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Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Titel: Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Westrup
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daneben gegangen!
    Nach der Andacht nehmen wir Pilger, wir sind jetzt nur noch zu sechst, im großen Comedor unser Abendessen ein: Gazpacho, frischer Salat, Hühnerbeine von einer großen Platte, Obst, Rotwein, Wasser. Vor dem Essen spricht der Padre ein kurzes Gebet, wir fassen uns alle an den Händen. Ein einfaches Pilgermahl in christlicher Gesinnung. Ein schöner Ausklang eines schönen Tages. Der Raser und sein Hündchen sind nicht mehr dabei.

Der Schlangenfänger

    Freitag, der 19. Mai, von Alcuéscar
    nach Valdesalor, 26,4 Kilometer,
    gesamt 275,4 Kilometer
    13. Wandertag

    Heute ist ein Tag auf Römerstraßen. Ich gehe um halb acht los in den kühlen Morgen. Die Gräser sind noch naß vom Tau, der Weg führt zwischen Mauern mit Gärten und alten, knorrigen Olivenbäumen über blühende Wiesen. Ich habe den Frühling wieder eingeholt. Ich bin der letzte auf dem Weg, die zwei Spanier und Franzosen sind schon weg. Ein kühler Wind geht von den Hügeln, der Himmel ist tiefblau, es verspricht ein herrlicher Tag zu werden. Ich hatte heute morgen keine Verdauung, doch nach einigen Kilometern wird der Druck stärker. Ich schaue mich nach einem stillen Plätzchen um, doch der Weg ist beidseitig von Mauern eingefaßt. Sie sind zu hoch zum Überklettern, die Eingänge zu den Wiesen sind mit Toren versperrt. Auch die Querwege haben die gleichen Mauern. Als es nicht mehr geht, denke ich mir, außer mir ist ja doch niemand mehr auf dem Weg, und erreiche gerade noch die Mauer. Ich kenne das schon aus Nepal, wo ich auch fast immer mein Geschäft draußen gemacht habe. Es ist schön, so in der Natur zu sitzen, mit den Fliegen um einen herum. Und Klopapier habe ich auch immer dabei.
    Erleichtert schlendere ich über die taufrischen Wiesen. Ein Storch kurvt in elegantem Schwung um mich herum und stellt sich in das nahe, nasse Gras. Es sind meisterhafte Flieger, wie sie so schwerelos ohne Flügelschlag vom Himmel gleiten. Ich pirsche mich näher heran, um ihn zu fotografieren. Aber näher als 50 Meter läßt er mich nicht an sich heran kommen. Dann hüpft er auf und gleitet mit wenigen Flügelschlägen 100 Meter weiter.
    Vor Casas de Don Antonio überquere ich die erste Römerbrücke mit vier Bögen über einem verschilften Flüßchen. Am Ortsende ist eine alte Ölmühle aufgebaut mit ihrem Mahlwerk aus zylindrischen Granittrommeln und verrosteten Zahnrädern. Dann nimmt mich die Römerstraße auf.
    Ein mannshoher rechteckiger Block aus weißgrauem Granit beschreibt mit farbigem Bild die „Calzada Romana“. Die Sehenswürdigkeiten der Wege hier in Extremadura sind vorbildlich ausgezeichnet. Am Weg liegen an jedem Abzweig und jeder Kreuzung kubische Granitwürfel im Gras mit dem Zeichen der Via de la Plata, einem gelben Weg durch einen schwarzen Triumphbogen. Verschiedenfarbige glasierte Fliesen kennzeichnen den Weg in drei verschiedenen Farben: gelb, wenn er die originale Römerstraße ist, blau, wenn der Weg an der Stelle der Römerstraße verläuft und grün, wenn der Weg außerhalb der Straße verläuft.
    Hier auf dieser endlosen flachen Ebene hat sich die alte Straße gut erhalten. Drei Straßen laufen nebeneinander: die moderne Autobahn, die Nationalstraße und rechts daneben durch die blühenden Wiesen die Römerstraße oder das, was von ihr übrig geblieben ist. Nachdem die Römer im 4. Jahrhundert Spanien verlassen hatten, wurde die Straße, die ja in erster Linie eine Militärstraße war, nicht mehr gebraucht und verfiel, da sie nicht mehr gepflegt wurde. Die Bauern liefen ja nur zu Fuß von ihrem Hof aufs Feld, Pferde und Wagen gab es nicht mehr in den Wirren der Völkerwanderung und der arabischen Invasion.
    Da sie die Straßen nicht mehr brauchten, freuten sich die Bauern über die vortrefflichen Steine, die da so unbenutzt und unbewacht herumlagen, groß und exakt behauen. Also schleppten sie sie im Verlauf der Jahrhunderte weg und benutzten sie zum Bau ihrer Häuser und Mauern. Interessanterweise findet man immer da, wo die Straße verschwunden ist, die höchsten und stärksten Mauern und entdeckt in ihnen just das alte behauene Straßenpflaster. Bezeichnenderweise sind nur die Brücken noch erhalten. Diese wurden gebraucht, um die Flüsse zu überqueren und wurden entsprechend in Stand gehalten. Fünf Meter vor und hinter der Brücke endet das Straßenpflaster.  
    Unterwegs hat man ein Stück der alten Römerstraße wieder frei gelegt, das unter einer 30 Zentimeter dicken Lehm- und Staubschicht verborgen war,

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