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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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Motorkutsche in eine schmale Nebenstraße und beschleunigte zu deren Ende, wo er vor einer schlichten Metalltür zum Stehen kam.
    Bertie stieg aus dem Fahrzeug. Burton und die Soldaten folgten ihm. Der Entdecker wischte sich Schweiß von den Augen und murmelte eine Verwünschung. Tabora besaß die Atmosphäre eines Dampfbads.
    »Bleibt wachsam«, forderte der Kriegsberichterstatter die drei Soldaten auf. Sie nickten, zogen Pistolen aus ihren Halftern und hielten an der Tür Wache, während Wells seinen Freund Burton hindurchscheuchte.
    »Bitte die Treppe hinauf, Richard.«
    Der Agent des Königs passierte eine Öffnung zu seiner Linken und erklomm die Stufen. Eine Öllampe hing von der Decke des oberen Absatzes. In ihrem Licht erkannte er, dass die Wände fliederfarben bemalt und mit bunten Theaterplakaten geschmückt waren, von denen die meisten aus den 1880er Jahren stammten. Als er oben ankam, blieb er vor einer Holztür stehen, über der ein Oberlicht schimmerte. Wells griff an ihm vorbei und klopfte mit den Knöcheln an: Klopf. Klopf-klopf-klopf. Klopf-klopf.
    »Ein Code?«, fragte Burton.
    »Sesam öffne dich«, gab Wells zurück.
    Algernon Swinburnes Gesicht zog vor dem geistigen Auge des Entdeckers vorbei.
    »Herein!«, rief eine Stimme aus dem Raum hinter der Tür.
    Die beiden Männer öffneten und betraten ein großes Zimmer. Es wurde von vier Wandlampen erhellt und erinnerte Burton an sein Arbeitszimmer in der Montagu Place, denn es war von Bücherregalen gesäumt, besaß zwei große Schreibtische und wies als Dekor allerlei Zierwerk, Bilder und Schnickschnack auf.
    Zwischen vier Ledersesseln in der Mitte des Raumes lag ein karmesinroter Läufer. Darauf stand ein korpulenter Mann. Burton hatte auf Anhieb das Gefühl, ihn schon einmal gesehen zu haben. Er war groß, ziemlich dick und schien Mitte sechzig zu sein. Das braune Haar   – offenkundig gefärbt, denn an den Wurzeln schimmerte es grau   – hing lang und gewellt bis zu den Schultern und umrahmte ein Gesicht mit Hängebacken sowie Falten und Runzeln rings um die trägen grauen Augen und den Mund mit den vollen Lippen. Der Mann trug einen schwarzen Hausrock aus Samt, eine tintenblaue Hose und Schnallenstiefel aus Leder. Zwischen den prallen, beringten Fingern seiner linken Hand klemmte eine lange Zigarettenspitze.
    Nach einer ausgiebigen Pause, während der er den Agenten des Königs angestarrt hatte, meinte der Mann gedehnt: »Die Tragödie des Alters ist nicht, dass man alt ist, sondern dass man jung ist.«
    Er hatte eine tiefe, weiche Stimme und einen irischen Akzent.
    Burton brach beinah zusammen.
    »Quips!«, stieß er hervor. »Es ist Quips!«
    Oscar Fingal O’Flahertie Wills Wilde grinste, stellte dabei schiefe Zähne zur Schau, warf seine Zigarettenspitze auf einen Tisch und ergriff beide Hände Burtons.
    »Captain Burton!«, rief er. »Sie sind am Leben und wieder jung! Du lieber Himmel! Wie haben Sie das gemacht? Ich verlange, das Geheimnis zu erfahren! Ich würde alles tun, um meine Jugend wiederzuerlangen, außer Sport treiben, früh aufstehen oder ehrbar werden!«
    Burton lachte. »Immer noch ein messerscharfer Verstand. Den hat der Krieg nicht abgestumpft, wie ich sehe, und gelobt sei Allah dafür. Es ist schön, dich zu sehen, Junge! Es ist sogar verdammt schön!«
    »Um Himmels willen, jetzt nennt er mich Junge. Und dabei seh ich ein Vierteljahrhundert älter aus als er!« Wilde fing Burton auf, als der Entdecker plötzlich zusammensackte. »Meine Güte,Sie zittern ja am ganzen Leib. Setzen Sie sich. Bertie, im Getränkeschrank ist eine Karaffe mit Brandy. Würdest du die holen? Setzen Sie sich, Captain. Setzen Sie sich hierher. Fühlen Sie sich schwach?«
    »Es geht mir gut«, krächzte Burton, doch zu seinem Entsetzen musste er feststellen, dass er weinte.
    »Das muss der Schock sein«, meinte Wilde. »Ein Schlückchen Brandy wird Ihnen guttun. Schenk großzügig ein, Bertie, wahrscheinlich hat der Captain schon lange keinen guten Tropfen mehr genossen.«
    »Ich habe   … habe seit Dut’humi überhaupt keinen Tropfen mehr genossen«, stammelte Burton mit matter, bebender Stimme.
    Wells reichte ihm ein Glas, aber Burtons Hand zitterte so heftig, dass Wilde das Getränk zum Mund des Entdeckers führen musste. Burton schluckte, hustete, holte schaudernd Luft und lehnte sich zurück.
    »Quips«, sagte er. »Du bist es wirklich.«
    »Und ob, Captain. Fühlen Sie sich jetzt besser?«
    »Ja. Entschuldige. Ich hätte nie damit

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