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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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seiner Pracht. Solche Schiffe dürften vor Jahrhunderten die Meere befahren haben. Drei Segel blähten sich im Wind, den es nicht gab, und im Topp des Hauptmastes leuchtete eine rote Lampe wie eine kleine Sonne. Am Bug des Schiffes konnte man eine Galionsfigur erkennen.
    Ein Blick von oben: leeres Deck, geblähte Segeltücher.
    »Soll das ein Witz sein?«, brauste Colloni auf.
    »Ein Witz? Wenn das ein Witz ist, dann muss er jemand einen Haufen Geld gekostet haben. Die Galeere ist dreitausend Kilometer lang. Und sie besteht ausschließlich aus Gold.«
    »Hast du das schon in Kohle umgerechnet?«
    McSonn tippte sich an die Stirn.
    »Du bist wohl nicht bei Sinnen.«
    Colloni schüttelte den Traum von sich ab.
    »Eine Galeere, sagst du? Und die Ruder?«
    »Nach den neuesten Berechnungen beträgt ihre Zahl rund sechshundert Milliarden.«
    »Wie?«
    »Sechshundert Milliarden. Das Problem besteht darin, dass das Schiff zwar überdimensional ist, aber die Ruder normale Größe haben. Daher kann man sie nur schwer sehen.«
    »Eine Halluzination …? Ein Fluch? Ein Gespenst …?«
    »Leider nicht, alter Freund«, McSonn lächelte schief und blickte auf einen seiner Nägel. »Es ist schon spät geworden. Ich muss gehen. In zwei Stunden fliege ich nach Lalande ab. Gelobt sei …«
    »Gelobt sei …, gelobt sei …«, knurrte Colloni. Im Mund spürte er den Geschmack der Niederlage. Er spuckte aus und verließ den Raum.
    Auf dem Korridor und in den Aufzugsschächten gingen ihm alle aus dem Weg. Im Zentralgebäude verbreiteten sich die Nachrichten wie ein Lauffeuer. Besonders die schlechten. Colloni erreichte die Etagen, auf denen seine Abteilung ihren Sitz hatte, drang ins Zimmer von Stadochi ein und ließ ihn den Arbeitszeitplan für die nächsten Tage annullieren. Dann, nachdem er die anderen von seinem Zorn genug hatte spüren lassen, damit ihn niemand in den nächsten Stunden störte, schloss er sich in seinem kleinen, dunklen Zimmer ein, sah nach, wer gegenwärtig seiner Seele auflauerte, und stellte die Verbindung mit dem Gehirn her.
    McSonn hatte gar nicht so viele Informationen über die Goldene Galeere zusammengetragen. Dank der drei automatischen Sonden, die das Schiff in einer sicheren Entfernung umkreisten, wurde das Schiff photographiert, gemessen und gewogen. Man hatte keine Ahnung, woher es kam, da es plötzlich aufgetaucht war. Auf jeden Fall war er nicht aus dem Antikosmos aufgetaucht. Also Teleportation? Es schien über keinen Antrieb zu verfügen, jedenfalls konnte man keinen entdecken. Die Galeere trieb am Rande des Altair-Systems mit der Geschwindigkeit eines Marschierenden, sie bewegte sich also kaum. Bis auf das letzte Atom bestand sie aus Gold. Auch die Segeltücher. Die Fachleute bürgten dafür mit ihren Köpfen. Jene Lampe am Topp des Hauptmastes war in der Tat eine klitzekleine Sonne in einem pyramidenförmigen Käfig, der aus unerklärlichen Gründen nicht schmolz. Dieses Kunstwerk war den mittelalterlichen Vorbildern direkt nachgemacht worden, was in Verbindung mit der Annahme, es handelte sich hier womöglich um FREMDWESEN, wirklich zu denken gab. Vierundzwanzig Stunden nach dem Auftauchen der Galeere, als alle Versuche, mit ihren Besitzern Kontakt aufzunehmen, gescheitert waren, schickte man zwei Landungsboote des Spezialkorps, die sich dem Schiff bis auf eine Entfernung von einer Million Kilometer näherten. Da man aber schon bald die Verbindung mit ihnen verlor, obwohl die Funkverbindung selbst problemlos funktionierte, musste man sie per Fernsteuerung zurückholen. Die beiden Besatzungen lebten noch, waren aber in eine Lethargie verfallen, aus der sie noch nicht erweckt werden konnten. Mit einer Ausnahme: Eines der Crewmitglieder war verrückt geworden. Colloni brach ins geheime Rechengehirn des Spezialkorps ein und lud von dort die Akten des Verrückten herunter. Aus ihnen konnte entnommen werden, dass er sich von den anderen Menschen in nichts unterschied – außer dass er übertrieben religiös war.
    Nach der misslungenen Landung der Kommandotruppe an Bord der Galeere versuchte man sein Glück mit unbemannten Einheiten. Obwohl man alles Mögliche unternahm, vermochten sie sich dem Schiff nur auf die Entfernung von einer halben Million Kilometer anzunähern. Weiter ging es nicht. Die Mechanismen versagten den Gehorsam und Schluss. Sechs Tage lang bot der Geheimdienst seine ganze Kraft und Phantasie auf, um mit diesem Problem fertig zu werden, bis er schließlich das Handtuch warf, vierzehn

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