Auf der Suche nach Tony McKay
meinem Leben schon für Klamotten ausgegeben habe. Ich war ja nie die Beste in Mathe, aber wenn ich das so grob überschlage, dann kommt dabei eine Summe raus, von der hätte ich mir schon ein kleines Häuschen kaufen können.’
‘Und das ist auch dauerbarer als Klamotten,’ sage ich, ‘und kommt nicht so schnell aus der Mode.’
Britta nickt nachdenklich. ‘Manchmal muss man ganz schön weit weg fahren, um so einige Sachen zu erkennen.’
Ich gucke die Straße runter. ‘Und was wir wohl erst alles erkennen werden, wenn wir in Amerika sind,’ sage ich, ‘und wenn wir dann Tony McKay gefunden haben, dann kann der uns die Antwort geben.’
‘Die Antwort worauf?’
‘Na, auf alles, warum Zivilisation so den Bach runter geht, warum die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer, und warum alle nur noch vor dem Fernseher hocken, anstatt auf die Straße zu gehen, um Revolution zu machen.’
‘Du bist ja optimistisch, Maggie, ich weiß nicht, ob irgendjemand darauf eine Antwort weiß,’ sagt Britta, und nach einer Weile, ‘außer Rosa natürlich.’
Wir lachen.
‘Na komm,’ sage ich, ‘wir haben noch einiges zu erledigen.’
Als wir nach West Ham zurückkommen, ist es Nachmittag und wir sind stolze Besitzer von vier Flugtickets für American Airlines Flug AA 139, Abflug von London Heathrow am nächsten Tag um 12:35 Uhr, Ankunft New York JFK 15:40 Uhr Ortszeit.
Heiko hat nach Beratung durch Bernhard von Mühlhausen den größten Teil unseres Geldes in einen Investment-Fond unter dem Namen “Emerging African Economies” gesenkt, der sinnigerweise zum größeren Teil in kaffeeproduzierende Länder investiert. Laut aktuellstem Marktbericht soll die Kaffeeernte dieses Jahr sensationell gut ausfallen und es wird erwartet, dass die Börse in den nächsten Tagen entsprechend reagieren und Preise durch die Decke gehen werden. Der Fond wird sich in den nächsten zwei Wochen garantiert verdoppeln, wobei das eine todsichere Angelegenheit und absolut ohne Risiko ist. Sagt Bernhard.
‘Wow,’ sage ich, ‘hundert Prozent Gewinn in zwei Wochen ohne Risiko. Entweder ist der Typ ein Genie oder ein Betrüger.’
‘Manche sind auch geniale Betrüger,’ sagt Rosa.
‘Na hoffen wir, dass der erst einmal ein Genie ist und unser Geld verdoppelt und erst zum Betrüger wird, wenn wir das Geld aus dem Fond wieder abgezogen haben.’
‘Na,’ sagt Rosa, ‘darauf trinke ich einen. Hoffen wir nur, dass dieser Fond innerhalb der nächsten zwei Tage nicht abstürzt, oder dieser Bernhard einen Madoff mit unserem Geld macht.’
Sie sitzt am Küchentisch und ist dabei, Schildchen für die nobel verpackten Tüten voller Kaffeebohnen mit ihrem alten Geha-Füller von Hand zu beschriften. Das Resultat sieht erstaunlich authentisch aus, und dank der handgeschriebenen Labels auch sehr exklusiv. Rosa hat dazu gelernt.
‘Aber wie hast du denn den Geruch wegbekommen?’ frage ich sie.
Sie grinst mich an.
‘Ja, da habe ich eine Weile drüber nachgedacht. Zuerst bin ich in einen Delikatessenladen gegangen und habe ein paar Fläschchen flüssiges Kaffeearoma gekauft. Das habe ich über die Bohnen geschüttet und sie dann in den leicht angeheizten Backofen zum Trocknen gelegt.’
Rosa hört sich an wie eine Gourmetköchin in einem der unzähligen Kochprogramme, die heutzutage im deutschen Fernsehen so populär sind.
‘Und als die Bohnen trocken waren, haben die überhaupt nicht mehr nach Kohl oder so gerochen. Dann habe ich noch einige von den CoffeeAllstars-Bohnen gemahlen und zwischen den anderen Bohnen verstreut. Das roch dann sehr gut nach frisch gemahlenem Kaffee.’
Zum Beweis öffnet sie eine der Tüten – und wirklich, der Geruch, der uns da entgegen wabert, macht sofort Lust auf eine schöne Tasse Kaffee.
‘Und an wen willst du das verkaufen?’ fragt Heiko.
‘Ich habe in einigen der großen Hotels hier vor Ort angerufen und mich als Tochter von Plantagenbesitzern aus Kenia ausgegeben. Und dass ich mit einigen Kilos von unseren Bohnen jetzt auf Europa-Tournee bin, um neue Abnehmer zu finden.’
‘Und?’ frage ich skeptisch, ‘hat da irgendwer Interesse gezeigt?’
‘Ja, ich hab nachher im Dorchester einen Termin mit dem Küchenchef, der die Bohnen mal testen will.’
‘Mensch, da hast du ja ganze Arbeit geleistet,’ sage ich.
Die Tür geht auf und Piotrek und Staszek kommen von der Arbeit zurück. Britta setzt einen Kaffee auf.
‘Guck dich das an, Staszek,’ sagt Piotrek als er
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