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Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
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Erdbeben verwüstet. Seit 1976 starben rund 4000 Italiener bei Erdbeben im Friaul, in Kampanien und in der Basilicata, in Umbrien, den Marken, im Molise und in Apulien und zuletzt 2009 in den Abruzzen. In früheren Zeiten lag die Zahl der Opfer noch sehr viel höher. Drei der größten süditalienischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts verloren bei einem Erdbeben ihre nächsten Verwandten: Die Mutter des Romanautors Ignazio Silone kam 1915 bei einem Erdbeben in den Abruzzen ums Leben; die Eltern und die einzige Schwester des Philosophen BenedettoCroce starben 1883 auf Ischia; und der Historiker Gaetano Salvemini verlor seine Frau, seine Schwester und seine fünf Kinder 1908 in Messina, als ein Erdbeben und der nachfolgende Tsunami 70 000 Menschen den Tod brachte.
    Flüsse mögen weniger Unheil anrichten, aber auf der Liste der Nachteile, die alle Italiener aufgrund der geographischen Lage ihres Landes in Kauf nehmen müssen, stehen sie ganz oben. Wie antike Autoren bestätigen, war die Schiffbarkeit der Flüsse in der Antike besser als heute, wenngleich nie besonders gut. Im 1. Jahrhundert v. Chr. schrieb der Geograph Strabon von der »harmonischen Anordnung« der Flüsse Frankreichs, die heute über eine Länge von insgesamt 6400 Kilometern schiffbar sind. Die Gesamtlänge der schiffbaren Flüsse Italiens dagegen beträgt nur ein paar hundert Kilometer. Kein einziger Fluss förderte den Handel, die Industrie und den Personenverkehr so, wie es die großen Flüsse Nordeuropas, etwa die Seine, die Rhône, der Rhein und die Elbe taten.
    In Norditalien, wo es im Sommer regnet und wo viele Quellen und von den Schneemassen der Alpen gespeiste Gebirgsbäche ständig Wasser zuführen, sind die Vorzüge der Flüsse offenkundig. Der Po ist als einziger Fluss Italiens über größere Strecken schiffbar. Die Arme seines Deltas enthalten große Mengen Plankton, das einer Vielzahl von Fischarten Nahrung bietet. Zusammen mit seinen Nebenflüssen hat der Po eine große Schwemmebene geschaffen, Italiens größte und fruchtbarste Ackerbaufläche. Menschlicher Erfindergeist verstand es im 15. und 16. Jahrhundert auch, die Gewässer der Region wirtschaftlich nutzbar zu machen. Mit dem Bau eines Kanals vom Tessin und eines weiteren vom Fluss Adda nach Mailand wurde die reiche Hauptstadt der Lombardei mit dem Comer See und dem Lago Maggiore wie auch mit den Nebenflüssen des Po verbunden.
    Trotzdem ist der Fluss nur bedingt von Nutzen. Norditalien profitiert nicht in derselben Weise vom Po wie Nordfrankreich von der Marne, der Seine und der Oise. Nur einer der 14 Mündungsarme in die Adria, der Po della Pila, kann von Schiffen befahren werden. Der Po selbst ist zwar über eine Länge von fast 500 Kilometern schiffbar, zumindest für kleinere Schiffe, doch die saisonalen Schwankungen der Pegelstände beschränken seine Fließgeschwindigkeit ebenso wie die gewaltigen Mengen Schlick, die er zum Meer transportiert. Einige seiner Nebenflüsse liefern Elektrizität und dienen der Bewässerung wie der Piave und die Etsch im Nordosten, aber kein einziger ist ganzjährig und mehr als ein paar Kilometer schiffbar. Der Unterlauf der Etsch ist aufgrund der Sandbänke in ihrem Mündungsgebiet für den Schiffsverkehr ungeeignet, und im Sommer und im Frühherbst wird er –wie der Unterlauf des Piave – zu einem dünnen Rinnsal zwischen Kiesbänken.
    Der meistbesungene Strom ist Vergils »sanfter Tiber«, der drittlängste Fluss Italiens. Er ist so unauflöslich mit Rom verbunden wie die Seine mit Paris oder die Themse mit London. Die Gründer der Ewigen Stadt wählten die Lage ihrer Siedlung mit Bedacht: Roms Hügel sind gut zu verteidigen, in Ostia gab es Salzwiesen, und die Wasserversorgung war gesichert, bevor die Stadt so groß wurde, dass Aquädukte gebaut werden mussten. Doch vielleicht überschätzten die Stadtgründer den Nutzen ihres Flusses. Bis ins späte 19. Jahrhundert war der Tiber alles andere als ein sanfter Strom, und er trat so oft über die Ufer, dass in der Antike keine andere Stadt an seinen Ufern gebaut wurde. Giuseppe Garibaldi wollte im Jahr 1875, in der letzten Donquijoterie seines Lebens, den Fluss umleiten, um die Hauptstadt vor Überschwemmungen zu schützen.
    Ein weiteres Problem war natürlich die Schiffbarkeit. In der Antike verkehrten zwischen dem Hafen von Ostia und Rom regelmäßig Schiffe, und stromaufwärts war der Tiber noch auf einer Strecke von gut 30 Kilometern befahrbar. Heute ist er nur in der Stadt selbst

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