Auf der Suche nach Tony McKay

haben vor nach der Hochzeit ein bisschen rumzureisen, also ein Wohnmobil zu kaufen, und dafür müssen wir das Geld irgendwie dahin bringen.’
    Gernot guckt mich an. ‘Aber habt ihr denn keine Kreditkarten? Das kann man doch auch darüber machen.’
    Ich gucke Heiko an. Wer von uns beiden arbeitet denn in der Bank und kennt sich mit solchen Sachen aus? Heiko, schlechtester Lügner diesseits der Oder, wirkt nervös.
    ‘Ja, natürlich, aber das ist billiger, wenn man, wenn du so ein Wohnmobil ... bar bezahlst, da kriegt man dann Rabatt.’
    ‘Ok,’ sagt Gernot langsam, ‘ihr wollt Geld in die USA transferieren, um euch dort ein Wohnmobil zu kaufen. Um wie viel Geld handelt es sich denn?’
    ‘So circa 100.000 Euro,’ sagt Heiko.
    Gernot macht große Backen und noch größere Augen. ‘100.000 Euro für ein Wohmobil? Im Ernst?’
    ‘Ja,’ sage ich, ‘das ist eine Sonder-Anfertigung, die dort schon auf uns wartet.’
    Gernot ist nicht restlos überzeugt. Ich trete Heiko unauffällig mit dem Fuß, damit er auch mal was sagt, aber der scheint gelähmt angesichts des Karten-Lügenhauses, das sich über uns errichtet hat und jeden Moment einzustürzen droht.
    ‘Die Behörden in den USA erlauben nur 10.000 US Dollar in bar pro Person, wenn man einreist, also können wir das Geld nicht im Koffer mitnehmen. Das würde uns echt helfen, wenn wir hier bei der Deutschen Bank ein Konto eröffnen könnten, unser Geld dort hinein tun und es dann in den USA wieder abheben.’
    Gernot macht ein ernstes Gesicht. ‘No can do, fürchte ich. Seitdem das hier in London vor ein paar Jahren in der U-Bahn geknallt hat, haben die eine Riesenangst vor weiteren Terroranschlägen. Und Terroristen finanzieren sich in der Regel über Bargeld. Also haben die jetzt ganz strikte Richtlinien, wer wie und wo ein Konto aufmachen kann. Heutzutage kannst du nicht mehr mit einem Koffer voll Geld irgendwo reingelaufen kommen und das Geld dann durch die Bank waschen. Es sei denn du hast so an die zwanzig Millionen, dann lässt sich natürlich darüber reden,’ sagt Gernot verschwörerisch, lacht einmal auf und tippt sich wieder an die Nase. Arbeitet der eigentlich für die Mafia oder für die Deutsche Bank, und wo ist da überhaupt der Unterschied?
    Das ist nun echt ein Schlag. Wenn wir das Geld nicht rüber bekommen, haben wir ein ernsthaftes Problem. Da bleibt uns dann wohl nur noch übrig, ein Boot zu chartern.
    ‘Lässt sich da denn gar nichts machen?’ frage ich Gernot, ‘im Bankensektor ist doch sonst immer alles möglich,’ versuche ich ihm zu schmeicheln.
    Er guckt wieder süffisant. ‘Klar, da gibt es schon noch andere Möglichkeiten. Lass mich mal überlegen,’ er macht eine Pause, kneift ein Auge zu und guckt im Raum herum.
    ‘Ihr könntet das Geld natürlich investieren, das ließe sich schon irgendwie arrangieren. Wenn ihr also das Geld in einen Fond investiert, dann könntet ihr eure Anteile an dem Fond in den USA wieder verkaufen und hättet dann das Geld drüben.’
    Ich gucke Heiko an.
    ‘Könntest du das für uns arrangieren?’ fragt er Gernot.
    ‘Nee, ich nicht persönlich, aber ich kenne jemanden, der im Investment-Bereich arbeitet.’
    ‘Bei der Deutschen Bank?’ frage ich.
    Gernot wirft mir einen Blick zu. ‘Nein, nicht direkt, das ist so eine unabhängige und selbstregulierte Investment-Agentur, aber wir arbeiten viel mit denen zusammen.’
    Und nach einer Pause fügt er hinzu, ‘Also, fast alle Deutsche, die ich hier kenne, an der Botschaft und sonst in den Banken, die haben alle bei dem investiert.’
    Das soll wohl unser Vertrauen zu dem Menschen fördern.
    ‘Der heißt Bernhard von Mühlhausen und ist eine ganz große Nummer im Investmentbereich in London.’
    ‘Kannst du uns mit dem in Kontakt bringen?’ frage ich.
    ‘Klar, habt ihr eine Nummer hier? Ich rufe den nachher gleich mal an, dann kann der euch kontaktieren.’
    Heiko gibt Gernot seine Handy-Nummer. Der steckt sie ein, guckt auf seine Uhr, sagt, ‘So, Mittagspause zu Ende, zurück zum Kohlemachen,’ und grinst dabei schmierig. ‘Ich ruf den Bernhard sofort an, wenn ich wieder im Büro bin und dann kann der sich bei euch melden. Sollst mal sehen, der hat bestimmt einen todsicheren Tip für euch, und wenn ihr in Vegas ankommt, hat sich euer Geld schon verdoppelt!’
    Er klopft Heiko noch mal auf die Schulter, drückt mir einen etwas linkischen Kuss auf die Wange und geht. Die Barfrau kommt und reicht Heiko die Rechnung.
     
    Auf dem Weg