Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet
er treu, schließlich hatte er damit bei der ersten Tat Erfolg gehabt: Anruf bei Tanja Rose, Ankündigung seines Besuches für den späten Nachmittag, Mut antrinken, Messer einstecken, Fahrt zum Tatort. Diesmal hat er eine Pappmanschette über die Klinge gestülpt, um sich nicht aus Versehen selbst zu verletzen und das Opfer länger über seine wahren Absichten täuschen zu können.
Als er bei Tanja Rose eintrifft, steht sie im Treppenhaus vor ihrer Wohnung und verabschiedet gerade einen Gast. Vermutlich hatte sie mit Ritters Besuch nicht mehr gerechnet und ihn für einen der Männer gehalten, die häufiger bei Prostituierten anrufen, sich nach deren Praktiken erkundigen, dabei onanieren und einen Besuch versprechen – ohne tatsächlich jemals aufzutauchen. Obwohl sie eigentlich Feierabend machen will, kann er sie überreden, ihn noch zu empfangen. Im Apartment bittet er sie um ein Glas Wasser und sucht wie bei der ersten Tat die Toilette auf. Und wie beim ersten Mal greift er in dem Moment mit dem Messer an, als sie ihm das Glas geben will. Tanja Rose kämpft verzweifelt um ihr Leben, und für einen Moment kann sie Herbert Ritter das Messer sogar entreißen. »Jetzt musste ich reagieren. Ich habe in die Klinge gegriffen und mir dabei die Hand aufgeschnitten. Das war mir egal. Dann konnte ich ihr das Messer entwinden. Weil sie so gellend schrie, habe ich sie gewürgt und ihr meine Finger in den Mund gesteckt.«
Wieder gerät Herbert Ritter in Rage und sticht in großer Wut wahllos auf sein Opfer ein. »Wie oft kann ich nicht sagen. Mit Sicherheit weiß ich nur, dass ich ihr von hinten immer wieder in den Hals geschnitten habe.«
Nach den Ausführungen zum zweiten Mord hakte ich erneut nach. Ich wollte von Herbert Ritter wissen, wieso er die Frau, von der er doch angeblich nur Geld wollte, mit dem Telefonhörer penetriert hatte. Und was die beiden langen postmortalen Schnittwunden an Bauch und Rücken bedeuteten. Sollten diese Handlungen wie der zerschnittene BH auch ein Zeichen sein? Doch diesmal reagierte er ausweichend. Er wurde einsilbig und meinte lediglich, dafür habe es keinen besonderen Grund gegeben. Auch als ich an dieser Aussage zweifelte, beharrte er darauf, dass es spontane Entscheidungen gewesen seien. Also ließ ich ihn weitererzählen.
Nachdem sich Herbert Ritter die Hände gewaschen hat, durchsucht er die Wohnung. Dieses Mal fällt die Beute nicht sehr hoch aus: nur 350 Mark. Enttäuscht fährt er nach Hause und hofft, dass ihn auch diesmal niemand gesehen hat.
In den nächsten Tagen meidet er gezielt die öffentliche Berichterstattung über den Mord, kauft sich noch nicht einmal eine Zeitung. Wieder setzt er alles daran, sich so unauffällig wie möglich zu benehmen. »Ich kannte die gesellschaftlichen Normen: was ich zu tun und zu lassen hatte. Deshalb bin ich nicht auffällig geworden. Nicht, weil ich eiskalt und gefühlskalt war. Ich war wie ein Schauspieler, der seine Rolle ganz verinnerlicht hat.«
Mit der Zeit steigert sich sein Alkoholkonsum wieder, Herbert Ritter lässt sich gehen und achtet nicht auf seine Körperpflege. Im Sommer hat seine Freundin von seiner Lethargie die Nase voll und zieht aus. Als Herbert Ritter bald darauf das fällige Arbeitslosengeld ausgezahlt wird, sieht er seine finanziellen Probleme fürs Erste behoben und will die Freundin zurückgewinnen. Doch sie möchte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Er startet einen letzten verzweifelten Versuch: die Schwertattacke, wegen der er in unserer Kriminalakte landet. Dabei wird er aus der Gaststätte geworfen, und die Polizei nimmt ihm den Führerschein ab. Ihm wird klar, dass er sich jetzt völlig isoliert hat. Voller Wut und Verzweiflung demoliert Herbert Ritter seine Wohnungseinrichtung. Nach mehreren halbherzigen Suizidversuchen beginnt er eine stationäre Alkoholtherapie, die er nach zwei Monaten wieder abbricht. Seine Ersparnisse von 1000 DM sind zu Hause schnell in Alkohol umgesetzt. Zum Jahresbeginn ist er wieder pleite, da das Arbeitsamt wegen der ausbleibenden Rückmeldungen und Jobbewerbungen die Zahlungen eingestellt hat.
Herbert Ritter entschließt sich, erneut eine Prostituierte zu berauben, diesmal in der Nähe seiner Wohnung. Er kennt die Telefonnummer und das Haus, da er bereits einige Male als Freier dort war. Anders als bei den ersten beiden Morden geht er unbewaffnet und zu Fuß zum Tatort. »In der Zeit hatte ich richtige Paranoia und vermutete überall die Polizei. Deshalb lautete meine Devise: ja
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