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Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
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schiffbar. Auf der Themse dagegen gelangen Schiffe bis nach Lechlade, 20 Kilometer vor der Mündung, und die Seine, die fast 800 Kilometer lang gemächlich und majestätisch dahinfließt, eignet sich so gut für den Schiffsverkehr, dass 120 Kilometer vor ihrer Mündung ins Meer mit Rouen ein großer Hafen entstand.
    Auch die anderen Flüsse des Apennin taugen nicht recht für Handel und Verkehr. Schon im Mittelalter war der Arno im Winter ein reißender Strom und im Sommer ein Rinnsal, und beim Transport des Carrara-Marmors von Pisa nach Florenz mussten sich die Schiffe mitunter an den Bäumen am Ufer voranziehen. Viele Flüsse stürzen im Winter wasserfallartig herab und sind im Sommer so trocken, dass sie kaum noch zur Bewässerung dienen. In Apulien erreichen einige nicht einmal das Meer. Reißende Ströme sind im Apennin die Hauptursache der Erosion. Sie stürzen die Bergflanken hinunter und reißen große Mengen Schlick und Steine mit. Wenn sie die Ebene erreichen, füllen sie nur die Sumpfgebiete an der Küste. Die Abholzung der Wälder hat die Situation noch verschlimmert. Bodenerosion, Überschwemmungen, Verlandung und malariaverseuchtes Sumpfland waren die Folge. Im Süden wurden die Wälder schon in der Antike abgeholzt, noch vor der Ankunft der Römer – ein Prozess, der sich durch die Beweidung mit Ziegen, den Bau von Schiffswerften und die Herstellung von Bahnschwellen und Telegraphenmasten weiter beschleunigte. In Sizilien, einst ein baumreiches Land mit Hartholz und Kiefern, waren am Ende des 20. Jahrhunderts weniger als 5 Prozent der Fläche bewaldet.
    Mit seinem Plan, den Tiber umzuleiten, wollte Garibaldi nicht nur Überschwemmungen verhindern, sondern auch die Malaria bekämpfen. Flüsse aus den Lepinischen und den Albaner Bergen östlich von Rom brachten so viel Wasser in die Küstenebene, dass die Pontinischen Sümpfe entstanden, stehende Gewässer mit idealen Bedingungen für die Ausbreitung von Malaria. Die toskanische Maremma ein Stück weiter nördlich barg eine ähnliche Gefahr. Bevor die Sümpfe in den 1950er Jahren trockengelegt wurden, lebten hier nur wenige Menschen. Erst nach Garibaldis Tod wurden Moskitos als die Ursache für die Malaria erkannt, der Jahr für Jahr 15 000 Menschen zum Opfer fielen und eine vielfache Zahl körperlich schwächte. Erst 1962 wurde Italien offiziell für malariafrei erklärt.
    Diese geophysischen Besonderheiten Italiens erklären auch, warum die Einigung des Landes ein so schwieriger Prozess war. Sie zeigen auch, dass die Apenninhalbinsel keineswegs so reich ist, wie Ausländer oft annehmen. Zu den fruchtbaren Gebieten Italiens zählen neben der Poebene mit ihren Mais- und Weizenfeldern der Unterlauf des Arno, das obere Veltlin, die kampanische Ebene (heute von der Camorra beherrscht), Palermos Zitronenhaine (in den sechziger Jahren von der Mafia zerstört) sowie die Weinund Olivengärten der Halbinsel Salento. Weinreben gedeihen überall in Italien, außer im nördlichen Venetien, im westlichen Piemont, im Inselinnern Siziliens und in der Poebene. Doch ein Großteil der Halbinsel ist von Bergen bedeckt, die von vielen Italienern als die Ursache für Armut und als Platzverschwendung betrachtet werden. Die Berge sind außerdem ein Hindernis für die Erschließung von Bauland, weshalb auf leichter zugänglichem Terrain rund um die Städte endlos wuchernde Vororte (die periferia ) entstanden. Manchmal hat man den Eindruck, es gebe keine Ebene und kein Tal, das nicht als für die Bebauung geeignet betrachtet wird. Zwischen 1950 und 2005 wurden in Italien insgesamt 3,66 Millionen Hektar Land zubetoniert und asphaltiert – diese Fläche ist größer als die Toskana und Umbrien zusammen. *8
    Viele Ausländer hatten wie ich das Glück, unter einer Pergola in der Toskana die Glühwürmchen zu beobachten, Chianti zu trinken und Olivenöl aus Lucca über ihren Rukolasalat zu träufeln in dem glückseligen Gefühl, materiell könne das Leben gar nichts Schöneres bieten. Italien scheint Gutes im Überfluss zu haben: funghi porcini und bistecca fiorentina , Feigen, Hülsenfrüchte und gegrilltes Gemüse sowie Schinkenkeulen, die in der cantina reifen. Die Toskana hat ein besseres Klima, fruchtbareren und mineralreicheren Boden als andere Teile Italiens. Den toskanischen Halbpächtern und den Tanzlieder singenden Bauern ging es im Verlauf der Geschichte besser als denLandarbeitern anderswo, und ihre traditionelle gehaltvolle Suppe, die ribollita , war sehr viel

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