Auf den zweiten Blick
begrüßen würde. Ich genoß es, ihm einen Gutenachtkuß zu geben und zu wissen, daß uns jemand dabei beobachtete. Zum ersten Mal in meinem Leben benahm ich mich wie ein Teenager.
Alex zog mich in seine Arme. »Ich habe eine Überraschung für dich«, flüsterte er mir ins Ohr. »Wir gehen auf Safari.«
Augenblicklich löste ich mich von ihm und sah ihn mit großen Augen an. »Was machen wir?«
Alex lächelte. »Eine Safari. Du weißt schon, mit Löwen und Tigern und Bären, Safarihelmen und Elfenbeinwilderern. Mit allem Drum und Dran.«
»Niemand wildert mehr Elfenbein«, widersprach ich. »Wenn überhaupt noch geschossen wird, dann mit der Kamera.«
Alex stand auf und zog mich hoch. »Ich für mein Teil habe in letzter Zeit genug Kameras gesehen. Ich werde mich mit dem bloßen Anblick begnügen.«
Ich folgte ihm und sah schon die weite Serengeti und die langsam dahinziehenden Herden vor mir, die die Luft aufwirbelten. Ein einsamer schwarzer Jeep wartete unten vor der Veranda, und ein schmächtiger Afrikaner mit strahlend weißem Lächeln reichte mir die Hand, um mir beim Einsteigen behilflich zu sein. »Cassie«, stellte Alex ihn mir vor, »das ist Juma.«
Juma fuhr uns eine Stunde lang ins Landesinnere von Tansania, schaukelte uns über Gestrüpp und Schlaglöcher, die nie als Straße gedacht gewesen waren. Im Schatten eines kleinen Haines hielt er an. »Wir warten hier«, verkündete er, dann holte er eine blaukarierte Decke aus dem Jeep und breitete sie für uns im Gras aus.
Die Ebene verschwamm am Horizont in blassem Lila, und der Himmel über uns war blau in des Wortes wahrem Sinn. Ich lag auf dem Rücken. Neben mir hatte sich Alex auf einen Ellbogen gestützt, damit er mich ansehen konnte. Auch daran mußte ich mich erst gewöhnen - seine konzentrierte Aufmerksamkeit. Manchmal starrte er mich an, als wolle er jede Bewegung, jede noch so leise Veränderung registrieren. Als ich ihm erklärte, daß mir das unangenehm war, zuckte er nur mit den Achseln. »Willst du mir allen Ernstes erklären, du würdest mich nie beobachten?« hatte er gesagt, und natürlich hatte ich über diese Vorstellung lachen müssen. »Siehst du, und ich kann nicht anders, als dich zu beobachten.«
Seine Augen begannen an meinem Haaransatz und wanderten dann langsam über meine Nase, meine Wangen, meinen Hals und meine Schultern. Sein Blick wärmte meine Haut, als würde er mich tatsächlich berühren. »Vermißt du Maine manchmal?« fragte er.
Ich blinzelte in die Sonne. »Nicht oft. Ich bin schon mit siebzehn an die Uni in Kalifornien gekommen.« Ich verstummte und überlegte, wieviel ich mit dieser Antwort verschwiegen hatte. Alex hatte mir zwar die Wahrheit über seine Familie offenbart, aber ich hatte ihn noch nicht in meine Geheimnisse eingeweiht. In den letzten Wochen hatte ich hundertmal mit dem Gedanken gespielt, ihm alles zu erzählen, aber zwei Dinge hatten mich davon abgehalten. Erstens fand ich nie den geeigneten Augenblick. Und zweitens hatte ich immer noch Angst, ich könnte ihn damit verscheuchen.
Die Sonne fütterte durch die daumennagelgroßen Blätter des Baumes, unter dem wir saßen, und überzogen Alex’ Beine mit einem Schatten wie geklöppelte Spitzen. Wenn ich ihm alles erzählte und er die Flucht ergriff, dann war das auch nicht zu ändern; schließlich hatte ich mir von Anfang an immer wieder gesagt, daß diese Romanze nirgendwohin führen würde. Was würde er wohl tun, wenn der Film abgedreht war? Mit jemandem wie mir im Arm nach L. A. zurückfliegen und seinen Glitzerfreunden erklären, daß ich die Frau seiner Träume sei?
»Alex…«, sagte ich unsicher. »Weißt du noch, wie ich dir erzählt habe, daß meine Eltern eine Bäckerei hatten?«
Das war alles, was ich ihm bisher erzählt hatte, selbst als er unbedingt mehr über mich erfahren wollte. Es war das einzige, was ich gefahrlos erzählen konnte. Alex nickte und hielt sein Gesicht in die Sonne. »Du hast beim Meringebacken geholfen.«
Ich schluckte. »Ich hab’ meiner Mutter auch beim Aufstehen geholfen, wenn sie weggetreten war.« Ich blickte Alex fest in die Augen, weil ich genau sehen wollte, wie er auf meine Worte reagierte. »Sie war eine Alkoholikerin«, sagte ich. »Eine Südstaatenlady bis ins Mark, aber eine Alkoholikerin.«
Jetzt sah er mich an, aber ich konnte seine Miene nicht deuten. »Und dein Vater?«
Ich zog die Schultern hoch. »Er hat mir gesagt, ich soll mich um sie kümmern.«
Ganz langsam kam seine Hand auf mich
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