wollte noch mehr Küsse und Berührungen?
Blitzschnell wandte sie ihre erhitzten Wangen der kühlenden Gischt zu. »Als kleines Mädchen bin ich schon einmal auf Teneriffa gewesen.«
»Dort, wo wir hinsegeln, waren Sie aber bestimmt noch nicht, Miss.«
Sein seltsamer Unterton ließ ihren Kopf herumwirbeln, aber Meyer war nirgends mehr zu sehen. Stattdessen fiel ihr Blick auf das Achterschiff mit Hawksmoor auf dem Steuerstand. Er hatte ihr den Rücken zugekehrt und war in ein Gespräch mit einem jungen Gehilfen vertieft. In den vergangenen Tagen hatte sich ihr oft die Gelegenheit geboten, seinen Rücken zu studieren. Es war ein Ding der Unmöglichkeit, doch sein Rücken schien in der Zwischenzeit noch breiter und seine ganze Person größer geworden zu sein. Wie vom Blitz getroffen wurde ihr klar, dass selbst das größte Schiff zu klein war, wenn zwei Personen versuchten, einander aus dem Wege zu gehen.
Der Himmel erzitterte durch ein lautes Donnern, und der Wind begann zu heulen. Hawksmoor blickte um sich, und ihre Blicke trafen sich in der aufgeladenen Luft. Seine versteinerten Gesichtszüge zeigten keinerlei Reaktion. Er rief einen Befehl aus, jedoch nicht das Reffen der Segel, wie sie vermutet hatte. Er nahm eine Kursänderung vor, um günstiger am Wind zu segeln.
Hawksmoor war dabei, einen Fehler zu begehen, denn mit unzureichendem Ballast würde nur ein Dummkopf - oder ein mutiger und von sich selbst überzeugter Mann - mit voll gesetzten Segeln in einen Sturm hineinfahren.
Dominique schürzte die Lippen. Wann zum Teufel würde sie endlich damit aufhören, ihm einen Heiligenschein aufzusetzen? Mit geballten Fäusten jagte sie ihre Vorsicht und zwei Tage voller Angst in den Wind und setzte
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