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Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Titel: Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Westrup
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mit der der ewige Wind in 1700 Jahren die Straße zugedeckt hat. Man erkennt die 5,00 Meter breite, gewölbte Straße mit den mächtigen behauenen Randsteinen und dem Graben, in den das Wasser geleitet wurde. Ich passiere einen römischen Meilenstein, eine Trommel aus gelbem Sandstein, 1,20 Meter hoch und 30 Zentimeter dick, mit den Ziffern XXVIII – das sind die römischen Meilen von Mérida bis hierher. Eine römische Meile – millia passuum – sind etwa 1,480 Kilometer. Der Stein steht einsam und verloren in der endlosen Steppe als bewache er eine Straße, die es nicht mehr gibt.
    Am Weg sitzt ein junger Deutscher neben seinem Auto, mit dicken Lederhandschuhen auf den Knien. Er wartet auf seinen Freund, der Schlangen sucht, da er ein Buch darüber schreibt. Er erzählt mir, daß es äußerst schwierig sei, die scheuen Tiere zu entdecken, da sie sehr sensibel sind, und die dröhnenden Füße der Menschen schon von weitem spüren. Deshalb ist die Angst vor Schlangen beim Wandern völlig unbegründet. Lange, bevor der Wanderer die Schlange erreicht, hat das scheue Tier bereits das Weite gesucht. Höchstens, wenn man unbedacht unter einen Stein greift oder in einen dichten Busch, wo die Schlange sich verkrochen hat, meistens noch steif von der Kälte der Nacht, kann es ausnahmsweise geschehen, daß sie in Notwehr zubeißt.
    Ich selber habe nur drei- oder viermal Schlangen angetroffen auf meinen vielen Wanderungen und habe sie als scheue, aber schöne Tiere in Erinnerung, wenn sie dann geräuschlos in zuckenden „Schlangenbewegungen“ in den Wegesrand entflohen sind.
    Ich mache Rast an einer entzückenden kleinen Römerbrücke mit einem großen Bogen in der Mitte und zwei quadratischen Überlauflöchern rechts und links. Ein einzelner Baum, der einzige weit und breit, spendet etwas Schatten. Ich versinke in der gelbblühenden Uferwiese, das Gras ist 80 Zentimeter hoch. Die umliegenden Wiesen sind gemäht, es duftet warm nach Heu. Die Carretera ist 100 Meter entfernt und überspannt den Bach auf moderner Brücke. Ab und an rollt ein Truck vorbei, hier unten sieht man mich nicht.
    Das Wasser steht braun und bewegungslos, vor mir auf einem Hochspannungsmast entdecke ich ein großes Storchennest. Ein Storch steht auf einem Bein und klappert laut mit seinem Schnabel, die anderen sind in den Wiesen, Nahrung zu suchen. Aus dem Nest fliegen ständig kleine Vögel, die in dem Gestrüpp unter den Störchen wohnen und vielleicht von den Abfällen der Großen leben. Über mir kreist ein Milan im Stahlblau des Himmels. Ich bin ganz allein in der Mulde mit meiner zweitausendjährigen Brücke. Ich dichte: „An der alten Römerbrücken, laß ich mir mein Essen schmecken“. Ich bin ein glückliches Kind in dieser herrlichen Welt.
    Nachmittags wird es sehr heiß, das Gras ist wieder gelb geworden und teilweise schon braun, die Extremadura hat mich eingeholt. Der Weg ist nur noch ein Strich in der endlosen Weite, kleine weiße Wolken segeln wie Watte durch das unendliche Blau, ihre schwarzen Schatten gleiten lautlos über die Felder und fallen in die grünen Mulden, in denen Schafe unbeweglich grasen wie zersprenkelte Felsblöcke.
    Ich werde Zeuge eines Dramas. Ein Bussard jagt eine Taube hoch über mir. Der kräftige braune Vogel stößt immer wieder mit seinen langen Schwingen lautlos von oben auf die Taube hinab, die in Panik und Todesangst mit hektischen Flügelschlägen auf und ab flattert. Der große Vogel stößt immer wieder im Sturzflug ruhig und überlegen auf das kleine Tier herab, ihr Geflatter wird immer nervöser und kraftloser, sie kann ihrem Jäger nicht entkommen. Sie ahnt ihren Tod, Millionen von Jahren geschah immer das Gleiche. Ein letzter Sturz, dann hält er sie in seinen Krallen und hackt ihr das Leben aus dem Kopf. Nie sah ich vorher, wie ein Raubvogel einen anderen Vogel im Flug angreift und tötet.
    In Valdesalor überspannt eine 200 Meter lange Römerbrücke mit fünf Bögen den Río Salor. Sie ist perfekt restauriert mit steinerner Brüstung aus weißem Sandstein, in der Mitte durch Trittplatten geteilt in einen rechten und einen linken Streifen aus kleineren, unregelmäßigen Steinplatten. Auf diesen Brücken konnten sich zwei Reiter oder zwei Mulikarawanen, mit Säcken beladen, begegnen und einander passieren, ganz wie auf unseren Autobahnbrücken, die ein Mittelstreifen teilt. Dahinter hat man wieder ein 100 Meter langes Straßenstück, 5,00 Meter breit, freigelegt.
    In Valdesalor gibt es keine

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