Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Titel: Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
Schwester.
    »Anders dumm.« Und dann erzählte ich ihr die Geschichte ganz von vorne. Angefangen bei Mathias’ und meinem Kennenlernen letzten Montag in Berlin bis hin zu Gereons Party. Ich ließ nichts aus, kein einziges von diesen schrecklichen Klischees, auch nicht das kleinste Herzklopfen. Eva war die perfekte Zuhörerin, sie unterbrach mich nur für ein paar kluge Gegenfragen, schnappte ein paar Mal nach Luft und murmelte »Oh nein!« und »Ach, Katilein«. Und an genau der richtigen Stelle seufzte sie sehr tief. Bei der Episode im Taxi fiel sie allerdings plötzlich aus ihrer Rolle und fing lauthals an zu lachen.
    »Das ist nicht komisch«, sagte ich.
    »Ich weiß«, japste Eva. »Tut mir leid. Aber ich hatte alles so genau vor Augen wie einen Film. Und im Radio lief ›I need a hero‹ von Bonnie Tyler.« Sie versuchte vergeblich, das Lachen zu unterdrücken. Es klang gar nicht amüsiert, eher hysterisch. Und es machte mir ein bisschen Angst. »Und, habt ihr dann noch …?«
    »Nein, haben wir nicht. Wir haben uns noch eine Weile gestritten, das heißt, ich habe mich gestritten, über Vernunft und Leidenschaft und das Karussell des Universums, und Felix hat nur verwirrt geguckt und nicht verstanden, was ich eigentlich von ihm wollte, und dann … bin ich eingeschlafen.«
    »Gott sei Dank.« Eva kicherte immer noch wie jemand aus »Einer flog über das Kuckucksnest«.
    »Was mache ich denn jetzt nur?«, sagte ich, und da hörte Eva so plötzlich auf zu kichern, als hätte ihr jemand den Mund zugehalten. Und was noch irritierender war: Sie schwieg.
    »Eva?«
    »Ich überlege noch.«
    »Du überlegst ?«, fragte ich, und jetzt kroch echte Panik in mir hoch. Normalerweise kamen ihre Antworten wie aus der Pistole geschossen. Sie war wie Yoda, sie wusste immer alles. »Sag mir, was ich jetzt tun soll!«
    Aber zum ersten Mal, seit ich denken konnte, war die Weisheit meiner Schwester offenbar an ihre Grenzen gestoßen. »Vielleicht«, sagte sie langsam. »Vielleicht geht es ja von alleine wieder weg.« Dummerweise sagte sie es so, dass am Ende des Satzes eigentlich ein Fragezeichen stand.
    Und so war ich, als ich schließlich auflegte, genauso schlau wie vorher. Und genauso verzweifelt. Ich vergrub meinen Kopf in das Kissen, atmete den Geruch von Felix ein und beschwor mich, vernünftig zu sein. Vernünftig und erwachsen. Ich musste mir nur jeden Gedanken verbieten, den Kontakt einfach abbrechen, das dürfte ja nicht so schwer sein, der Mann wohnte schließlich in Berlin, und um diese Stadt würde ich einfach einen weiten Bogen machen. Am besten für den Rest meines Lebens, denn sonst würde ich mich vielleicht doch zu einer Dummheit hinreißen lassen, und das würde Felix das Herz brechen, wenn er es denn erführe.
    Aber abgesehen davon: Wer sagte überhaupt, dass es Mathias genauso ging wie mir? Vielleicht war er gestern Abend ja noch mit Lillian im Bett gelandet und hatte mich schon längst vergessen? Ich an seiner Stelle hätte das zumindest versucht. Na gut, vielleicht nicht ausgerechnet mit Lillian, aber auf der Party hatte es genügend andere Frauen gegeben, und keine hätte auch nur eine Sekunde gezögert.
    Mein Handy klingelte mitten in diese Überlegungen hinein. Ich fiel fast aus dem Bett, riss mich dann aber zusammen. Wenn ich jetzt noch mit zitternder Hand nach dem Scheißhandy greifen würde, war das selbst für mich zu viel des Klischees.
    Mathias Lenzen. Allein seinen Namen im Display zu lesen löste eine Flut von Gefühlen aus: Freude, Entsetzen, Angst und … Freude! Er hatte mich nicht vergessen. Aber ich würde nicht drangehen. Ich würde einfach abwarten, bis es von allein aufhören würde. Ich würde vernünftig und …
    »… Hallo?«, rief ich atemlos.
    Mathias schien genauso verblüfft zu sein wie ich, als er meine Stimme hörte. Und zum ersten Mal klang er nicht heiter und gelassen, sondern ein bisschen unsicher. »Ich wollte eigentlich gar nicht anrufen«, sagte er.
    »Und ich wollte nicht drangehen.«
    Verrückterweise schien damit alles Wichtige bereits gesagt. Wir schwiegen ein paar Sekunden. Mein Herz klopfte lauter, als die Wanduhr tickte, und ungefähr fünfmal so schnell.
    »Ich bin …« Er holte tief Luft. »Können wir uns treffen? Bitte.«
    »Nein. Damit machen wir es nur schlimmer. Wir warten einfach ab, bis es von alleine weggeht«, sprudelte ich hervor. Oh Gott, hoffentlich fragte er jetzt nicht, was »es« überhaupt war.
    Wieder eine Pause. »Und wenn es nicht von

Weitere Kostenlose Bücher