Auf der Suche nach Tony McKay

Titel: Auf der Suche nach Tony McKay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yt Genthe

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antworte nicht. Mein Schweigen lässt sie wohl ahnen, was ich gerade denke. Sie kommt auf mich zu und nimmt mich wieder in den Arm.
    ‘Aber das war mein geringstes Problem hier,’ sagt sie leise und drückt mich.
    Wir sitzen um den Küchentisch herum und trinken Kaffee, dazu gibt es Sandkuchen.
    ‘Das ist wirklich guter Kuchen, Ulla,’ sagt Bill mit vollem Mund.
    ‘Ja, ich wusste ja nicht genau, wann ihr kommen würdet, so habe ich ungefähr jeden zweiten Tag einen gemacht. Das war früher dein Lieblingskuchen, Maggie.’
    Jetzt, wo sie es sagt, erinnere ich mich.
    ‘Wow, und die alle aufgegessen?’ fragt Bill.
    ‘Nein, das allermeiste habe ich eingefroren. Meine Tiefkühltruhe ist jetzt voller Sandkuchen.’
    Wir müssen lachen.
    ‘Was ist denn das Ziel eurer Reise?’ fragt meine Mutter.
    ‘Also von hier geht es erst mal nach Scottsdale. Wir müssen da mit jemandem reden. Und danach ist es noch nicht ganz klar,’ antworte ich.
    ‘Hört sich ja geheimnisvoll an,’ sagt sie und verteilt noch mehr Kuchen.
    Ich erzähle ihr, was uns die Idee zu dieser Reise gegeben hat, lasse aber den Zwischenfall auf St.Pauli und den daraus resultierenden Bankraub aus.
    ‘Das finde ich super, das ist doch mal ein überzeugender Grund für eine Reise,’ sagt Ulla, ‘die meisten Leute reisen doch heutzutage, weil man das eben so tut, weil man ja mal den Grand Canyon oder Venedig gesehen haben muss, aber ob die wirklich so viel davon mitnehmen, das bezweifle ich.’
    ‘Ja, das stimmt schon,’ sagt Bill, ‘viele Leute reisen, aber haben ihre Augen zu.’
    Wir sitzen noch eine Weile gemütlich beieinander, dann sagt Ulla,
    ‘Ich habe ein Gästezimmer mit einem Doppelbett, da können zwei von euch schlafen, außerdem noch ein ausklappbares Bett, das wir im Wohnzimmer aufbauen können.’
    ‘Ich hab mein Winnebago,’ sagt Bill, ‘ich kann da drin schlafen. Da hab ich auch die letzte drei Jahren drin gewohnt.’
    Ulla nickt. ‘Gut, dann ist das ja geklärt. Habt ihr denn schon etwas von Wichita gesehen?’ fragt sie uns.
    ‘Na ja, nur ein bisschen, als wir durchgefahren sind,’ sagt Heiko, ‘was sollte man sich denn hier angucken?’
    Heiko ist fest entschlossen unserem Trip eine gewisse touristische Normalität zu geben.
    ‘Hm, also wir haben eine Reihe von Museen hier, von moderner Kunst über alte Flugzeuge bis hin zu Dinosauriern und ägyptischen Mumien.’
    Bill gähnt. ‘Ich leg mich mal schlafen,’ sagt er, ‘seh’ euch später,’ und zieht sich in seinen Winnebago zurück.
    ‘Was sagst du Britta, sollen wir uns mal ein bisschen was in der Stadt angucken?’ fragt Heiko.
    Britta nimmt ihre Tasche und hakt ihn unter.
    ‘Kennt ihr den Weg?’ fragt Ulla, ‘wenn ihr wollt, könnt ihr mein Auto haben.’
    ‘Schon ok,’ sagt Britta, ‘nach all der Fahrerei tut das ganz gut, mal ein wenig zu laufen.’
    Damit machen die beiden sich auf und ich bleibe mit meiner Mutter allein zurück.
    Sie holt zwei Wolldecken und ein paar Kissen für die Gartenstühle und geht dann voran auf die Terrasse, wo wir uns in Decken eingewickelt in die Februarsonne setzen.
    ‘Ich bin so froh, dass du gekommen bist,’ sagt sie.
    ‘Na ja, da du nie zurück nach H. gekommen bist, musste ich ja wohl,’ antworte ich und gucke sie an.
    Sie schweigt eine Weile. ‘Es ist alles ein bisschen komplizierter als du denkst,’ sagt sie und guckt über ihren Garten. Sie wirkt, als ob sie darüber nachdenkt, wie sie unsere Vergangenheit erklären soll. Unsere individuelle Vergangenheit, denn die gemeinsame dauerte nur mehr zehn Jahre und ich kann mich auch nur an wenig aus dieser gemeinsamen Zeit erinnern. Ich hätte erwartet, dass sie sich im Laufe der Jahre eine kleine Rede für diesen Anlass zurechtgelegt hätte und jetzt nicht extemporieren muss.
    ‘Damals schien es das richtige zu sein, zu gehen und dich erstmal bei Oma zu lassen. Es wurde dann ziemlich schnell etwas problematisch, als ich einmal hier war. Und da wäre es nicht wirklich gegangen, dass du rüberkommst.’
    ‘Du meinst, als das mit Mike in die Brüche ging,’ frage ich sie.
    ‘Das hatte weniger damit zu tun, dass das in die Brüche ging, sondern mehr mit anderen Umständen. Die Lage war sehr kompliziert und es war nicht abzusehen, wie es sich entwickeln würde.’
    ‘Kompliziert inwiefern?’
    Ulla guckt mich lange an.
    ‘Es war kein Zufall, dass ich gerade mit Mike mitgegangen bin.’
    ‘Wie meinst du das, ich dachte ihr habt euch zufällig kennengelernt