Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
Teil von Canberra kamen, waren alle größeren Straßen schon geschlossen worden. Wir wurden von der Polizei angewiesen, wieder umzukehren, aber ich wollte nicht so schnell aufgeben. Also versuchten wir über einen anderen Weg im benachbarten Stadtteil erneut nach Duffy zu kommen. Auf dieser Straße wurden wir nun allerdings von dem Rauch und dem Feuer selbst gestoppt. Wir befanden uns in einer so dicken und dichten Rauchwolke, dass wir nichts, absolut gar nichts mehr um uns herum sehen konnten. Direkt neben uns brannten einige Eukalyptusbäume und Gras und Sträucher unter ihnen, und ihre brennenden Reste wurden dabei direkt auf uns zugeweht.
Auf einem weiteren Umweg schafften wir es wenigstens bis an den Rand von Duffy. Dort begegneten wir zufällig mehreren anderen Mt. Stromlo-Studenten. Sie standen mitten auf der Straße und warteten darauf, dass ihr Haus abbrennen würde! Teile des Zaunes standen in Flammen, und das Nachbarhaus was schon abgebrannt. Der Anblick war herzzerreißend. Die Polizei hatte meine Bekannten aus ihrem Haus geholt und erlaubte ihnen nicht, wieder zurückzukehren, um zu versuchen, ihr Haus zu retten. Es war ein schrecklicher Moment, sie so hilflos und verzweifelt zu sehen.
Bei solchen Buschfeuern brennen die meisten Häuser nicht sofort durch die schnell durchlaufende Feuerwalze ab, sondern fangen erst dann richtig Feuer, wenn herumfliegende brennende Äste auf dem Dach oder im Garten landen. Dann haben die Äste Zeit, weiterzubrennen und einen Hausbrand zu verursachen. Zum Glück hörte ich am nächsten Tag aber, dass meinen Bekannten doch noch im letzten Moment erlaubt wurde, die kleinen »spot fires« um ihr Haus herum zu löschen, was ihr Haus letztendlich rettete. Satellitenbilder der Gegend zeigten einige Zeit später ihr graues Hausdach, das von einem großen schwarzen Kreis, dem abgebrannten Garten, umgeben war. Das Nachbargrundstück war ein großes schwarz-graues verkohltes Asche-Viereck.
An diesem Abend schafften wir es trotz aller Versuche nicht mehr, nach Duffy zu kommen. Wehmütig mussten wir glauben, dass mein Arbeitskollege womöglich alle seine Habseligkeiten an diesem Nachmittag verloren hatte. Erst am nächsten Morgen fand er heraus, dass sein Haus zum Glück ungeschoren davongekommen war, während sein Nachbarhaus allerdings vollständig abgebrannt war.
Das große Problem an diesem Tag war der starke Wind gewesen, der direkt aus Westen mit 80 bis 90 km/h heranstürmte. Um 19.00 Uhr ließ der Wind jedoch endlich nach und kam nun aus südöstlicher Richtung. Dadurch verringerte sich schlagartig die Gefahr, dass Feuerfronten direkt über weitere Stadtteile Canberras hinwegfegen würden. Insgesamt wurden an diesem Nachmittag 490 Häuser zerstört und 300 beschädigt. Tausende von Menschen waren auf die eine oder andere Art betroffen, es gab 500 Verletzte und sogar vier Tote. Aber das Schlimmste war nun überstanden. Allerdings nicht für mich. Erst zwei Tage später, nämlich am Montagmorgen, hörte ich morgens im Radio, dass das Mt. Stromlo-Observatorium abgebrannt war! Das Unfassbare war geschehen: In nur 20 Minuten war eine 40 bis 50 m hohe, extrem heiße Feuerwand über den Mt. Stromlo gefegt und hatte fast das gesamte Observatorium in Schutt und Asche gelegt.
Abb. 10.A
Abb. 10.A
Ich stand heulend da und konnte es nicht glauben. »Mein« Observatorium war abgebrannt, und einige meiner Freunde und Bekannten hatten alles verloren! Nur langsam drang diese Tatsache in mein Bewusstsein. Unschätzbare Werte, historische Teleskope, Daten, die wissenschaftliche Arbeit von Jahren, alles das war in wenigen Minuten zerstört worden, und keiner hatte damit gerechnet. Völlig unvorbereitet war das Institut von der Feuerwalze getroffen worden. Und auch mein ganzer Stolz, dort zu arbeiten und Astronomie professionell zu betreiben, erschien in diesem Moment komplett am Boden zerstört. Auf einmal war auch ich ganz plötzlich persönlich vom Buschfeuer und seinem Wüten betroffen.
In den nächsten drei Wochen wurden wir Astronomen erst einmal ersatzweise auf dem Campus in der Innenstadt untergebracht und mit Computern und Internet versorgt, damit wir wenigstens weiterarbeiten konnten. Wie sich schnell herausstellte, waren die zwei eher hässlichen, neueren Bürogebäude auf dem Berg aus unersichtlichen Gründen vom Abbrennen verschont geblieben. Wie ich am nächsten Tag mit eigenen Augen sehen konnte, waren fünf historisch wertvolle Teleskope verkohlt, ihre Spiegel lagen
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