Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
Vom Netzwerk:
auch nicht im Mythos, wurde das frühe Rom von etruskischen Königen beherrscht, die am Ende des 6. Jahrhunderts v.Chr. vertrieben wurden. An ihrer Stelle wurden zwei römische Konsuln für jeweils ein Jahr mit der Staatsführung betraut, und unter ihnen entwickelte sich eine komplexe Verwaltung mit Quästoren, Prätoren, Zensoren, Senatoren, Ädilen und Volkstribunen. Die frühe Republik brachte eine fähige Führungsschicht hervor, deren Vertreter allgemein den Ruf edler Gesinnung und der Unbestechlichkeit genossen. Alle männlichen Bürger, auch die Plebejer, hatten Stimmrecht in den Versammlungen, die Gesetze verabschiedeten und Beamte wählten, obwohl die Oberschicht in der Praxis durch ein kompliziertes System der kollektiven Stimmabgabe begünstigt wurde. Außerdem fanden die Wahlen in Rom statt, und nur wenige arme Leute kamen eigens dafür in die Stadt. Dennoch wurden bei einem Zensus im Jahr 69 v. Chr. nahezu eine Million Wähler erfasst; diese Zahl hat bis ins 19. Jahrhundert kein anderes europäisches Land erreicht.
    Viele spätere Italiener hielten die vielgepriesenen Tugenden der römischen Republik nicht für nachahmenswert. Der Senator M. Porcius Cato (der Ältere),der erfolgreich für die Zerstörung Karthagos plädierte, war auf seine Sparsamkeit und Enthaltsamkeit stolz; Luxus und die griechische Kultur waren ihm ein Greuel. Seine strengen Moralvorstellungen wurden von Landsleuten geteilt, die sich gern als hart und resolut präsentierten und sich der Tugenden gravitas , frugalitas , severitas und simplicitas (Ernst, Sparsamkeit, Strenge und Einfachheit) rühmten. Zumindest oberflächlich betrachtet, zeigen die Verhaltensweisen der Italiener späterer Epochen wenig Übereinstimmung mit den Wertvorstellungen der alten Römer: militärische Kühnheit, politische Stabilität und Achtung vor dem Gesetz, ergänzt durch einen Mangel an künstlerischer Originalität, an Unternehmergeist, Individualismus und Charme. Zu den wenigen Gemeinsamkeiten gehören die Leistungen in Architektur und Technik – und der bürgerliche Stolz auf die eigenen Errungenschaften.
    Eine Eigenschaft, die in den Sagen um Aeneas und Romulus vorgezeichnet war, ist der Militarismus. Die Bürger Roms waren gezwungen, in der Armee zu dienen, und seine Konsuln und andere Beamte kamen erst dann für ein politisches Amt infrage, wenn sie mindestens zehn Jahre Militärdienst über sich hatten ergehen lassen. Jede Person des öffentlichen Lebens war also Soldat. Historiker haben früher gern behauptet, Rom sei im Wesentlichen auf Verteidigung bedacht gewesen und habe erst unter dem Zwang äußerer Umstände eine Politik des Expansionismus betrieben. Einige Konflikte, die zu Eroberungen führten, mögen Rom tatsächlich aufgezwungen worden sein, für andere aber, darunter alle drei Punischen Kriege, gilt das nicht. Die innere Struktur war durch Kampfesdurst und Dominanzgelüste bestimmt.
    Innerhalb von nur 70 Jahren eroberte Rom, ein mittelgroßer Stadtstaat, eine Vormachtstellung auf der Apenninhalbinsel. Im Jahr 338 v. Chr. siegten die Römer über ein Bündnis ihrer latinischen Nachbarn, der Campaner und Volsker, und 295 v. Chr. triumphierten sie über die Samniten und deren Koalition aus Umbrern, keltischen Senonen und Etruskern. Ein paar Jahre später zogen sie gegen die griechischen Städte im Süden, von denen sie vielfach willkommen geheißen wurden, ehe sie das trotzige Tarentum angriffen, das nicht einmal König Pyrrhus von Epirus mit seinen Elefanten und Pyrrhussiegen retten konnte. Im Jahr 272 v. Chr. beherrschten sie die Halbinsel südlich des Po, doch das reichte ihnen nicht. Einige Jahre später beschlossen sie, ein Imperium zu gründen.
    Die Kriege auf der Halbinsel führten selten zu Annexionen im eigentlichen Sinn. Die besiegten Feinde wurden in der Regel durch ein System von Verträgen in die römische Sphäre integriert, durch das sie notgedrungen zu Verbündeten oder socii wurden. Roms Hauptanforderung an sie bestand in der Bereitstellung vonTruppen in Kriegszeiten, die sie selbst bezahlen mussten. So unwillig sie sich manchmal verhielten, in Momenten, in denen Untreue zur Zerstörung Roms hätte führen können, bewiesen sie Loyalität. Der karthagische Feldherr Hannibal verbrachte 15 Jahre auf der Halbinsel, besiegte römische Legionen, versuchte, die socii zu bewegen, sich ihm anzuschließen, und zog sich schließlich schmollend nach Kalabrien zurück. Doch mit Ausnahme von Capua in Kampanien, der zweitgrößten

Weitere Kostenlose Bücher