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Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Titel: Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Westrup
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gelobt, ich hätte jetzt genug gelitten, er solle mich aufheben und weiter geleiten bis an sein Grab. „Santiago, mach was, jetzt mußt Du etwas tun für Deinen Pilger!“ Zwei Ärzte sitzen nun vor mir, schauen ensthaft und konzentriert die beiden Röntgenaufnahmen an, der eine erklärt mir auf Englisch, es sei alles in Ordnung, nichts gebrochen, nur eine Inflammación – eine Entzündung der Sehnen durch zu langes, anstrengendes Laufen. Dreimal am Tag ein Antiflammatorio und den Fuß gut kühlen.
    Was er nicht erkannte und ich nicht wußte, war, daß ich seit April ein gebrochenes Sprunggelenk hatte und daß die Schmerzen daher kamen, daß es bei meinen Anstrengungen nicht heilen konnte. Das sollte ich aber erst bei meiner Rückkehr in Deutschland erfahren. So bin ich einfach glücklich und erleichtert. Santiago hat mein Flehen erhört. Er hat mir wieder einmal geholfen auf seine Weise. Denn hätte ich erfahren, daß ich ein gebrochenes Gelenk habe, hätte der Arzt mir natürlich verboten, weiter zu laufen, um die Heilung des Fußes nicht zu verhindern. Das wäre das Ende meiner Wanderung hier in Zamora gewesen, 400 Kilometer vor dem fernen Ziel. Dadurch, daß er es mir nicht offenbarte, mich also ein wenig anlog, lief ich beruhigt weiter, trotz der nicht nachlassenden Schmerzen, die ich tapfer ertrug, und erreichte mein Ziel am Ende zwar nicht ganz, aber doch fast. So hilft der Heilige seinen Brüdern auch, indem er ihnen den wahren Grund nicht nennt und ihnen ihren Glauben erhält. Gracias, Santiago!
    Fröhlich und erleichtert fahre ich wieder zurück in die Stadt. Im Bus überlege ich mir, wie die beiden Medikamente, die ich nun nehmen muß, eigentlich wissen, wohin sie gehen müssen in meinem Körper, eines für den Zahn und eines für den Fuß, eines oben und eines unten. Ich werde mal in der Apotheke fragen, wie das funktioniert. Die Apothekerin erklärt mir dann freundlich das Geheimnis der Medikamente: Eines ist entzündungshemmend und wirkt auf den Fuß, das andere ist antibakteriell und wirkt auf den Zahn. Na, da will ich mal hoffen, daß die beiden von meinem Magen aus den richtigen Weg finden.
    Noch schnell ein großes Taschentuch gekauft und zwei Stunden in mein dunkles Zimmer aufs Bett gelegt mit dem nassen Tuch um den Fuß, ich solle ja mehrmals am Tag gut kühlen, hat der Arzt gesagt. Mein Knöchel ist auch wirklich dick geschwollen, rot und heiß. Er schmerzt jetzt ständig, auch wenn ich nicht laufe. Ich bin heute so schlecht gelaufen wie noch nie, trotz der drei Ruhetage. Meinen Wanderstock habe ich auch durch meine Dummheit zu weit herausgezogen, so daß ich ihn nun nicht mehr zusammenstecken kann und mir einen neuen kaufen mußte. Dies war heute mein schlimmster Tag. Ein Tief von Schmerzen und vergeblicher Hoffnung auf Besserung. Ich freue mich morgen auf meine Freunde. Bin wohl schon zu lange allein gewesen. Hoffentlich kann ich morgen den Weg überhaupt laufen. Wenn nicht, muß ich den Jakobsweg unter Qualen zu Ende gehen. Aber ich werde ihn gehen.
    Ich habe mir nämlich vorgenommen, morgen eine kurze Wanderung zu machen, da meine drei Freunde erst gegen Abend kommen werden. Wir haben uns in meinem Hostal verabredet, wo ich ihnen Zimmer besorgt habe. Ich werde also morgen mit leichtem Gepäck nach Montamarta wandern, die erste Etappe von Zamora nach Norden, schlappe 17,9 Kilometer, und mit Bus oder Taxi zurückkommen. Ich muß nämlich raus aus dieser Stadt. Vier Tage sind zuviel. Außerdem komme ich beim Laufen auf andere Gedanken und grübele nicht so lange mit mir herum.
    Eigentlich habe ich es hier nämlich ganz praktisch. Mein Hotel liegt genau neben meiner Cafeteria Casa Bernardo, wo ich seit drei Tagen immer frühstücke und zu Abend esse. So komme ich abends nach Brandy und Zigarre auf der warmen Plaza schnell in mein Bett. Obschon dieses Lokal die Spitze der Unfreundlichkeit ist. Ich frühstücke hier, ich esse hier zum dritten Mal zu Abend, sitze auch des Mittags zu einem Wein und Tapas und man tut, als hätte man mich noch nie gesehen. Keinen Guten Tag, Wie geht’s, kein Bitte, kein Danke, nichts. Als würde ich etwas Ungehöriges verlangen, knallt man mir mißmutig mein Essen und meine Getränke auf den Tisch. Dabei trinke ich den Wein flaschenweise und abends einen dicken Brandy. Wenn ich mir das in Italien, Griechenland oder USA vorstelle. Da wäre ich schon am zweiten Abend ein großer Freund, den man liebevoll begrüßt und empfängt. Allerdings paßt das zu der

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