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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Titel: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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Auvergne? Ja, wollen Sie sich denn von Flöhen und Wanzen auffressen lassen? Wohl bekomm’s!«
    Und nach kurzem Schweigen:
    »Wenn Sie uns das wenigstens eher gesagt hätten, dann hätten wir einzurichten versucht, daß wir die Reise zusammen und einigermaßen komfortabel machten.«
    Ebenso wenn ein »Getreuer« einen Freund oder eine »Angestammte« einen Flirt hatte, die sie dazu hätten bringen können, die Verdurins gelegentlich zu »versetzen«, so pflegten diese, die nichts Erschreckendes daran fanden, daß eine Frau einen Liebhaber haben könnte, wofern sie ihn nur bei ihnen hatte, ihn in ihnen liebte und ihm nicht vor ihnen den Vorzug gab, zu sagen: »Gut! Bringen Sie ihn doch mit, Ihren Freund.« Man ließ ihn dann versuchsweise kommen, um festzustellen, ob er auch vor Madame Verdurin keine Geheimnisse haben werde und überhaupt geeignet sei, in den »kleinen Clan« aufgenommen zu werden. Wenn er es nicht war, wurde der Getreue, der ihn mitgebracht hatte, auf die Seite genommen, und man erwies ihm den Dienst, ihn mit seinem Freund oder seiner Geliebten auseinanderzubringen. Im entgegengesetzten Fall avancierte der »Neue« seinerseits zum Getreuen. Als daher nun in diesem Jahr die Halbweltdame Monsieur Verdurin erzählte, sie habe die Bekanntschaft einescharmanten Mannes, eines gewissen Monsieur Swann, gemacht, und zu verstehen gab, er würde sich glücklich schätzen, bei ihnen eingeführt zu werden, übermittelte Verdurin das Gesuch auf der Stelle an seine Frau. (Er selbst hatte nie eine Meinung, bevor sich diese nicht geäußert hatte; seine Rolle bestand vor allem darin, die Wünsche Madame Verdurins oder der Getreuen mit einem beachtlichen Aufwand an Erfindungsgabe in die Tat umzusetzen.)
    »Hör mal, Madame de Crécy hat eine Bitte an dich. Sie würde dir gern einen ihrer Freunde, Monsieur Swann, vorstellen. Was meinst du dazu?«
    »Aber geh, wie könnte man einer so entzückenden kleinen Person etwas abschlagen. Schweigen Sie, Sie sind nicht gefragt, ich sage Ihnen, Sie sind eine entzückende kleine Person.«
    »Wenn Sie meinen«, antwortete Odette in geziertem Bühnenton und setzte dann hinzu: »Sie wissen, ›fishing for compliments‹ liegt mir fern.«
    »Gut, gut! Bringen Sie ihn doch mit, Ihren Freund, wenn er nett ist.«
    Natürlich hatte der »kleine Kreis« keinerlei Beziehung zu den Kreisen, in denen Swann verkehrte, und reine Weltleute hätten gefunden, es lohne nicht, eine solche Ausnahmestellung einzunehmen, wie er sie hatte, um sich bei den Verdurins einführen zu lassen. Swann aber liebte die Frauen so sehr, daß er von dem Tage an, da er ungefähr alle Damen der Aristokratie erkannt hatte und sie für ihn keine Geheimnisse mehr besaßen, seine Einbürgerungsurkunde in den Faubourg Saint-Germain, die fast einem Adelsbrief gleichkam, nur noch als eine Art von Wechsel, als einen Kreditbrief ohne unmittelbaren Eigenwert betrachtete, der ihm jedoch erlaubte, in irgendeinem Provinznest oder in einem obskuren Winkel von Paris, wo die Tochter desLandjunkers oder des Gerichtsschreibers ihm gefallen hatte, von einem Tag auf den anderen eine Position aufzubauen. Denn das sinnliche Verlangen oder die Liebe weckte dann in ihm von neuem Anwandlungen von Eitelkeit, wie er sie in seinem gewohnten Leben nicht mehr kannte (obwohl ursprünglich zweifellos gerade sie ihn zu dieser mondänen Laufbahn hingeführt hatten, in der er in frivolen Vergnügungen die Gaben seines Geistes verschwendet und seine Kunstgelehrsamkeit dazu verwendet hatte, die Damen der Gesellschaft beim Ankauf von Bildern und bei der Ausstattung ihrer Palais zu beraten) und die ihm den Wunsch einflößten, in den Augen einer von ihm geliebten Unbekannten mit einer Vornehmheit zu glänzen, die der Name Swann allein nicht genügend verbürgte. Er wünschte es um so mehr, wenn die Unbekannte von bescheidener Herkunft war. Ebenso wie ein kluger Mensch nicht in den Augen eines anderen Klugen dumm zu erscheinen fürchtet, wird ein vornehmer Mann eine Verkennung seiner Vornehmheit nicht von seiten eines großen Herrn befürchten, sondern von einem ungehobelten Kerl. Dreiviertel der Spesen an Geist und Eitelkeitslügen, die seit Erschaffung der Welt von Leuten gemacht worden sind, die sich dadurch nur selbst herabsetzen konnten, sind für sozial Untergeordnete aufgewendet worden. Swann, der einer Herzogin gegenüber schlicht und sogar etwas nachlässig auftrat, zitterte davor, verkannt zu werden, und posierte, wenn er sich einem Zimmermädchen

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