Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
zerbrochen auf dem Boden, und alles war von Asche bedeckt. Farbabbildung 10.B zeigt einige der abgebrannten Teleskope. Das denkmalgeschützte »Commonwealth Solar Observatory«-Gebäude von 1924 war auch bis auf die Mauern heruntergebrannt. Farbabbildung 10.C vergleicht das Gebäude vor dem Brand, direkt danach und Jahre später nach dem Wiederaufbau. Wie weiterhin in Farbabbildung 10.D gesehen werden kann, standen in dessen Institutsbücherei zwar immer noch Regale mit Büchern, aber nach dem heißen und schnellen Feuer bestand alles nur noch aus Asche – ein kleiner Ruck, und alles fiel sofort in sich zusammen. Schließlich waren auch die Werkstätten zerstört worden, in denen sich tragischerweise ein mehrere Millionen Dollar teures, fast fertiggebautes Teleskopinstrument befand.
Abb. 10.B
Abb. 10.C
Abb. 10.C
Abb. 10.C
Abb. 10.D
Während der Aufräumarbeiten begann ich also, im provisorischen Computerraum auf dem Campus an meiner Hellen-Sterne-Stichprobe zu arbeiten. Als wir dann wieder auf unseren wenn jetzt auch abgebrannten Berg zurückkehren konnten, begann für die meisten von uns wieder das geregelte Arbeitsleben. Lange noch roch alles nach Rauch, und es war immer wieder traurig und berührend, überall die abgebrannten Teleskope sehen zu müssen. Dennoch waren alle froh, wieder zurück auf dem Berg zu sein. Unsere kleine astronomische Gemeinschaft war durch die tragische Situation auf einmal sehr viel stärker geworden. So halfen wir denjenigen, die alles verloren hatten, mit Sachspenden und moralischer Unterstützung, während wir gemeinsam am Observatorium begannen, den Wiederaufbau ins Auge zu fassen.
Trotz dieses schrecklichen Ereignisses fühlte ich mich in der Zeit danach ganz besonders als Teil der »Stromlo-Gemeinde«, auch wenn ich zu der Zeit zunächst nur eine Austauschstudentin war. Diese Zugehörigkeit war ein schönes Gefühl und half nicht nur mir, sondern den meisten von uns, sich richtig ins Zeug zu legen und gute Wissenschaft zu betreiben. Schließlich wollten wir es allen zeigen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen würden.
Wie schon damals klar war, dauerte der Wiederaufbau Jahre. Der Schaden betrug rund 75 Millionen australische Dollar (rund 60 Millionen Euro). Etwa acht Jahre später wurden endlich die letzten neuen Gebäude fertiggestellt, und heute sieht man nur noch wenige Spuren des Feuers. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich dort wieder zu Besuch bin, denn ich habe viele bewegende und schöne Erinnerungen. Durch die neuen Gebäude sieht die kleine Astronomie-Oase natürlich inzwischen anders aus als zu meiner Zeit bis 2006, als die Aufbauarbeiten erst langsam begonnen hatten. Aber egal, wie alles aussieht, es zeigte sich: das Mt. Stromlo-Observatorium wird immer das Mt. Stromlo-Observatorium bleiben!
10.4. Die Entdeckung des eisenärmsten Sterns
Das Ziel meiner Doktorarbeit bestand darin, meine bis dahin schon ziemlich geschrumpfte Strichprobe auf die metallärmsten Sterne hin zu untersuchen. Das Drei-Schritt-Verfahren aus Kapitel 7.5 war dabei maßgebend, um die interessantesten Sterne erfolgreich zu isolieren.
Nach der Kandidatenselektion war der nächste Schritt also die Nachbeobachtung aller 1777 Kandidaten, um bessere Spektren für eine genauere Vermessung der Kalzium-Linie zu erhalten. Um schnellere Fortschritte zu erzielen, halfen mir einige Kollegen bei den Nachbeobachtungen. Immer wenn ich wieder eine größere Menge von Spektren von den diversen Kampagnen mitsamt meiner eigenen beisammen hatte, analysierte ich diese Gruppen, um die Metallizitäten zu bestimmen und herauszufinden, welche Kandidaten sich tatsächlich als metallarm herausstellten. Bei dieser Arbeit tauchten immer noch regelmäßig Sterne auf, deren Spektrum eindeutig bescheinigte, dass sie viel zu heiß sind, um echte metallarme Sterne zu sein. Sie mussten natürlich sofort aussortiert werden. Weiterhin gab es ab und zu Sterne, deren Spektren zwar andeuteten, dass sie heiß seien, aber nicht so wie andere typische Exemplare. Da ich nichts falsch machen wollte, notierte ich die Namen dieser »Problem«-Sterne, um sie später mit meinem deutschen Kollegen zu besprechen.
Einer dieser Sterne hatte den klangvollen Namen HE 1327–2326. Sein Spektrum war dem eines heißen Sterns mit intrinsisch schwachen Linien ziemlich ähnlich. Zudem sollte er laut der ersten Analyse eine ziemlich niedrige Metallizität haben. Allerdings hatten bislang nur Sterne mit aus Versehen zu heiß gemessenen
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