Auf den zweiten Blick
nach dem Essen bereits die neuesten Qualy-Witze aus, schmierten sich gegenseitig Honig um den Bart und äfften abwechselnd berüchtigte Arschlöcher in der Filmbranche nach. Alex bestand darauf, die Rechnung zu bezahlen, was mir von Anfang an klar gewesen war und was auch Ophelia - glaube ich - von Anfang an klar gewesen war. Sie stand auf und hielt sich an der Rückenlehne ihres Stuhles fest. »Puh«, sagte sie, »die zweite Flasche ist mir ganz schön zu Kopf gestiegen.«
Es überraschte mich nicht, daß Ophelia beschwipst war - ich hatte höchstens zwei Gläser Champagner gehabt, und Alex hatte ausschließlich Wasser getrunken. Alex legte ihr den Arm um die Taille, um sie zu stützen, lächelte mich dann an und nahm mich an der Hand.
Als er aus dem Restaurant trat, hatte er den Arm um eine blendend aussehende Frau gelegt und zog mich halb hinter sich her. Und deshalb bemerkte ich im ersten Augenblick die Fotografen und die grellen, schwarzen Flecken nicht, die die Blitzlichter vor meinen Augen tanzen ließen.
»Verdammt noch mal«, knurrte Alex und riß mich an seine Seite, so daß ich im Rampenlicht stand und mich nicht in den Hintergrund drücken konnte, wie ich es instinktiv tun wollte. Er ließ Ophelia sofort los, aber er war bereits auf Film gebannt, mit einer Frau im Arm, mit der er nicht verheiratet war.
»Genau der Mist, den ich nicht brauchen kann«, sagte er zu niemand Bestimmtem. Ich wußte, was ihm durch den Kopf ging, was jede Klatschkolumne im ganzen Land über diese kleine menage á trois melden würde. Mir war klar, wie sich das auf sein blankpoliertes, makelloses Image auswirken konnte.
DIE FLITTERWOCHEN SIND VORBEI. ALEX RIVERS’ GEHEIMES LIEBESLEBEN, ZWEI ZUM PREIS VON EINER. Schlagzeilen schössen mir durch den Kopf, und ich preßte mir die Finger vor die Augen, als könne ich mich so vor den Blitzen der Kameras und der Tatsache abschirmen, daß mein Name nur drei Wochen nach unserer Hochzeit durch den Schmutz gezogen würde. Ich spürte, wie sich Alex’ Arm unter meinen Fingern anspannte, und streichelte sein Handgelenk. Es war ein dummer Zufall, wollte ich ihm damit sagen. Das konnte niemand vorhersehen.
Erst jetzt fiel mir Ophelia wieder ein, die vor einer Minute noch zu beschwipst gewesen war, um allein stehen zu können. Ich schaute zu Boden, weil ich halb erwartete, sie dort liegen zu sehen, aber sie stand neben Alex, groß und aufrecht und mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. Sie klammerte sich unbeirrt an seinem Arm fest, selbst als er versuchte, sie abzuschütteln.
Und da begriff ich, daß sie alles geplant hatte.
Ich hatte Ophelia verziehen, als sie meine Perlenkette für eine Premierenvorstellung ausgeliehen und sie auf dem Rücksitz der Limousine irgendeines Regisseurs verloren hatte. Ich hatte ihr verziehen, als sie mich nach einer Wurzelbehandlung beim Zahnarzt sitzen ließ, weil sie für eine Rolle vorsprechen mußte, die sie dann nicht einmal bekommen hatte. Ich hatte ihr verziehen, als sie ihre Miete nicht zahlen konnte, weil sie sich für einen transzendentalen Yogakurs gegen Streß anmelden mußte; ich hatte ihr verziehen, als sie mir erklärt hatte, ich sei nicht schick genug, um mit ihren Schauspielerfreunden durch die Clubs zu ziehen, und daß sie meinen Geburtstag beinahe jedes Jahr vergessen hatte. Aber als ich sah, wie es in Alex kochte, wie er mich mit einem Arm vor den unausweichlichen Unterstellungen abzuschirmen versuchte, da wußte ich, daß ich ihr das hier nie verzeihen würde.
Alex murmelte, daß er John und das Auto suchen wolle. Sobald er weg war, packte ich Ophelia und riß sie herum. Noch während sie sich umdrehte, beobachtete sie die Reporter, die Alex, ihr populäres Opfer, verfolgten. »Wie konntest du nur?«
Ophelia zog die Brauen hoch. »Wie konnte ich was?«
Ich kniff die Augen zusammen. In den zehn Jahren, die ich Ophelia inzwischen kannte, hatte ich immer wieder den Kopf für sie hinhalten müssen, und ich hatte mich nie deswegen beklagt. Aber das war, bevor sie mich, bevor sie meinen Ehemann absichtlich verletzte. »Du hast ihnen erzählt, daß wir herkommen würden. Du hast Alex benutzt.«
Ophelia preßte die Lippen zusammen. »Hast du mir das nicht selbst geraten, Cassie?«
Ihre Antwort ließ meine Wut versiegen. Ja, aber, wollte ich sagen, doch nicht so. Du solltest ihn doch nicht reinlegen. Du solltest doch nicht mich benutzen. »Er fing gerade an dich zu mögen«, sagte ich ruhig.
Ophelia verdrehte die Augen. »Wenn
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