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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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dachte – oder gedacht hatte, als er das Programm erstellte – dass sie seine idiotischen Spielchen mitspielte, hatte er sich gewaltig getäuscht.
    »Bereit, Kate? Und denk dran, es muss ein vernünftiger Grund sein.«
    »HAUS«, sagte Kate heiser, »schalt auf das richtige Programm. Mein Vater hatte einen Schlaganfall. Er will, dass ich zu gewissen Dokumenten Zugang bekomme. Hilf mir, dieses Ratespiel zu übergehen.«
    »Ich kann dieses Programm nicht übergehen, solange es läuft, Kate«, entgegnete das Haus.
    »Falsch geraten, Kate. Versuch’s noch mal.«
    »Pablo Picasso«, sagte Kate sarkastisch.
    »Auch falsch. Auf, Kate! Aller guten Dinge sind drei!«
    »Gertrude Stein«, sagte Kate gleichgültig.
    »Wieder falsch! Kate, ich wette, du hast es nicht einmal versucht. Wo ist dein Sinn für Spaß? Deine Mutter hat dir nichts Gutes damit getan, als sie dir eine Abneigung gegen Spaß einimpfte und dir beibrachte, dich selbst zu wichtig zu nehmen. Das wirst du eines Tages noch selbst merken.«
    »Hast du mich jetzt da, wo du mich haben wolltest, Vater?« Kate übertönte wütend den Redeschwall. »Ein gefangenes Publikum, das sich für jede ärgerliche Regung schuldig fühlen soll? Also gut, Spaß. Wahrscheinlich hast du in deinem Testament verfügt, dass wir alle an deinem Grab kindische Partyspielchen spielen sollen, anstatt uns das übliche Geschwätz über die Vergänglichkeit des Lebens anzuhören.«
    »So, Kate. Was kann ich für dich tun?«, sagte ihres Vaters Stimme, der Hinweis darauf, dass der richtige Zweig des Programms ausgewählt worden war. »Wenn ich tot bin, antworte mit ›Eins‹. Wenn ich im Koma liege und einen Gehirnschaden habe, mit ›Zwei‹.«
    Trotz der Furcht vor dem Kommenden fühlte sich Kate erleichtert, dass ihr Vater mit seinem albernen Mist aufgehört hatte. Sie schluckte und sagte: »Zwei.«
    »Da du ›Zwei‹ gewählt hast, Kate, hatte ich wahrscheinlich einen Unfall oder einen Schlaganfall. Du weißt ja, dass ich eine genetische Disposition für Schlaganfälle habe und über dieses Gebiet viel habe forschen lassen. Von allem, was mir zustoßen kann, ist ein Schlaganfall das Schlimmste. Es ist ein Kinderspiel, normales Gewebe zu regenerieren, aber mit neuralem Gewebe verhält es sich anders, denn in ihm ist die exakte Struktur der Verbindungen und Muster enthalten, die den Schlüssel zu den Erinnerungen und der persönlichen Identität enthalten. Wenn ich Glück hatte, ist mir genügend von mir geblieben, um noch so was wie eine Identität zu besitzen. Aber das kann man wahrscheinlich nicht wissen, bevor das neue Gewebe gewonnen worden ist. Du weißt sicher, dass neurales Gewebe wegen seines besonderen Charakters nur aus fötalen Stammzellen gewonnen werden kann. Ich habe eine Reihe Videos vorbereitet, auf denen du sehen kannst, wie das funktioniert. Im Moment reicht es, wenn ich dir versichere, dass es bei der Verpflanzung von neuroephitalem Gewebe in geschädigte Hirnbereiche, wo es sich mit den noch existierenden gesunden Zellen verknüpfen und in die richtigen Verbindungen und Neuroglia [2] differenzieren kann, eine recht hohe Erfolgsrate gibt. Bestimmt haben dir die Neurologen dieses Verfahren bereits erklärt, also wird es keine Überraschung für dich sein, dass ich dich bitte, das vornehmen zu lassen. Es gibt aber noch einen anderen Aspekt bei der Sache, von dem dir die Ärzte sicher nichts gesagt haben. Üblicherweise muss man abwarten, bis passendes Fötalgewebe verfügbar ist. Als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal darüber nachdachte, entwickelte ich einen Abscheu bei der Vorstellung, dass solch wichtiges Gewebe von Gottweißwoher kommen soll. Es stimmt zwar, dass die Art und Weise, wie sich die Zellen integrieren und differenzieren würden, meinem eigenen genetischen Muster entspräche. Ich habe jede Menge Argumente gehört, dass man das importierte Gewebe als neutral, leer und vollkommen anpassungsfähig an die Form, die der Empfänger ihm gibt, ansehen sollte. Tatsache ist aber, dass die Wissenschaftler es nicht wissen. Und angesichts der Einzigartigkeit dieses Gehirns hier, das verantwortlich für den FORTSCHRITT unserer Tage ist … nun, ich will kein Risiko eingehen. Zuerst wollte ich dich bitten, aus meinem Sperma einen Embryo erzeugen zu lassen. Aber je mehr ich darüber las und mit Wissenschaftlern sprach, desto unbehaglicher wurde mir der Gedanke, ein fremdes Ei zu benutzen, das sein eigenes genetisches Material besitzt, vor allem, weil das meiste

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