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Auf der Suche nach Amerika - Begegnungen mit einem fremden Land

Titel: Auf der Suche nach Amerika - Begegnungen mit einem fremden Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Gaus
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Werte. In Kalifornien ist alles eine große Show. Es geht nur um Geld, um das teuerste Auto. Der Sinn für Familie, für die Menschen ist verloren gegangen.«
    Jetzt haben die beiden ein Grundstück am See gekauft. 4000 Quadratmeter für 700000 Dollar. Die Immobilienpreise in Sandpoint sind in den letzten Jahren explodiert – trotz der Krise auf dem Markt. Um 35 Prozent sind sie allein in den letzten zwei Jahren gestiegen. Chris und Cecilia Hopper wollen nun ein Haus bauen und erst einmal einige Monate des Jahres hier verbringen. Später, wenn die Töchter auf dem College sind – die jüngste ist 11 –, möchten sie dann ganz hierherziehen.
    Wovon wollen sie leben? Chris Hopper ist »im Versicherungswesen tätig«. Konkreter wird der 45-Jährige nicht, aber es wird schon deutlich, dass er nicht als Vertreter von Tür zu Tür ziehen muss. Er überlegt, hier in Sandpoint eine Zweigstelle seines Unternehmens zu eröffnen. Die Angestellten in Kalifornien könne er auch von Idaho aus mit dem Computer anleiten. »Dank des Internets kann ich überall arbeiten.« Die künstlichen Fingernägel von Cecilia sehen teurer aus als alles, was ich je an den Händen einer Frau gesehen habe, Brillantringe ausgenommen.
    »Ich habe sehr wenig Mitgefühl mit Amerikanern, die über geringe Einkommen oder die angeblich schlechte Wirtschaftslage klagen«, sagt Chris Hopper. »Was du erreichst im Leben, ist das, was dich zu einem besseren Menschen macht.« Anstrengen müsse man sich eben. »Geschenkt wird einem nichts«, ergänzt seine Frau. Die Indianer seien dafür das beste Beispiel: Alkoholismus, schlechte Ausbildung, Selbstmitleid. »Sie bringen einfach nichts zustande«, erklärt Chris. »Sie erwarten Unterstützung, wollen sich aber selber keine Mühe geben.« Als ich einwende, es sei vielleicht ein bisschen viel verlangt, wenn die Leute, denen man Land weggenommen hat, nun auch noch die Werte der Eroberer teilen sollen, schauen mich beide fassungslos an.
    Ob sie sich in Sandpoint wirklich so wohlfühlen werden, wie sie jetzt glauben? Wie leicht wird ihnen wohl die Eingewöhnung fallen? Einiges, so glaube ich, wird doch etwas anders sein, als das Ehepaar es jetzt erwartet. Auch in Idaho sind nicht alle Leute immerzu damit beschäftigt, die Werte hochzuhalten, die die Hoppers angeblich so schätzen. Bevor ich hierherfuhr, habe ich ein wenig im Internet gesurft und bin dabei auf ein Forum gestoßen, in dem engagiert über dies und jenes diskutiert wird, was in der Kleinstadt so vor sich geht. Der Eintrag einer Frau hat mich besonders fasziniert.
    »Ich bin traurig, dass es so weit kommen musste, aber ich finde, das Sandpoint Forum muss wissen, dass eine giftige, verlogene Diebin unter uns ist. Sie ist für einige Zwischenfälle verantwortlich, die traumatisch waren für mich, meinen Mann und mein kleines Mädchen Martha. Am 22. Juni trat ich aus meinem Haus, um die Zeitung zu holen. Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass mein glänzender, pinker Flamingo von meinem Rasen verschwunden war. Mein Mann, meine Tochter und ich begannen zu suchen. Nach einer halben Stunde lehnte ich mich erschöpft an den Zaun. Gedankenverloren in den Garten der Nachbarin schauend, machte ich eine schockierende Entdeckung. Da war mein Flamingo, mitten auf ihrem Rasen!
    Natürlich ging ich hinüber und bot ihr erst einmal sehr höflich einige frisch gepflückte Himbeeren an, bevor ich mich nach dem Flamingo erkundigte. Ihre Antwort? Sie habe gesehen, wie Martha ihn herumgestoßen habe, bis er auf ihrem Rasen landete. Also gehöre er jetzt ihr und sie würde ihn nicht zurückgeben. Überflüssig zu sagen, dass ich mich sehr aufgeregt habe. Damit begann der Ärger.
    Seither hat sie uns unzählige Probleme bereitet. Mein Mann hat mir erzählt, dass sie mehrfach versucht hat, ihn zu verführen, und sie ist sogar so weit gegangen, ihre Unterwäsche in seinem Auto zu deponieren, um uns auseinanderzubringen. Gestern früh fand ich die Aufschrift »Du hässliche Schlampe« auf unserer Garagentür. Ich finde das sowohl beleidigend als auch unzutreffend. Ich habe mich immer sehr dezent gekleidet und schon viele Komplimente wegen meines Auftretens bekommen.
    Also, Sandpoint, was soll ich tun? Ich fürchte, die Polizei wird mir nicht helfen, da diese Dame mit einem Polizisten verheiratet ist (und mit einem schlechten dazu, erinnert sich jemand an den Skandal?). Ich brauche wirklich jede Hilfe, die ich bekommen kann.«
    Entweder spinnt hier jemand – oder hat einen

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