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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Titel: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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Odette verliebt, und er begünstigte gern alle Liaisons. »Mir macht nichts so viel Vergnügen, als wenn ich Ehen stiften kann«, vertraute er Doktor Cottard an, »ich habe schon viele zustande gebracht, selbst solche unter Frauen!«
    Als Odette den Verdurins gesagt hatte, Swann sei sehr »smart«, hatten sie Angst bekommen, er könne ein »Langweiler« sein. Er machte aber im Gegenteil einen ausgezeichneten Eindruck auf sie, bei dem, ohne daß sie es wußten, sein Umgang in den Kreisen der eleganten Gesellschaft indirekt im Spiele war. Tatsächlich war er selbst intelligenten Leuten, die aber nicht in der Gesellschaft verkehren, darin überlegen, daß er wie alle, diesie ein bißchen kennen, sie nicht mehr infolge einer die Phantasie beherrschenden Sehnsucht danach überschätzte oder aus Widerwillen gänzlich bagatellisierte. Die Liebenswürdigkeit dieser Menschen, die von jedem Snobismus ebenso frei ist wie von der Furcht, allzu liebenswürdig zu erscheinen, und die daher unbefangen sind, hat die Leichtigkeit und spielerische Anmut von Leuten, deren guttrainierte Glieder genau das ausführen, was sie ausführen sollen, ohne aufdringlich ungeschickte Teilnahme des übrigen Körpers. Die einfache, elementare Bewegungstechnik des Weltmannes, der dem jungen Unbekannten, der ihm vorgestellt wird, liebenswürdig die Hand reicht und dem Botschafter, dem man ihn vorstellt, eine reservierte Verbeugung macht, war bei Swann, ohne daß es ihm bewußt war, zum Prinzip seines gesellschaftlichen Verhaltens überhaupt geworden: Leuten gegenüber, die Kreisen angehörten, die den seinen untergeordnet waren, wie die Verdurins und ihre Freunde, legte er instinktiv eine Beflissenheit an den Tag, machte er Avancen, die ihrer Meinung nach ein »Langweiler« unterlassen hätte. Eine Anwandlung von kühler Zurückhaltung hatte er nur Doktor Cottard gegenüber, als dieser ihm zuzwinkerte und zweideutig dabei lächelte, bevor sie noch miteinander gesprochen hatten (eine Mimik, die Cottard selbst als »abwarten« bezeichnete). Swann glaubte daraufhin, daß der Doktor ihn vermutlich von einer Begegnung in einem Vergnügungslokal her kannte, obwohl er solche selbst sehr wenig aufzusuchen pflegte, hatte er doch nie in der Welt der Amüsierlokale gelebt. Da er diese vertrauliche Anspielung geschmacklos fand, vor allem im Beisein von Odette, die vielleicht daraufhin eine schlechte Meinung von ihm hätte bekommen können, setzte er eine eisige Miene auf. Als er aber erfuhr, daß die neben ihm stehende Dame Madame Cottard sei, dachte er bei sich, einso junger Ehemann könne unmöglich in Gegenwart seiner Frau auf derartige Amüsements anspielen wollen, und legte dem vertraulichen Lächeln des Doktors nicht mehr die befürchtete Bedeutung bei. Der Maler lud Swann sofort ein, mit Odette sein Atelier zu besuchen; Swann fand ihn sehr nett. »Vielleicht werden Sie besser behandelt als ich«, sagte Madame Verdurin in einem Ton, als ob sie beleidigt wäre, »und bekommen das Porträt von Doktor Cottard zu sehen (sie selbst hatte es bei dem Maler bestellt). Achten Sie auch ja darauf, Monsieur Biche«, erinnerte sie den Maler, den als »Monsieur« zu bezeichnen ein üblicher Scherz war, »den netten Blick wiederzugeben, den kleinen Zug ins Schalkhafte, ins Lustige, den seine Augen haben. Sie wissen, ich lege besonderen Wert auf sein Lächeln; was ich von ihnen will, ist das Porträt seines Lächelns.« Und da diese Formel ihr sehr geglückt schien, wiederholte sie sie noch einmal mit lauter Stimme, um auch sicher zu sein, daß mehrere der Eingeladenen sie gehört hätten, ja sie ließ sogar eigens unter einem Vorwand ein paar von ihnen näher herantreten. Swann bat, mit allen bekannt gemacht zu werden, sogar mit einem alten Freund der Verdurins, Saniette, der durch seine Schüchternheit, sein schlichtes Auftreten und sein gutes Herz überall die Achtung eingebüßt hatte, die ihm seine archivarischen Kenntnisse, sein großes Vermögen und seine ausgezeichnete Familie eingetragen hatten. Wenn er sprach, hatte er gleichsam Brei im Mund, was wundervoll war, weil man spürte, daß es weniger von einer Mißbildung der Zunge als von einer Eigenschaft der Seele herrührte, gleichsam ein Rest jener Unschuld der Kindheit, die er nie verloren hatte. Alle Konsonanten, die er nicht aussprechen konnte, standen für ebenso viele Härten, zu denen er nicht imstande war. Als Swann darum bat, ihm vorgestellt zu werden, kehrte Madame Verdurin dieRollen um (so daß sie, als

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