Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet
dann bat uns Herbert Ritter, noch etwas aufzuschreiben, das ihn auch sehr belaste. Einen Moment lang fragte ich mich, ob er noch weitere Morde gestehen wollte. Dem war nicht so. Dennoch waren die Einzelheiten seines neuen Geständnisses grausig genug: Nach dem Auszug der Freundin hatte er ihre beiden Katzen in einem Eimer ersäuft und die Katze seiner Nachbarn angelockt und ebenfalls ertränkt. Als ich ihn nach dem Grund fragte, verweigerte er die Antwort: »Dazu möchte ich jetzt nichts sagen.«
In den kommenden Wochen überprüften mein Kollege und ich die Einzelheiten aus dem Geständnis von Herbert Ritter. Vieles traf zu: Therapieaufenthalte und Suizidversuche. Und auch den Abschiedsbrief mit den Mordgeständnissen hatte er tatsächlich geschrieben:
Es ist wieder einmal so weit. Mit den drei Morden auf meinem Gewissen kann ich nicht mehr leben. Ich hatte nie gedacht, dass es mich so belasten könnte. Immer die Morde im Nacken und das schlechte Gewissen im Bauch.
Von seiner früheren Freundin erfuhren wir mehr zu Herbert Ritters Persönlichkeit: »Mir imponierte seine Körpergröße und sein ruhiges Verhalten. Er war zurückhaltend und wirkte völlig in sich gekehrt. Er war ein Einzelgänger. Freunde hatte er nicht. Aus sich heraus konnte er nur, wenn er tüchtig angetrunken war.« Zunächst sei die Beziehung harmonisch gewesen, nach der Kündigung seiner Arbeitsstelle habe sich ihr Verhältnis jedoch zunehmend verschlechtert, da das Geld an allen Ecken und Enden fehlte und Herbert Ritter dagegen nichts unternahm, stattdessen immer phlegmatischer wurde und soff.»Nach den Morden habe ich keine Veränderung bei ihm festgestellt. Er war wie immer.« Sie hatte ihm geglaubt, dass kurz vor Weihnachten tatsächlich das Arbeitsamt eine Zahlung geleistet hatte. Schließlich hatte sie ihn doch auch lange genug aufgefordert, endlich etwas zu tun.
Auch die kriminaltechnischen Untersuchungsergebnisse der Tatortspuren bewiesen die Täterschaft von Herbert Ritter. Haare, Blut und Fingerabdrücke am Tatort waren von ihm.
Herbert Ritter wurde wegen Mordes aus Habgier verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er in seiner Persönlichkeit unfertig, disharmonisch und partnerschaftsunfähig sei und hieraus seine Wut auf Frauen resultiere. Der psychiatrische Gutachter war zu dem Resultat gelangt, dass Herbert Ritter ein autoerotisches Sexualleben pflegte, aus dem sich »ungewöhnliche sexuelle Phantasien mit sadistischen und nekrophilen Ausgestaltungen« ableiteten und in die Taten eingeflossen waren. Doch konnten nach seiner Einschätzung die Morde nicht als reine Sexualtaten bewertet werden, da sadistische Merkmale fehlten: zum Beispiel das Öffnen von Körperhöhlen, Entfernen von Organen oder genitale Verstümmelungen. In den Phantasien von Herbert Ritter sei »seine Sexualpartnerin die Mutter«.
Das Gericht gestand dem dreifachen Mörder eingeschränkte Schuldfähigkeit zu und verhängte für alle drei Morde jeweils eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren. Diese einzelnen Schuldsprüche sollten wie in ähnlichen Fällen üblich in einer Gesamtfreiheitsstrafe aufgehen, die auf fünfzehn Jahre festgelegt wurde. Gleichzeitig ordnete das Gericht Herbert Ritters Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, da von ihm wegen seiner »Ichstörung« auch zukünftig ähnliche Taten zu erwarten wären. Wegen seiner »verfestigten Persönlichkeitsstörung« musste er jedoch zunächst zehn Jahre der Strafe in einem Gefängnis verbüßen, da »erst dann mit einer erfolgsversprechenden Therapie zur Behebung seiner Persönlichkeitsschäden begonnen werden könne«.
Serienmorde geschehen nur selten. In all meinen Jahren in der Mordkommission habe ich nur zwei solche Fälle bearbeitet, während in der Öffentlichkeit ein anderes Bild vorherrscht. Taten von hochintelligenten und psychisch kranken Serienmördern machen Kriminalromane und Filme zu Verkaufsschlagern und werden, wenn sie sich tatsächlich ereignen, in den Medien ausgeschlachtet. Besonders die Romanverfilmung von Das Schweigen der Lämmer , mit Anthony Hopkins als ebenso gerissenem wie hochgebildetem Psychopathen und seiner Duellpartnerin Jodie Foster als mit viel Frauenpower ausgestatteter Profilerin, sorgte weltweit für Nervenkitzel und die unkritische Übernahme des Bildes vom allgegenwärtigen Serienkiller. Die Romanvorlage basierte auf den veröffentlichten Befragungsergebnissen der sechsunddreißig durch das FBI interviewten Serienmörder. Auch die
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