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Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Titel: Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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hatte sich herausgestellt, dass er schwul war. – Linda und Marlene waren mir gefolgt.
    »Das ist aber unhöflich, nicht zurückzurufen«, sagte Linda. »Man wartet und wartet und fragt sich, was man falsch gemacht hat – so was tut weh, weißt du?«
    »Ja, aber nur, wenn man miteinander im Bett war und dem anderen schon fünfmal auf die Mailbox gesprochen hat«, sagte ich gereizt.
    »Achtmal«, korrigierte Linda mich. »Ich habe Marco achtmal auf die Mailbox gesprochen.«
    »Das war vielleicht einmal zu viel«, murmelte Marlene.
    Linda schüttelte den Kopf. »Achtmal in drei Tagen – und immer nur ganz kurz! Das ist doch nicht zu viel. Und ich habe ihm keine Vorwürfe gemacht, immer nur Ich-Botschaften gesendet. Allmählich mache ich mir wirklich Sorgen – vielleicht ist ihm etwas zugestoßen. Wir kennen uns ja erst so kurz, niemand würde mich verständigen, wenn er irgendwo auf einer Intensivstation liegen würde.« Sie schniefte.
    »Aber das letzte Mal hat er sich doch auch vier Tage nicht gemeldet«, erinnerte ich sie, froh, dass wir endlich nicht mehr über mich sprachen.
    »Ja, aber da war er beruflich im Ausland und konnte seine Mails nicht abrufen, und das Handy funktionierte auch nicht … und dann ist noch seine Mutter krank geworden …«
    »Ich bin ja immer ein wenig misstrauisch, wenn Leute gleich mehrere Ausreden auftischen«, sagte ich vorsichtig.
    »Wo im Ausland war er noch gleich? Im Kongo?«, fragte Marlene.
    »Nein, Österreich«, sagte Linda. »Wieso?«
    In diesem Augenblick begann mein Handy erneut zu klingeln, und ehe ich es verhindern konnte, hatte Marlene sich meine Handtasche geschnappt und es herausgefischt.
    »Untersteh dich«, rief ich noch, aber da hatte sie den Anruf schon angenommen. »Eine Sekunde«, flötete sie und hielt mir das Telefon entgegen. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als »Hallo« zu sagen. Dabei schaute ich Marlene zornig an, aber sie lächelte nur.
    »Mathias Lenzen. Stör ich gerade?«
    »Ähm, nein, gar nicht, das Handy lag nur … auf dem Schreibtisch meiner Kollegin, deshalb … ähm … hallo … noch mal.« Ich schlug mir mit der Hand gegen die Stirn. Marlene formte mit den Lippen deutlich das Wort »Lo-go-pä-de«, und Linda runzelte besorgt die Stirn. Ich wanderte mit dem Telefon in die Küche, auch wenn der Empfang hier etwas schlechter war. Linda und Marlene folgten mir auf dem Fuß. Sie waren schrecklich. Ich machte scheuchende Handbewegungen und drehte ihnen den Rücken zu.
    »Tut mir leid, das mit der SMS gestern, das war unmöglich«, sagte ich, wobei ich mir jedes Äh verkniff und mich bemühte, die Pausen in dem Satz auf ein Minimum zu beschränken. »Normalerweise lästere ich nicht so über meine Seminarteilnehmer, nur in Ausnahmefällen.«
    »Wenn sie so doof sind wie gestern.« So eine nette, warme Stimme. Würde er in einem Callcenter arbeiten, würde ich ihm sicher eine Heizdecke abkaufen. Oder ein Los-Abo.
    »Genau. Ich meine, nein, so doof waren sie nun auch wieder nicht, nur ein bisschen arrogant und besserwisserisch und … Ach verdammt, ich mache es nur schlimmer, oder?«
    »Ja.« Er lachte. »Ich kann die meisten davon auch nicht ausstehen.« Was war das für ein Klicken? Schrieb er etwa nebenher eine Mail? »Weshalb ich aber eigentlich anrufe …«
    »Ja?« Wieso machte er eine Pause?
    »Ich bin an diesem Wochenende in Köln. Und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie Zeit hätten, mit mir einen Kaffee zu trinken. Oder ein Glas Wein, je nachdem.«
    Oh. Ich war froh, dass Marlene und Linda mein Gesicht nicht sehen konnten, denn ich spürte, wie es rot anlief. »An diesem Wochenende?«, wiederholte ich, um Zeit zu gewinnen. Irgendwo bei ihm im Hintergrund war Telefonklingeln zu hören.
    »Ja, Samstag oder Sonntag … Hören Sie, das ist mein Telefon, ich muss da drangehen, ich rufe Sie nachher noch mal an. Sie können sich ja in der Zwischenzeit überlegen, ob Sie Zeit haben.« Und schon hatte er aufgelegt.
    Erschüttert drehte ich mich zu Marlene und Linda um.
    »Oh nein!«, sagte Marlene. »Das letzte Mal hast du so geguckt, als du Cola light über deine Tastatur gekippt hattest.«
    Ich ließ mich auf den Hocker fallen, den wir benötigten, um an die oberen Fächer der Hängeschränke zu gelangen. Dort wurden unter anderem die guten Konferenz- und Kundenplätzchen aufbewahrt.
    »Was hat er denn gesagt?« Marlene schwang ihren Hintern auf die Arbeitsplatte.
    »Dass er einen Kaffee mit mir trinken will«, sagte ich.

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