Auf der Insel der Sehnsucht
wollen. Ist mir recht. Sie brauchen mir nur diesen Zweizeiler auszuhändigen, und …“
„Oh nein, glyka mou . Sie werden mir eine schriftliche Erklärung geben, ein wasserfestes rechtskräftiges Dokument, dass Sie und ich und eine Spritze in Wahrheit nie zusammengekommen sind, sondern nur in Ihrer erbärmlich berechnenden Fantasie.“
Und damit schob er Ivy zum Aufzug. Sekunden später schlossen sich die Lifttüren.
4. KAPITEL
Die Begegnung mit Damian Aristedes hatte Ivy völlig aufgelöst.
Wenn Kays Freund von dem Baby gewusst hatte, wenn er die ganze Sache sogar inszeniert hatte, wie Kay damals behauptete, warum hatten die Details über die Empfängnis des Kindes ihn derart erschüttert?
Denn erschüttert war er ohne Zweifel gewesen. Sicher, er hatte sich schnell erholt, aber er war außer sich gewesen vor Ungläubigkeit.
Und warum bestand er auf den Tests? Vielleicht wollte er mich damit auch nur loswerden, dachte sie, als sie die Tür zu ihrem Apartment aufschloss.
Das Lämpchen an ihrem Anrufbeantworter blinkte schnell. Eine männliche Stimme, die sich als Anwalt von Prinz Damian Aristedes vorstellte, hatte eine Nachricht auf Band gesprochen.
Ivy habe am nächsten Morgen einen Termin in einer der besten Kliniken der Stadt. Sie solle sich am Empfang melden, man erwarte sie.
Erschöpft sank Ivy in einen Sessel. Dieser schreckliche Tag forderte seinen Tribut. Sie war ausgelaugt und den Tränen nahe. Warum hatte sie Damian Aristedes aufgesucht? Wie hatte sie nur denken können, es sei das einzig Richtige?
Aber sie hatte es nun einmal getan. Und jetzt musste sie einen Schritt vor den anderen Schritt setzen und sehen, wohin dieser Weg sie führte.
Ein großer dunkelhaariger Mann wartete im Eingangsbereich, als Ivy am nächsten Morgen die Klinik betrat.
Ihr Herz setzte aus. War das etwa Damian?
Der Mann drehte sich um. Er hatte eine hohe Denkerstirn und trug eine Brille. Nein, das war nicht der Prinz. Er war ja auch damals nicht mitgekommen, als die künstliche Befruchtung vorgenommen wurde.
Diese Prozedur, die im letzten Augenblick eine so drastische Wendung genommen hatte. Die Erinnerung holte Ivy ein, sie schlang die Arme um sich.
Sie hätte damals nie zustimmen dürfen. Und zu dem heutigen Termin auch nicht.
Ein weiterer Fehler.
Aber um jetzt auf dem Absatz kehrtzumachen, dafür war es zu spät. Der dunkelhaarige Mann hatte sie erspäht und kam auf sie zu, sprach fragend ihren Namen aus und stellte sich als persönlicher Anwalt des Prinzen vor. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war ihm die Angelegenheit ebenso unangenehm wie ihr. Er sei hier, um ihr jedwede notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.
„Sie meinen, Sie wurden geschickt, um sicherzustellen, dass ich die Ergebnisse nicht fälsche.“
Immerhin besaß er nicht die Stirn, ihr zu widersprechen, sondern begleitete sie stumm lächelnd zu einem Sprechzimmer, in dem sie von einer resoluten Krankenschwester erwartet wurde.
„Folgen Sie mir bitte, Miss Madison. Der Gentleman kann so lange im Wartezimmer Platz nehmen.“
„Oh, er ist kein Gentleman“, widersprach Ivy gespielt liebenswürdig. „Er ist Anwalt.“
Sogar der Anwalt lachte.
Die Ergebnisse würden in zwei Wochen vorliegen, hatte man ihr gesagt. Ivy erwiderte höflich, das sei in Ordnung. Auch wenn die zwei Wochen sich eher wie zwei Jahrhunderte hinziehen würden.
Man riet ihr, sich zu schonen. Sie befolgte den Rat, obwohl ihr die Ruhe mehr Zeit zum Nachdenken ließ, als ihr lieb war.
Am dritten Tag begann Ivy, Schubladen und Schränke aufzuräumen. Eigentlich eine sinnlose Tätigkeit. Sie hielt grundsätzlich Ordnung, etwas, das man sehr schnell lernte, wenn man in Pflegefamilien aufwuchs. Trotzdem war es eine gute Art, die Zeit totzuschlagen.
Am vierten Tag rief Ivys Agent an. Er hatte einen neuen Auftrag für sie, ein Shooting für das Titelbild von La Belle . Ein absolutes Sahnestück. Ivy lehnte ab. Sie war konstant müde, ihr Rücken schmerzte, und eigentlich modelte sie im Moment sowieso nicht gern. Aber sie brauchte das Geld. Praktisch ihre ganzen Ersparnisse hatte sie Kay überlassen.
Ivy erinnerte sich an Kay, die damals in Tränen aufgelöst zu ihr gekommen war.
Sie lebe mit Damian Aristedes zusammen, hatte Kay erzählt. Natürlich hatte Ivy schon von ihm gehört. Man konnte das People’s Magazin oder die Vanity Fair nicht aufschlagen, ohne dort über seinen Namen zu stolpern. Er wurde als außerordentlich reich und gut aussehend beschrieben.
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