Auf den zweiten Blick
zu, bis sie meine Wange umfaßte; sie brannte noch heißer auf meiner Haut als die Scham. »Warum erzählst du mir das?« fragte er.
»Warum hast du es mir erzählt?« flüsterte ich.
Alex nahm mich in die Arme und hielt mich so fest, daß ich seinen Herzschlag nicht von meinem unterscheiden konnte. »Weil wir zwei zusammengehören. Du bist dazu da, um auf mich aufzupassen, und ich werde auf dich aufpassen.«
Erst widerstrebte mir der Gedanke, aber dann überließ ich mich dem Trost, den er mir anbot. Es war schön, wenigstens vorübergehend nicht alles unter Kontrolle haben zu müssen. Es war schön, beschützt zu werden, statt immer nur alle anderen beschützen zu müssen.
Wir fuhren beide hoch, als wir den Donner hörten. Aber am Himmel war keine Wolke zu sehen. Plötzlich tauchte Juma mit einem Feldstecher neben uns auf. »Da drüben«, deutete er, und was als graue Wolke am Horizont schwebte, wurde langsam zu Fleisch und Blut.
Besonnen zogen die Elefanten vorüber, schweren Schritt um schweren Schritt. Ihre Haut schien älter als Pergament, und ihre Augen blinzelten müde durch den Staub. Ab und zu hob einer den Rüssel und trompetete eine hohe, ansteigende Fanfare.
Minuten später folgte eine Giraffenherde, deren Ohren sanft über den tiefblauen Himmel zu streichen schienen. Ich hörte, wie Alex den Atem anhielt, als eine sich aus der Gruppe löste und auf uns zukam. Ihre Beine knickten sanft in den Knien ein und trafen wie lange Stelzen Meter entfernt wieder auf. Das Fell war gelb wie Karibiksand und am Rücken und Hals gefleckt. Die Giraffe steckte ihren Kopf in den Baum über uns und probierte die Blätter.
Dann fingen die Elefanten an, wütend zu trompeten und durcheinanderzulaufen, als seien sie auf einer Varietebühne; die Giraffen eilten mit hochfliegenden Beinen über die Ebene. Als ich nichts mehr außer dem Rascheln des Windes im hohen Gras wahrnahm, hörte ich das unverkennbare Brüllen eines Löwen.
Er bewegte sich mit der lässigen Eleganz eines Siegers, und seine Mähne stand wie ein feuriger Ring um sein Gesicht. Ein paar Schritte hinter ihm folgte eine Löwin, dünner, schlanker, immer in seinem Schatten. Sie blickte auf, mit geisterhaften, meergrünen Augen, und entblößte lautlos die Zähne. Alex’ Hand drückte meine.
Die Löwen verharrten kurz, bis sie unseren Geruch in der Luft ausgemacht hatten. Dann zogen sie weiter über die Ebene, jetzt Schulter an Schulter. Ich fragte mich, ob diese Tiere ihr ganzes Leben mit einem Partner zusammenlebten. Der Wind teilte sich vor ihnen, und so leise, wie sie gekommen waren, verschwanden sie wieder. Einen Augenblick starrte ich auf den Fleck, auf dem sie gestanden hatten, und versuchte zu begreifen, wie ein so elegantes Wesen zugleich so grausam sein konnte.
»Sollen wir nicht hierbleiben?« fragte Alex leise. »Wir bauen uns eine Hütte am Rand der Ebene und schauen den Löwen zu, die durch unseren Hinterhof ziehen.«
Ich lächelte ihn an. »Okay. Deinen Oscar kannst du ja über Satellit entgegennehmen.«
Wir legten die Decke zusammen und kletterten hinten in den Jeep. Alex’ Bein drückte sich von der Hüfte bis zum Fuß an meines. Juma drehte den Zündschlüssel um und schaukelte uns über den vernarbten Boden nach Hause.
Am Set hatte John einen Jeep und einen Picknickkorb mit gebratenem Hähnchen und frischem Brot für uns bereitgestellt. Alex und ich saßen eine halbe Stunde in gemütlichem Schweigen vor dem Zelt, während die untergehende Sonne in unseren Kragenränder schmolz und den Boden zwischen uns aufheizte. Es war Anfang September, und es war grausam heiß. »Weißt du, was mir fehlt?« sagte ich. »In Kalifornien?« Alex schüttelte den Kopf. »Mir fehlen die Jahreszeiten. Mir fehlt der Schnee.« Ich schloß die Augen und versuchte mir in der brütenden Hitze vorzustellen, wie meine Fingerspitzen vor Kälte blau anliefen, wie die ersten Schneeflocken des Winters an meinen Wimpern hängenblieben.
»Eines meiner Häuser steht in Colorado«, sagte Alex. »In der Nähe von Aspen. Im Winter fahren wir hin. Ich bringe dich in den Schnee.«
Ich sah ihn an. Ich fragte mich, ob wir im Winter noch zusammen seien. Der Löwe kam mir in den Kopf, der leise durch das raschelnde Gras gezogen war, gefolgt von seiner Löwin. »Ja«, antwortete ich. »Das würde mir gefallen.«
Ich wußte, daß auch er an die Löwin dachte, und an die anderen Tiere, die mit ihren schweren Schritten den Boden zum Beben gebracht hatten. Als die Sonne hinter
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