Auf der Suche nach Tony McKay
Ulla.
Es klopft an der Tür. Meine Mutter geht und öffnet. Bill gesellt sich zu uns.
Nach dem, was ich vorhin über meine Mutter erfahren habe, schätze ich, dass die beiden sich gut verstehen würden. Sie stellt ihm einen Becher Kaffee und ein Stück Sandkuchen hin.
Wir unterhalten uns eine Weile darüber, was wir heute Abend machen könnten.
‘Darf ich euch zum Essen einladen?’ fragt Ulla, ‘ein Freund von mir hat eine kleine Pizzeria, nichts Vornehmes, aber es schmeckt sehr gut.’
Das klingt doch prima. Es ist mittlerweile fast halb sieben am Abend. Während Bill und ich beim Abwaschen helfen, Britta sich umzieht und Heiko schon mal das Bett im Wohnzimmer aufbaut, klingelt es noch einmal an der Tür. Ich gucke meine Mutter an. ‘Erwartest du Besuch?’
Sie runzelt die Stirn. ‘Nein, eigentlich nicht,’ sagt sie, ‘ihr habt nicht noch jemanden mitgebracht, oder?’
Sie geht zur Tür und guckt durch den Türspion.
‘Da steht eine junge Frau,’ sagt sie und öffnet die Tür.
‘Ist Maggie hier?’ fragt eine vertraute Stimme.
Wir sitzen alle im Wohnzimmer um Rosa herum. Sie sieht dünner, blasser und extrem müde aus, und hat noch nicht viel gesagt, seitdem sie herein gekommen ist.
‘Gute Idee am deutschen Konsulat eine Nachricht zu hinterlassen,’ sagt sie zu Heiko.
‘Wenigstens waren die dann mal für etwas gut,’ sage ich, ‘ansonsten absolut nutzlos.’
Rosa zuckt die Schultern, als ob das eigentlich zu erwarten war.
‘Haben die von Homeland Security denn letztendlich eingesehen, dass sie die Falsche hatten?’ fragt Britta.
Rosa lacht bitter und guckt auf ihre Finger. ‘Was richtig und was falsch ist, liegt komplett in deren Interpretation.’
Ulla reicht ihr einen Kaffee.
‘Und was wollten die von dir?’ will Heiko wissen.
‘Informationen.’
‘Was denn für Informationen?’ fragt Bill.
‘Über alles. Was ich jetzt mache, was ich früher gemacht habe, vor allem auch über Leute, die ich früher in Berlin gekannt habe.’
‘Und konntest du denen helfen?’ fragt Heiko naiv.
Rosa guckt ihn an. ‘Glaub’ mir, denen helfen ist das Letzte wonach mir der Sinn steht, nachdem was ich da mitgemacht habe. Außerdem sind die Informationen, die du hast, wenn du in H. bei Harry hinter der Bar stehst, notwendig limitiert. Und von all den Leuten, mit denen ich damals in Berlin zu tun hatte, da kannte ich sowieso nur die Spitznamen. Keine Ahnung, was die jetzt so treiben.’
‘Da haben die aber lange gebraucht, um zu merken, dass du keine Informationen hast,’ bemerkt Britta, denn Rosa war immerhin mehr als eine Woche weg.
Sie guckt sich im Raum um. ‘Oh, ich hab denen Informationen gegeben, sonst wäre ich immer noch da, das kannst du mir glauben.’
‘Aber ich denke, du hattest keine?’ fragt Heiko verständnislos.
Sie guckt Heiko an und zum ersten Mal huscht so etwas wie ein Lächeln über ihr Gesicht.
‘Das wissen die ja nicht. Die waren speziell an einem Typen interessiert, mit dem ich Berlin zu tun hatte. Irgendwann habe ich denen dann erzählt, dass besagter Typ jetzt in H. unter einer neuen Identität wohnt und sich Thomas Bahrnsen nennt, und in einem senfgelben Sacko den Filialleiter bei der Volksbank spielt. Und dass er zur Finanzierung terroristischer Aktivitäten kürzlich den Bank-Safe geleert hat. Der dürfte dieser Stunden von den deutschen Sicherheitskräften verhaftet und dann an die USA ausgeliefert werden.’
Sie guckt Heiko an. Der braucht eine Weile, um die Information zu verarbeiten, aber als ihm endlich klar wird, was Rosa da gesagt hat, haut er sich mit der Hand auf den Oberschenkel, schreit ‘Yes!’ und führt einen kleinen Freudentanz durchs Wohnzimmer auf.
Bill und Ulla gucken uns fragend an.
‘Alter Feind von Heiko,’ sage ich.
Bill wirft Rosa einen anerkennenden Blick zu.
Wir verbringen die nächste Stunde damit, Rosa zu erzählen, was in der Zeit, in der Homeland Security sie in ihren Fängen hatte passiert ist. Von Herrn Bronstein, der uns auf die Spur von Tony McKay’s Agenten in Scottsdale gebracht hat und dem Verlust unseres schwer gestohlenen Geldes, über Herrn Burckhardt, deutscher Konsul in New York und vor allem über das, was Bill uns über den Hintergrund von CoffeeAllstars erzählt hat. Rosa nickt zu alledem, als ob sie das nicht wirklich überraschen würde, speziell der Verlust des Geldes. Als Ulla in der Küche anfängt abzuwaschen, zuckt Rosa bei dem Geräusch des laufenden Wassers nervös zusammen. Ich bin
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