Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
der Sterne angenommen werden, dass nur eine einzige Supernova im frühen Universum für die Produktion der radioaktiven und stabilen schweren r-Prozess-Elemente verantwortlich war.
Das Elementhäufigkeitsmuster des Sterns zeigt also an, wie viel des radioaktiven Thoriums und Urans seit ihrer Synthese in der Supernova bis heute übrig geblieben sind. Aber wie viel Thorium und Uran konnte in einer solchen Supernova produziert werden? Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Da angenommen wird, dass r-Prozess-Elemente in bestimmten Arten von Typ-II-Supernovaexplosionen synthetisiert werden, sind aufwendige theoretische Modelle zum r-Prozess nötig, um die astrophysikalischen Zustände während der Supernovaexplosion zu simulieren. Da die r-Prozess-Nukleosynthese hochgradig komplex und extrem schwierig zu modellieren ist, gibt es nur Approximationen, wenn diese auch vielversprechend sind. Sie versuchen, diesen Prozess so gut wie möglich zu beschreiben, denn nicht umsonst ist der r-Prozess eines der schwierigsten kernphysikalischen Probleme, an denen Physiker schon seit fünf Jahrzehnten arbeiten.
Die r-Prozess-Modelle können also dazu benutzt werden, Vorhersagen für die Menge an r-Prozess-Material zu machen, so wie es eventuell in einer Supernovaexplosion im frühen Universum vor sich gegangen sein könnte. Die Modelle machen dabei von der Universalität des r-Prozesses Gebrauch, um Vorhersagen für die relativen Anteile jedes Elements im Vergleich zu den anderen zu treffen. Daraus können die sogenannten Anfangshäufigkeiten jedes Elements zueinander bestimmt und mit den heutigen stellaren Verhältnissen verglichen werden.
Da es viel einfacher ist, Häufigkeitsverhältnisse vorherzusagen, werden bei der Altersbestimmung dann die Häufigkeiten verschiedener stabiler r-Prozess-Elemente, z.B. Europium, Osmium und Iridium zu Thorium oder auch zu Uran ins Verhältnis gesetzt. Jedes dieser Häufigkeitsverhältnisse ist ein sogenannter Kosmo-Chronometer, mit dem ein individuelles Alter bestimmt werden kann. So ist man in der Lage, denselben Stern gleich mehrfach zu datieren, sofern mehrere der Kosmo-Chronometer zur Verfügung stehen. Chronometer-Beispiele sind Thorium:Europium, Thorium:Osmium und Uran:Iridium. Aber auch Uran:Thorium kann als Chronometer benutzt werden, da man die Zerfallsrate beider Elemente kennt.
Das Prinzip der Altersbestimmung ist nun ganz einfach. Angenommen, die Modellrechnungen für den r-Prozess ergeben für zwei Isotope X und Y (in diesem Fall Thorium und Uran) ein anfängliches Verhältnis ihrer Häufigkeiten von 2:1. Wenn das Isotop X nun eine Halbwertszeit von 1 Milliarde Jahren und das Isotop Y eine Halbwertszeit von 2 Milliarden Jahren hat, dann ergibt sich nach den Gesetzen des radioaktiven Zerfalls, dass nach 4 Milliarden Jahren radioaktiven Zerfalls das Isotopenverhältnis X zu Y nun 1:8 geworden ist. Wird nun zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt das Isotopenverhältnis X zu Y gemessen, so lässt sich hieraus umgekehrt auch sofort die Zeitdauer des radioaktiven Zerfalls und somit das Alter des Sterns bestimmen. Bei Verhältnissen mit einem stabilen Element vereinfacht sich diese Rechnung noch einmal.
Strenggenommen bestimmt man mit diesem Verfahren das Alter des Ereignisses, bei dem die r-Prozess-Elemente erzeugt wurden – also das Alter der Supernova. Die niedrige Sternmetallizität deutet aber darauf hin, dass der Zeitraum zwischen der Supernova und der Geburt des Sterns im Vergleich zum Sternalter sehr kurz gewesen sein muss. Da die Messunsicherheiten des Sternalters wesentlich größer als diese Zeitspanne sind, ist diese Annahme auch nicht weiter problematisch.
Betrachten wir einige Beispiele für diese Art der Altersbestimmungen. Für den ersten extrem metallarmen r-Prozess-Stern, CS 22892–052, der vor mehr als 15 Jahren in der HK-Durchmusterung gefunden wurde und in dem Dutzende von r-Prozess-Elementen gemessen werden konnten, wurde ein Alter von 14 Milliarden Jahren bestimmt. Es konnte mit Hilfe des Thorium:Europium-Chronometers gewonnen werden. Thorium besitzt mehrere recht starke Absorptionslinien im optischen Spektrum. Sie werden messbar, wenn man es mit einem Stern zu tun hat, der so große Mengen von r-Prozess-Material enthält.
Ein zweiter r-Prozess-Stern, CS 31082–001, ebenfalls ein extrem metallarmer Halostern, wurde im Jahr 2000 in der gleichen Durchmusterung gefunden. In seinem Spektrum konnten nicht nur Thoriumlinien detektiert werden, sondern auch
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