Auf den zweiten Blick
ich mit.«
Sie legte ihre Finger in Alex’ Hand und beobachtete, wie sich seine Miene schlagartig aufhellte. Die senkrechte Sorgenfalte zwischen seinen Brauen glättete sich, die zusammengekniffenen Lippen entspannten sich zu einem Lächeln, und seine Augen begannen zu strahlen. Sie brachten den ganzen Raum zum Leuchten, und Cassie stockte der Atem. Er will mich, dachte sie. Mich.
Alex Rivers ließ ihre Hand los und legte seinen Arm um ihre Taille. »Wenn deine Erinnerung nicht zurückkommt«, flüsterte er ihr zu, »dann sorge ich eben dafür, daß du dich ganz von neuem in mich verliebst. Ich fliege mit dir nach Tansania und bringe deine ganzen Knochenfunde durcheinander, und du kannst eine Schaufel nach mir werfen…«
»Ich bin Anthropologin?« schrie sie.
Alex nickte. »So haben wir uns kennengelernt.«
Sie platzte fast vor Glück. Ihre Hand. Es war also doch ihre Hand; und wie durch ein göttliches Wunder schien Alex Rivers sie zu lieben und…
Will. Sie drehte sich um, sah ihn ein paar Schritte entfernt stehen und löste sich aus Alex’ Arm. »Ich bin Anthropologin«, sagte sie lächelnd.
»Das habe ich gehört«, erwiderte er. »Wie wahrscheinlich halb L. A.«
Sie strahlte ihn an. »Tja. Vielen Dank.« Sie zog die Brauen hoch. »So ein Ende hätte ich bestimmt nicht erwartet.« Sie streckte erst die Hand aus und schlang ihm dann überschwenglich die Arme um den Hals. Will schaute über ihre Schulter und registrierte, wie Alex Rivers’ Blick für einen Sekundenbruchteil eisig wurde.
Er löste Janes - Cassies - Arme und hielt sie fest, während er ihr heimlich den Zettel in die Hand drückte, auf den er seine Adresse und Telefonnummer geschrieben hatte. Er beugte sich vor und gab ihr einen Kuß auf die Wange. »Falls Sie jemals irgendwas brauchen«, flüsterte er, dann ließ er sie los.
Cassie stopfte den Zettel in die Jackentasche und dankte ihm noch einmal. Anscheinend lebte sie wie eine Märchenprinzessin. Was sollte sie schon brauchen?
Alex wartete geduldig am Eingang. Er nahm Cassies Gesicht in beide Hände. »Du weißt ja nicht…« Ihm versagte die Stimme. »Du weißt ja nicht, wie schrecklich es war, dich zu verlieren.«
Cassie starrte ihn an, nahm seine Angst in sich auf. Auch sie fürchtete sich, aber das schien plötzlich nebensächlich. Instinktiv lächelte sie Alex an. »Es war ja nicht lang«, beruhigte sie ihn leise. »Und ich war nicht weit weg.«
Cassie beobachtete, wie Alex’ Schultern erleichtert herabsackten. Erstaunlich - sobald er sich beruhigte, fühlte sie sich ebenfalls besser.
Alex warf einen Blick hinaus auf die drängelnden Reporter. »Das wird ziemlich unangenehm werden«, entschuldigte er sich. Dann hakte er sich fest bei ihr ein und schob die schwere Tür auf.
Das Gesicht mit einer Hand abgeschirmt, bahnte er ihnen einen Weg durch die wachsende Meute von Paparazzi und Kameraleuten. Cassie hob wie betäubt den Blick, nur um erst in ein riesiges Gesicht und dann in ein grelles Blitzlicht zu starrten. Der Schreck schnürte ihr die Kehle zu, und, derart geblendet, hatte sie keine andere Wahl, als ihr Gesicht an Alex’ Brust zu bergen. Sie spürte, wie er ihren Arm fester hielt, spürte sein Herz unter ihrer Schulter und vertraute sich ganz und gar diesem starken Fremden an - ihrem Ehemann.
4
Das Apartment in Malibu war für sein natürliches Bühnenlicht berühmt. Es hatte zweiundneunzig Fenster nach Osten, Westen und im Dach, so daß einen die Sonne, wo man auch stand, immer ins Rampenlicht stellte. Alex stand vor einem riesigen Panoramafenster im weichen Gegenlicht und strich mit dem Daumen über den Rand einer ovalen, mit Intarsien verzierten Schachtel aus Ahornholz. »Die hast du in Lyon gekauft, glaube ich«, erklärte er Cassie, die auf einem Zweisitzer von der Farbe eines Errötens saß. Als er vor ihr auf die Knie sank und ihre Hand nahm, schnappte sie unwillkürlich nach Luft. Als sei eine Filmfigur von der Leinwand gesprungen und kniete plötzlich in Fleisch und Blut vor ihr.
Es war seltsam, einen Fremden vor sich zu sehen und zu wissen, daß man mit ihm gefrühstückt hatte, daß man die Füße an seinen Beinen gewärmt und ihm in einem weichen, warmen Bett Geheimnisse ins Ohr geflüstert hatte. Cassie wünschte, sie könnte bei dieser Scharade mitspielen, aber das konnte sie nicht. Alex war der Schauspieler, nicht sie; sie war sich der Aura, die sie umgab, schmerzlich bewußt – sie war wie ein bläuliches Magnetfeld, das sie beide auf Abstand
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