Auf der Suche nach Tony McKay

Tetanusspritze geben lassen.’
    Heiko reicht den Mops mit den Worten ‘Was ist er denn für ein Süßer?’ an Britta weiter, die ihn mit weit ausgestreckten Armen von sich hält, und geht dann los, um das Auto zu holen.
    Unabhängig davon ob es der echte oder falsche Boris ist, der Typ ist verdammt schwer, als wir ihn auf die Rückbank des Mercedes hieven. Er erreicht noch einmal kurz das Bewusstsein, fragt nach ‘Tina?’ und sackt dann wieder in sich zusammen.
     
    In dem Warteraum der Notaufnahme sitzen vereinzelte Figuren. Einige Mittzwanziger, alkoholisiert und mit Fußballtrikots über ihren Bierbäuchen, die sich entweder Taschentücher auf ihre Kopfplatzwunden drücken oder aber ihre geschwollenen Hände halten, aber immer noch fit genug sind, miteinander zu pöbeln und zu stänkern. Außerdem zwei Damen in ihren späten Vierzigern in hautengen Minikleidern und dank der chemischen Formel H 2 O 2 jugendlich blond. Sie unterhalten sich etwas zu laut und zwei Oktaven zu hoch. An offensichtlichen Verletzungen scheinen sie nicht zu leiden.
    Heiko und ich tragen unseren Verletzten herein. Wir haben ihn einigermaßen gesäubert und die Schlammspuren aus seinem Gesicht gewischt, allerdings ist sein linkes Auge komplett zugeschwollen. Er ist mittlerweile mit Einschränkungen wieder bei Bewusstsein, aber noch etwas verwirrt. Heiko hält er für jemanden namens Günther. Rosa folgt mit ihrer in ein Taschentuch eingewickelten Hand, Britta ist mit dem Mops draußen geblieben.
    ‘Name?’ fragt die Frau an der Rezeption. Heiko und ich gucken uns an.
    ‘What’s your name?’ frage ich den Patienten.
    Er guckt mich verwirrt an.
    ‘Thomas,’ sagt Heiko, ‘Thomas Mustermann.’
    ‘What is the problem with him, drunk?’ will die Frau wissen ohne von ihrem Papierkram hochzugucken.
    ‘Oh no,’ sage ich, ‘he fell and hurt his head.’
    Die Frau betrachtet Thomas Mustermann genauer, sagt dann ‘PFO’, [12] schreibt etwas auf einen Zettel und weist mit dem Daumen in Richtung Warteraum.
    Wir haken Thomas auf beiden Seiten unter und bugsieren ihn auf einen Stuhl in der Nähe der beiden blonden Endvierzigerinnen, was angesichts einer frisch ausgebrochenen Meinungsverschiedenheit zwischen den Fußballfans sicherer erscheint.
    ‘Günther,’ sagt Thomas Mustermann jetzt zu Heiko, ‘have you seen Tina?’
    Wir sind zu dem Schluss gelangt, ob korrekterweise oder nicht, dass es sich bei Tina um den Mops handelt.
    ‘Tina is fine, she is staying with a friend.’
    Er nickt und guckt sich dann etwas ausdrucksleer im Raum um.
    ‘Günther, I’ve got a headache, really bad,’ sagt er und reibt sich seinen Kopf.
    ‘Yes, we’re in the hospital, they will help you here,’ sagt Heiko, ‘Irgendwann im nächsten Jahr.’
    Thomas Mustermann guckt ihn an, macht einen Schmollmund und sagt dann, ‘Ok.’
    Die blonden Damen gucken interessiert zu uns herüber.
    ‘What’s wrong with your friend then?’ will eine von denen wissen.
    ‘We are not sure. He fell und hurt his head, and now he is a little confused,’ sage ich.
    Die, die gefragt hat nickt der anderen wissend zu.
    ‘You know, Sharon, just like with my Dave, when he fell over in the pub because of his allergy tablets.’
    ‘Yeah, but your Dave, didn’t he have, like, ten pints of beer with the allergy tablets?’
    ‘No way, Shaz, he only had eight that night, he had, and he usually has ten and that is never a problem, so must have been the allergy tablets, innit?’
    ‘If you say so Tracy.’
    Gut für die beiden, dass sie geklärt haben, dass Tracys Dave doch kein Alkoholproblem hat, sondern nur seine Allergietabletten nicht so gut verträgt.
    Wir warten.
    ‘Sag mal,’ wende ich mich an Heiko, ‘was wäre denn, wenn der einen Schädelbasisbruch oder so etwas hat, damit sollte der doch wohl eher nicht hier herumsitzen.’
    Ich gucke zu Thomas hinüber und checke, ob der langsam eintrübt. Sein Blick ist immer noch ausdrucksleer, doch lächelt er mich freundlich an. Dann legt er den Arm um Heiko, legt seinen Kopf an dessen Schulter und sagt, ‘Günther.’
    Heiko tätschelt ihm den Kopf und sagt, ‘Du bist auch irgendwie ok.’
    Wir warten weiter. Rosa geht zwischendurch zu Britta hinaus, um zu checken wie es bei der läuft, aber die ist mit Tina auf dem Rücksitz von Harrys Mercedes eingeschlafen.
    Die Fußballfans werden peu a peu aufgerufen und schlurfen nach kurzer Zeit wieder hinaus. Neue Kranke, oder solche, die sich dafür halten, erscheinen und werden