Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet
Bauernschläue an den Tag. Nach mehrfacher Wiederholung seiner Behauptungen und weiteren Zigaretten begann Walter Krabonke, seine dritte Version zu erzählen.
Zunächst stockend, dann aber immer zusammenhängender, flüssiger und wütender: Nachdem er Agnes Brendel geschlagen und zum Bett getragen hatte, zog er sie aus. »Ich hab mir doch nur geholt, was abgemacht war.« Dabei griff er ihr an den Hals, um so »wie schon bei früheren Freundinnen« schneller zum Höhepunkt zu kommen: »Bisschen ge-würgt, ja, kann sein, aber nicht er-würgt. Das doch nicht!« Nach seinem Orgasmus baute sich dann bei ihm ein großer Hass gegen seine frühere Ehefrau auf, den er an Agnes Brendel abreagierte, »obwohl sie gar nichts dafür konnte«. In seiner Wut kam er auf die Idee, der Frau ein Tischbein in den Hintern zu rammen. Aber dann wurde ihm plötzlich bewusst, dass sie dafür auf jeden Fall tot sein musste. Deshalb stieß er ihr zweimal das Messer in die Brust.
Krabonke redete sich in Fahrt. Dann könne er das Nächste auch gleich noch erzählen. Also berichtete er sehr detailliert und in auffällig vulgärer Wortwahl, wie er die Tote beschimpft und dabei ihre Brüste und ihre Scham mit einem Messer »abgesäbelt« habe. Er habe jetzt rot gesehen und nur noch daran gedacht, »sie plattzumachen und alles zu zerstören, was mich an eine Frau erinnert. In dem Moment hatte sich der Hass auf meine Frau so richtig aufgestaut, dass ich das dann gemacht habe! Schließlich hat sie mich mit ihren unberechtigten Unterhaltsforderungen in den Abgrund getrieben.«
Diese Version des Tathergangs schien mir plausibel und passte zu den Fakten, über die wir inzwischen verfügten. Nur in einem Punkt hatte ich noch meine Zweifel. Auch wenn der von ihm beschriebene Hass sogar noch im Vernehmungsraum deutlich spürbar war, glaubte ich nicht, dass es die ganze Wahrheit war. Lag nicht doch auch ein sexuelles Motiv vor? Hatte er die Brüste von Agnes Brendel und ihren Intimbereich wirklich ausschließlich aus Wut und Hass verstümmelt? Hatte er dabei tatsächlich keine zusätzliche sexuelle Befriedigung empfunden? Aber Walter Krabonke wollte davon nichts wissen. Nein, sexuelle Gründe habe es bei ihm nicht gegeben. Nur Wut und Hass. Dabei blieb er. Ich hatte immer noch Zweifel. Aber in diesem Moment störte mich das nicht weiter. Hauptsache war: Walter Krabonke hatte gestanden.
Und so widmete ich den Rest der Vernehmung der Frage, was zwischen der Tötung mit anschließender Verstümmelung der primären Geschlechtsmerkmale und der Beseitigung der Leiche passiert war. Dieser Teil war für Walter Krabonke offenbar weniger heikel, denn er erzählte deutlich ruhiger davon. Diesmal gab es für mich keinen Grund, seine Version anzuzweifeln:
Die Brüste und die Weichteile, die er aus dem Schambereich seines Opfers geschnitten hat, wirft Walter Krabonke später in den Mülleimer in seiner Küche und wischt die Blutspuren im Treppenhaus auf. In der Nacht wäscht er noch seine blutige Hose, weil er sie ja bald wieder als Wachmann tragen muss. Als er am nächsten Tag nach der Arbeit nach Hause kommt, mag er sich dort gar nicht aufhalten, weil es ihm immer bewusster wird, dass er, im wörtlichen Sinne, eine Leiche im Keller hat. Und die muss weg. Den ganzen Tag hat er überlegt, wie er das am besten anstellen kann. Dann fasst er einen Entschluss. Er muss die Leiche zersägen. Nur so kann er sie unauffällig aus dem Keller tragen und zur Schule transportieren.
Zunächst sucht Walter Krabonke jedoch Harry Stölzels Imbiss auf und trinkt sich Mut an. Dann kehrt er in seine Wohnung zurück. Er sägt dem Leichnam beide Unterarme ab, dann folgen die Unterschenkel. Zum Schluss der Kopf. Das kostet ihn die meiste Überwindung. Anschließend steckt er »die Einzelteile«, wie Walter Krabonke sie nennt, in Plastiktüten und will sie kurz vor Mitternacht mit seinem Fahrrad zu einem nahegelegenen Müllcontainer bringen. Obwohl er hofft, dass um diese Uhrzeit niemand mehr auf der Straße ist, trifft er beim Verlassen des Hauses seine Nachbarn, die ihren Hund ausführen. Er erinnert sich, dass sie ebenfalls im Imbiss waren, als er Agnes Brendel kennengelernt hat. Dann rutscht der Beutel mit dem Kopf vom Gepäckträger seines Rades. Walter Krabonke ist entsetzt und fühlt sich schon überführt, doch die Nachbarn merken nichts. Geistesgegenwärtig hebt er den Beutel mit dem Kopf auf und schiebt das Rad zum nächsten Abfallcontainer, in den er die Beutel hineinwirft. Für
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