Auf den zweiten Blick
Worte wirklich auszudrücken vermochten, wie innig Alex und ich verbunden waren, wie abhängig wir voneinander waren. Ophelia lächelte. »Keine ansteckenden Krankheiten, viermal pro Nacht, und er hat dich noch nicht betrogen. So, wie ich es sehe, hat dieser Mann nur einen Fehler.«
Ich hatte mich auf den Ellbogen gestützt. »Und welchen?«
»Er hat dich genommen, nicht mich.«
Alex’ Stimme rief mich in die Gegenwart zurück. Er war Ophelia holen gegangen, und jetzt standen beide an der Schwelle und betrachteten mich. Ophelia trug ein Kleid von mir, das ich noch nicht einmal gesehen hatte, etwas Grünes, das sie umflatterte und ihre Augen zum Funkeln brachte. Ihre Füße standen keine Sekunde still, so freute sie sich auf den Abend in einem exklusiven Restaurant. Wie sie sich so an Alex’ Arm festhielt, wirkten die beiden hundertprozentig wie ein Paar.
Ophelia musterte mich von Kopf bis Fuß. »Mein Gott«, sagte sie, »du siehst phantastisch aus.«
Ich knetete verlegen die Finger; ich wußte immer noch nicht, wie ich auf solche Komplimente reagieren sollte. »Du auch«, sagte ich.
Ophelia schmunzelte und schaute Alex an. »Wen von uns meinst du?« Ich lachte. »Alle beide.«
John wartete schon an der Haustür auf uns und führte Ophelia am Arm die Stufen hinunter, als habe er sie nicht erst vor wenigen Stunden auf dem Grundstück aufgegriffen. Er öffnete die hintere Tür das Range Rovers und half erst Ophelia, dann mir hinein. »Mal ehrlich«, murmelte Ophelia, »bringt er dich auch aufs Klo, wenn du mußt?«
Alex drückte sich neben uns in den Wagen. »Also, meine Damen, ich hoffe, Sie haben bereits gegessen.«
Ich warf Ophelia einen kurzen Blick zu, aber sie zog bloß die Brauen hoch. »Ich dachte, wir gehen jetzt zum Essen«, sagte ich.
»Das tun wir auch«, bestätigte Alex. »Aber das heißt nicht, daß ihr viel Gelegenheit haben werdet, etwas zu essen.« Er wandte sich an Ophelia, als wolle er sie warnen, worauf sie sich eingelassen hatte. »Unglücklicherweise hast du mich eingeladen, und wenn ich mit am Tisch sitze, wird fast jedes Essen zum Spektakel.«
Ophelia reckte das Kinn vor und bedachte Alex mit einem blendenden Lächeln. »Genau darauf hoffe ich.«
Zu Alex’ angenehmer Überraschung schaffte er sogar die Vorspeise, bevor ihm jemand zu unserer Hochzeit gratulieren wollte. »Danke, Pete«, sagte er. »Ich möchte dir meine Frau Cassie vorstellen…« – er legte mir die Hand auf die Schulter – »und ihre Freundin Ophelia Fox. Ophelia macht sich gerade einen Namen in der Branche.« Alex machte eine winzige Pause. »Und Pete ist ein großes Tier bei Touchstone.«
Unter dem Tisch drückte ich Alex’ Bein, um ihn wissen zu lassen, wieviel es mir bedeutete, daß er sich trotz allem, was Ophelia getan hatte, soviel Mühe gab, ihr zu helfen. Er beugte sich zu mir herüber und gab mit einen Kuß auf den Hals. »Fang nichts an, was du hier nicht zu Ende bringen kannst«, flüsterte er.
Ophelia hielt uns mit einem pausenlosen Monolog auf dem laufenden, welche Prominenten gerade ins Restaurant kamen und wer was zum Nachtisch bestellte. »Ich sag’s euch«, meinte sie versonnen, »wenn ich groß rauskommen will, sollte ich mich hier auf einem Stuhl festleimen und alle an mir vorbeiparadieren lassen.«
Alex aß die drei Shrimps, die ich auf meinem Teller übriggelassen hatte. »Ich will dir nicht den Spaß verderben«, sagte er, »aber so ruhig habe ich es bei Nicky Blair’s noch selten erlebt.« Als sei das seine Schuld, lächelte er Ophelia reumütig an. »Wir kommen irgendwann noch einmal her«, versprach er.
Jedesmal wenn Ophelia das Gespräch auf die Filmbranche bringen wollte oder auf irgendeinen Studioboß hinwies, lenkte Alex die Unterhaltung zu mir zurück. Er erwähnte, wie sehr ich ihn bei den Dreharbeiten mit meinen Fähigkeiten beeindruckt hätte, worauf Ophelia lediglich die Brauen hochzog und fragte: »Was für Fähigkeiten genau?« Er erzählte Ophelia, daß ich zur außerordentlichen Professorin ernannt worden war, was ich ihr vor drei Tagen selbst gesagt, sie aber offenbar nicht mitbekommen hatte. Jetzt sprang sie aus ihrem Stuhl, warf mir die Arme um den Hals und bestellte beim Ober eine zweite Flasche Champagner.
Vielleicht war es das aufrichtige Interesse, das sie an meinem beruflichen Aufstieg zeigte; vielleicht war es einfach so, daß unser Besuch viel weniger Aufsehen erregte, als Alex befürchtet hatte. Aber zu meiner Erleichterung tauschten Alex und Ophelia
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