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Auf der Suche nach Tony McKay

Auf der Suche nach Tony McKay

Titel: Auf der Suche nach Tony McKay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yt Genthe
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leben, nach mir die Sintflut.
    ‘Aber was ist, wenn die Banken dann den Chinesen gehören?’ hake ich nach.
    Gernot zuckt mit den Schultern. ‘Ist eigentlich egal, wem die Banken gehören, Geld ist Geld. Mich betrifft das nicht weiter. Und nach so einem tiefen Sturz, da lässt sich an den Märkten erst richtig verdienen, man muss nur im richtigen Moment zuzuschlagen wissen’
    Dieses schamlose Eingeständnis von Selbstsucht, das so ohne jede Entschuldigung oder den Anflug eines schlechten Gewissens gemacht wurde, raubt mir die Sprache.
    ‘Aber, können die Chinesen denn so einfach in Deutschland einfallen,’ fragt Heiko, ‘Deutschland ist immerhin ein souveränes Land, da kann doch nicht einfach ein anderes Land einmarschieren, wenn denen was nicht passt.’
    Gernot guckt ihn mitleidig an. ‘Ja, so naiv war ich auch mal. Und was ist mit Vietnam, Irak, Afghanistan? [15] Nee du, das passiert doch ständig heutzutage, das gehört doch dazu. Und letzten Endes geht es dabei auch nur ums Geld.’
    Er guckt nachdenklich ob dieser philosophischen Überlegungen zu seinen Berufsgenossen in der Kneipe.
    ‘Aber mal ganz praktisch gedacht, ich rate euch Chinesisch zu lernen. Das ist die Zukunft. Wir bei der Deutschen Bank lernen schon seit über einem Jahr, die Kollegen in der Investment-Abteilung sind mittlerweile fließend.’
    ‘Aber was passiert denn, wenn die Chinesen wirklich einmarschieren? Was wird dann aus Deutschland?’ fragt Heiko, der natürlich um sein Paulchen fürchtet.
    ‘Was schon? Ich bin hier in London, mir ist das sowieso egal, was da in Deutschland abgeht. Und für uns Banker macht das keinen Unterschied, wir sind sicher, Heiko,’ sagt er grinsend und klopft Heiko auf die Schulter, ‘ob die Bank nun den Chinesen gehört oder den Deutschen, Geld machen kannste so oder so.’
    So unsentimental sagt er das. Dieser Gernot wäre ganz oben auf Rosas Liste. Aber er hat natürlich irgendwo Recht. Nationalitäten sind irrelevant unter der Diktatur der Finanzmärkte. Das Geld, das da fließt, ist sowieso irreal, unwirklich, ein Kunstprodukt, das von einer anonymen Masse von Kriminellen in teuren Anzügen und mit einem übers Herz tätowierten Dollarzeichen für seine eigenen Zwecke und seinen persönlichen Profit manipuliert wird. Diese Masse ist gesichtslos, kennt keine Freunde und kein Mitleid und ganze Nationen werden für den perversen Profit dieser wenigen in die Armut gestürzt. Hauptsache der Rubel rollt in die Taschen derer, die nicht nur nichts erschaffen haben, sondern auf kriminellem Wege künstlich erschaffene Werte in die eigene Tasche fliessen lassen. Wie heißt es doch so schön: Sie säen nicht, sie ernten nicht, und der liebe Gott ernährt sie doch. Amen.
     
    ‘Also Leute, wie kann ich euch helfen?’ fragt Gernot.
    ‘Ja, wir sind eigentlich nur auf Zwischenstation hier in London, sozusagen nur vorläufig und eigentlich, ja, auf dem Weg in die USA,’ stottert Heiko. Er ist einfach kein guter Lügner. Wie konnte der nur Banker werden. Gernot guckt uns an und grinst.
    ‘Ihr seid auf dem Weg nach Las Vegas, stimmt’s?’ fragt er.
    Genial, wie der uns die Stichwörter zu einer perfekten Hintergrundgeschichte liefert.
    ‘Ja,’ sage ich und versuche verlegen auszusehen. Ich lächle Heiko an und lege meine Hand auf seinen Arm. Der guckt mich etwas verdutzt an.
    Gernot knallt mit der flachen Hand auf die blanke Fläche des Holztresens an dem wir stehen, schreit ‘Wusste ich’s doch!’ winkt der Barfrau und grölt ‘Bottle of champagne over here, my mate is getting married!’
    Ich gucke Heiko eindringlich an, damit er die Charade mitspielt.
    ‘Saucool, Wahnsinn, Heiko, also so was Irres hätte ich nie von dir gedacht. Nach Vegas durchbrennen, um da zu Heiraten, Mensch, du pinkelst ja Eiswürfel, Alter!’
    Der Champagner kommt, Gernot gießt drei Gläser voll.
      ‘Auf das glückliche Paar,’ sagt Gernot, der Banker, und wir stoßen an. Heiko und ich sind scheint’s auf Autopilot nach unserem Saufgelage auf der Fähre mit Piotrek und Staszek und kippen das Zeug auf einmal runter.
    ‘Hej,’ sagt Gernot, ‘immer langsam, das ist kein billiger Fusel.’
    Wir stellen die Gläser ab, Gernot schenkt nach. Ich gebe Heiko ein Zeichen, denn wir müssen jetzt langsam mal zum Thema kommen.
    ‘Ja, also, da du gleich mitbekommen hast, warum wir hier sind, wir müssten da ein bisschen Geld in die USA transferieren,’ sagt Heiko.
    ‘Ok,’ sagt Gernot, guckt ihn an und nickt.
    ‘Ja, wir

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