Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet
späten Nachmittag seinen Besuch an: »Ich ging davon aus, dass sie bis dahin einige Freier gemacht hatte und ich auf jeden Fall noch ihre Tageseinnahmen in der Wohnung finden würde.«
Bis dahin trinkt er einige Flaschen Bier und eine halbe Flasche Korn. Er steckt sein extra für die Tat geschärftes Messer in die Innentasche seiner Lederjacke. Um auszuprobieren, was es für ein Gefühl ist, mit einem Messer zuzustechen, rammt er die Klinge mehrmals in ein Türblatt und in einen Brotlaib.
Dann fährt er mit seinem Wagen in die Nähe des Tatortes und prüft im Haus die Fluchtmöglichkeiten. Schnell findet er das Apartment von Ramona Braun. Es ist kurz nach 17 Uhr, als er an ihrer Wohnungstür klingelt. Sie gefällt ihm – »sie war so richtig mein Typ« –, doch seine Sympathie für die Frau schwindet schnell, denn er braucht unbedingt Geld.
Herbert Ritter folgt Ramona Braun in ihr Wohnzimmer, fragt sie nach der Toilette und holt dort das Messer aus seiner Jacke. Auf dem Weg ins Wohnzimmer kontrolliert er unauffällig die Küche, ob sie allein sind. Als die Frau ihm ein Glas Cola anbietet, gibt es für ihn kein Zurück mehr. »Diese Gelegenheit war zu optimal. Darauf hatte ich gewartet.« Schnell zieht er das Messer und sticht auf sie ein. »Sie wehrte sich wie wild und schrie gellend um Hilfe. Ich kam gar nicht richtig an sie ran. Das hatte ich mir einfacher vorgestellt. Ich wurde total wütend.« Aber gegen die körperliche Überlegenheit ihres Angreifers und das Messer hat die zierliche Frau keine Chance. Schwer verletzt fällt sie zu Boden, und er sticht in Rage immer weiter auf sie ein, auch als sie längst tot ist.
Dieses Verhalten ist bei Taten, die durch starke Gefühle wie Anspannung und Wut geprägt sind, keine Seltenheit. In der Sprache der Fallanalyse heißt dieses Phänomen Overkill , zu Deutsch Übertöten .
»Ich musste sie umbringen. Nur daran habe ich gedacht und ihr die Kehle durchgeschnitten.« Nachdem er sich im Badezimmer die Hände gewaschen, die Wohnung durchsucht und über 2000 Mark gefunden hat, flüchtet er unerkannt.
Obwohl sich Herbert Ritters Aufregung noch in der Wohnung gelegt hat, gerät er auf der Fahrt nach Hause in Panik. Er hält auf einem Autobahnparkplatz, achtet auf die vorbeifahrenden Autos – und zählt das Geld. Als er unbehelligt in seiner Wohnung ankommt, zieht er sich um und versteckt die blutige Kleidung. Anschließend will er seine Tat nur noch genießen: »Für meine Freundin hatte ich mir eine besondere Überraschung ausgedacht und die Beute auf dem Wohnzimmertisch ausgebreitet. Ich war so glücklich, denn schließlich hatte ich die Tat für sie gemacht.«
Doch auf seinen Höhenflug folgt schnell die Ernüchterung. Wieder einmal kommt er zu spät zu einer Verabredung mit seiner Freundin. »Sie war richtig angepisst, wollte nicht nach Hause und stattdessen sofort zum Einkaufen gehen. Ich holte dann aus der Wohnung das Geld für die Weihnachtsgeschenke, während sie im Auto sitzen blieb. Was für ein Frust!«
Den Abend verbringen die beiden in einer Gaststätte und versöhnen sich später wieder im Bett. Herbert Ritter ist sich sicher, dass ihm seine Freundin die Tat nicht angemerkt hat. In seinen Augen benimmt er sich angepasst wie immer. »Hab mir auch nur einmal am Kiosk eine Zeitung gekauft, um zu gucken, ob da was über mich drinsteht.«
An dieser Stelle unterbrach ich die Erzählungen des Geständigen. Wenn es nur um einen Raubmord gegangen war, weshalb dann der zerschnittene BH? Ich war darauf vorbereitet, dass Herbert Ritter der Frage ausweichen würde, doch er gab bereitwillig Auskunft. »Ich wollte ein Zeichen setzen. Das wollte ich auch bei den nächsten Taten tun. Damit jeder weiß, dass ich die Frauen ermordet habe.«
Ich beobachtete Herbert Ritter bei diesen Worten. Sein Gesichtsausdruck und seine Körperhaltung veränderten sich deutlich. Seine schüchterne Art schwand, er wirkte auf einmal selbstbewusst, sein Körper zeigte Spannkraft. Allmählich wurde mir klar: Der Mann schien tatsächlich stolz auf die Tat zu sein. Und noch ein Gedanke schoss mir durch den Kopf: Stand für Herbert Ritter bereits beim ersten Mord fest, dass er weiter töten würde? War der Tod von Ramona Braun der Beginn einer geplanten Mordserie gewesen?
Herbert Ritter und seine Freundin geben das erbeutete Geld schnell aus. Bereits nach drei Wochen überfordert ihn der finanzielle Druck erneut. Er entschließt sich, ein zweites Mal zu töten. Seinem Modus Operandi bleibt
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